Alles was Recht ist

Von Heimo van Elsbergen

Beim Einsatz von Jagdhunden sind jagdrechtliche, tierschutzrechtliche und zivilrechtliche Vorschriften zu beachten. Dies trifft insbesondere für stöbernde Jagdhunde bei Bewegungsjagden zu. Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte behandelt.

  1. Beschränkung der Brackenjagd

Nach § 19 Abs. 1 Nr. 16 des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) ist es verboten, die Brackenjagd auf einer Fläche von weniger als 1.000 Hektar auszuüben. Die Brackenjagd oder das Brackieren ist eine Jagdart. Die Hunde, in der Regel Bracken oder Dachsbracken, sollen das Wild „auftun“ und so lange fährtenlaut jagen, bis es zu seinen alten Einständen zurückkehrt. Hier kann es von den an den bekannten Pässen/Wechseln anstehenden Schützen erlegt werden (Abb. 1). Da die Hunde langsamer sind als das gejagte Wild (in der Regel Hase oder Fuchs) und diesem nur mit Hilfe ihrer Nase folgen – also ohne Sichtverbindung – , stellt das Brackieren keine Hetzjagd im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 13 BJagdG und kein Hetzen im Sinne des § 3 Nr. 8 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) dar.

Heimo van Elsbergen

Abb. 1: Brackieren – Kleine Strecke – Große Freude! Der rheinland-pfälzische Landesforstchef Dr. Karl Heuell  auf einer Brackenjagd in Günsen b. Olpe (1957)

Die gesetzliche Beschränkung der Brackenjagd soll den Schutz benachbarter Jagdbezirke vor überjagenden Hunden bewirken. Die Fläche von mindestens 1.000 Hektar, auf der die Brackenjagd ausgeübt werden darf, muss nicht in einem einzigen Jagdbezirk liegen. Vielmehr können sich die Inhaber benachbarter Reviere, die zusammen 1.000 Hektar groß sind, über die Ausübung der Brackenjagd einigen.

Dieses Brackieren wird nur noch selten ausgeübt. Eine gewisse Rolle spielt es noch im Alpenraum und in Teilen des Bayerischen Waldes. Bracken und Dachsbracken werden heute in erster Linie zum Stöbern und zur Schweißarbeit verwendet.

Unter „Brackenjagd“ im Sinne des Gesetzes ist nur das eigentliche Brackieren zu verstehen. Dies hat der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (oberste Jagdbehörde des Bundes) bereits mit Schreiben vom 28. März 1977 an die Kreisgruppe „Kurköln“ Olpe des Landesjagdverbandes Nordrhein-Westfalen klar gestellt. Er hat darin ausgeführt, dass unabhängig von der Größe des Jagdbezirks keine Bedenken gegen die Verwendung von Bracken bei der Stöberjagd bestehen. Lediglich bei der Durchführung einer echten Brackade als ganz spezieller Jagdart, wird eine Fläche von mindestens 1.000 Hektar vorausgesetzt.

Insoweit beschränkt das Bundesjagdgesetz nicht die jagdliche Verwendung einer bestimmten Rassengruppe (Bracken und Dachsbracken), sondern eine bestimmte Jagdart, das Brackieren. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Bracken und Dachsbracken, sondern auch für Jagdhunde anderer Rassen, sofern diese Brackiereigenschaften besitzen.

Mit dem Aufkommen der Bewegungsjagden Anfang der 1990er Jahre, bei denen vielfach Bracken oder Dachsbracken eingesetzt werden, ist der Begriff „Brackenjagd“ erneut diskutiert worden. Gegner solcher Bewegungsjagden versuchten den Einsatz von Bracken oder Dachsbracken auf Flächen unter 1000 Hektar als Verstoß gegen § 19 BJagdG darzustellen. Die Gegner waren aber nicht erfolgreich, weil es sich bei dem Hundeeinsatz auf Bewegungsjagden eben nicht um ein „Brackieren“, sondern um ein „Stöbern“ handelt.

  1. Gewöhnung im Schwarzwildgatter

Aus Gründen der Tierseuchenprophylaxe und -bekämpfung, insbesondere im Hinblick auf die Schweinepest (Europäische und Afrikanische Schweinepest), und zur Reduzierung von Wildschäden ist die intensive Schwarzwildbejagung eine Daueraufgabe. Hierzu bedarf es zuverlässig an Schwarzwild arbeitender Jagdhunde.

Dies ist nur möglich, wenn die Jagdhunde frühzeitig unter kontrollierten Bedingungen mit Schwarzwild in Berührung gebracht werden. Auf diese Weise wird insbesondere der Gefahr begegnet, dass ungeübte Hunde bei der Schwarzwildjagd zu Schaden kommen. Die Gewöhnung von Jagdhunden an Schwarzwild kann in Schwarzwildgattern erfolgen. Mit dieser Form der Einarbeitung hat man sehr gute Erfahrungen gemacht. Am 11. März d. J. wurde in Lippstadt (Kreis Soest) das erste Schwarzwildgatter in Nordrhein-Westfalen in Betrieb genommen.

Im Schwarzwildgatter lernen die Hunde

  • Schwarzwild in seinem Einstand zu finden,
  • es in Bewegung zu bringen und damit
  • den Schützen zuzutreiben.

Schwarzwild ist grundsätzlich als ein dem Jagdhund überlegener Gegner zu werten. Die Hunde erfahren die Wehrhaftigkeit der Sauen und können ihr Verhalten zur Schadensabwendung anpassen. Zur Schwarzwildjagd ungeeignete Hunde können frühzeitig erkannt werden.

Nach § 3 Nr. 7 TierSchG ist es verboten, ein Tier an einem anderen Tier auf Schärfe abzurichten oder zu prüfen. Eine Ausbildung oder Prüfung auf Schärfe findet im Schwarzwildgatter nicht statt, da der Jagdhund seinen Fang nicht als „Waffe“ einsetzen soll/darf. Der Hund soll das Schwarzwild verbellen, bedrängen und in Bewegung bringen (Abb. 2). Er soll es eben nicht durch Bisse oder Beißversuche attackieren, da dann die Gefahr besteht, dass er selbst von den Sauen erheblich und lebensgefährlich verletzt wird. Dieses Verhalten ist nicht nur tierschutzrelevant, sondern aus jagdtechnischer Sicht kontraproduktiv. Zeigen Hunde ein solches Verhalten, ist die Arbeit sofort zu beenden.

Heimo van Elsbergen

Abb. 2: Einarbeitung im Schwarzwildgatter: Bracke „Fritz“ bringt die Sau „auf Trab.“

Nach § 3 Nr. 8 TierSchG ist es verboten, ein Tier auf ein anderes zu hetzen, soweit dies nicht die Grundsätze weidgerechter Jagdausübung erfordern. Im weiteren Sinne ist Hetzen die an ein Tier gerichtete Aufforderung, aktiv auf ein anderes Tier zuzugehen und es zu verfolgen. Die ordnungsgemäße Ausbildung von Jagdhunden in Schwarzwildgattern nach vorstehenden Grundsätzen ist aber zulässig, da das Erfordernis der weidgerechten Jagdausübung gegeben ist.

Nach den Untersuchungen der Tiermedizinischen Hochschule Hannover entspricht die Stressbelastung von Sauen und Jagdhunden unter definierten Gatterbedingungen der Belastung bei Stöberjagden in freier Wildbahn. Die Arbeit im Gatter hat damit weder für die Jagdhunde noch für die Sauen Tierschutzrelevanz.

  1. Sicherung des Straßenverkehrs

Auf Grund der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ist zum Schadenersatz verpflichtet, wer eine Gefahrenquelle schafft und es unterlässt, geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Verhütung von Schäden zu treffen (§ 823 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB).

Eine Warnung der Verkehrsteilnehmer ist immer dann erforderlich, wenn nach jagdlicher Erfahrung damit zu rechnen ist, dass Wild oder Jagdhunde auf die Straße gelangen können. Wann das der Fall ist, hängt von der jeweiligen Situation ab, insbesondere von der Entfernung zwischen Straße und Jagdgeschehen, der Beschaffenheit des Geländes, der bejagten Wildarten, der Richtung des Treibens, der Zahl der Hunde und Treiber.

Ist eine Gefährdung gegeben, so hat der Jagdausübungsberechtigte bzw. der Jagdleiter in Abstimmung mit der Straßenverkehrsbehörde dafür zu sorgen, dass die Verkehrsteilnehmer durch Warnschilder, ggfs. auch Warnposten am Straßenrand, auf die erhöhte Gefahr durch überwechselndes Wild und Jagdhunde aufmerksam gemacht werden. Treiben müssen von der Straße weg erfolgen.

  1. Überjagende Hunde

Die Ausübung der Jagd mit stöbernden Jagdhunden – gleich welcher Rasse – ist grundsätzlich erlaubt. Sie findet allerdings dort ihre Grenze, wo fremdes Jagdausübungsrecht verletzt wird.

Bei einer Jagd mit stöbernden Hunden ist im Allgemeinen nicht auszuschließen, dass einzelne Hunde über die Reviergrenze jagen. Dies stellt zweifellos eine Beeinträchtigung der Rechte des Reviernachbarn dar. Diese Beeinträchtigung wird aber „von interessierter Seite“ oftmals dramatisiert. In aller Regel kommt das vom fährtenlauten Hund verfolgte Wild aus dem Revier, in dem die Jagd stattfindet. Das Wild in den Nachbarrevieren bleibt meist ruhig in seinen Einständen, um dem Hund keine frische Fährte zu liefern. Dass überjagende Hunde, das im Nachbarrevier stehende Wild aufstöbern und in das Ausgangsrevier (Jagdbetrieb!) treiben, ist eher die Ausnahme. Wollte man diese Beeinträchtigungen völlig ausschließen, so müsste man auf die Durchführung von Stöber- oder Brackenjagden ganz verzichten. Dies lag aber nicht in der Absicht des Gesetzgebers.

Gleichwohl muss der Hundeeinsatz so geplant werden, dass ein Überjagen nicht programmiert ist. Jagdhunde haben rassetypische und individuell unterschiedliche Aktionsradien. Diese sowie die Struktur des Geländes (Einstände!) sind bei der Verteilung der Hunde auf der Jagdfläche zu berücksichtigen. Vorbildlich  sind Planungen, bei denen die Jagdleitung die Aktionsradien der zum Einsatz vorgesehenen Stöberhunde abfragt. Bleibt das Überjagen die Ausnahme, so muss der Reviernachbar dies hinnehmen; wird das Überjagen zur Regel, so braucht er dieses nicht zu dulden und kann zivilrechtlich, gestützt auf § 1004 BGB, auf Unterlassung klagen.

Nordrhein-Westfalen hat hierzu eine konkrete Regelung getroffen. In § 30 Abs. 2 des Landesjagdgesetzes (LJG-NRW) heißt es:

Werden Jagdhunde im Rahmen von Bewegungsjagden eingesetzt und überjagen sie die Reviergrenze (überjagende Hunde), stellt dies keine Störung der Jagdausübung dar, wenn die betroffenen Jagdbezirksinhaberinnen oder Jagdbezirksinhaber vor der Bewegungsjagd unterrichtet worden sind, zumutbare Maßnahmen gegen ein Überjagen getroffen wurden und in dem betreffenden Revier, in dem die Bewegungsjagd stattfindet, nicht mehr als drei Bewegungsjagden im Jagdjahr durchgeführt werden.

  1. Jagdwilderei

Das Überjagen von Hunden stellt auch keine Jagdwilderei nach § 292 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetz­buches (StGB) dar. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Hunde vorsätzlich über die Reviergrenze geschickt werden, um dort stehendes Wild mit dem Ziel der Erlegung beizutreiben oder wenn dies billigend in Kauf genommen wird.

  1. Abschuss wildernder Hunde

Der Abschuss eines überjagenden Jagdhundes als „wildernder Hund“ ist in der Regel nicht zulässig, da die gesetzlichen Voraussetzungen (siehe Jagdgesetze der Länder) im Allgemeinen nicht gegeben sind. Die Tötungsbefugnis der zum Jagdschutz berechtigten Personen gilt nicht gegenüber Jagdhunden, soweit sie als solche kenntlich sind (§ 25 Abs. 4 Nr. 2 b LJG-NRW). Jagdhunde sind bereits an ihrer Rasse als solche zu erkennen. Gleichwohl ist es immer sinnvoll/notwendig den Hunden Signalhalsungen, besser noch Warn- oder Schutzwesten, anzulegen, zumal diese auch anzeigen, dass sich die Hunde im Dienst befinden.

  1. Verbot des Hetzens

Ob bei einer Stöber- oder Bewegungsjagd Treiber mit wenigen Hunden, eine größere Zahl von Hunden und Treibern oder Hunde ohne Treiber eingesetzt werden, hängt von den jeweiligen Revierverhältnissen (Größe der zu bejagenden Fläche, Topografie, Bestockungsverhältnisse, Einstände, vorkommende Wildarten etc.) und den örtlichen Erfahrungen ab.

Alle eingesetzten Hunde müssen sicher fährtenlaut jagen, damit sie für das Wild kalkulierbar bleiben.

Die Hunde dürfen das Wild nicht zu sehr bedrängen, damit es keine Probleme mit dem Tierschutz gibt (Verbot des Hetzens, Vermeiden von Krank- und Fehlabschlüssen). In Abhängigkeit von den zu bejagenden Wildarten (Rehwild, Rotwild, Schwarzwild) kann dies über die eingesetzten Rassen, die Anzahl der Hunde und die Art ihres Einsatzes gesteuert werden.

Wenn aber bei Bewegungsjagden durchschnittlich entwickelte, gesunde Frischlinge regelmäßig von Hunden gefangen und mit der kalten Waffe abgefangen werden müssen, dann ist diese Art zu jagen weder weidgerecht noch tierschutzgerecht. In diesem Fall handelt es sich eindeutig um ein verbotswidriges Het­zen nach § 3 Nr. 8 TierSchG, für das es keinen Rechtfertigungsgrund gibt. Neben ordnungswidrigem Handeln nach § 18 Nr. 4 TierSchG ist auch eine Straftat nicht auszuschließen; denn wer einem Wirbeltier länger anhaltende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt (Abb. 3), wird nach § 17 Nr. 2 b) TierSchG mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Das kann den Jagdschein kosten!

Heimo van Elsbergen

Abb. 3: Hetzjagd im Mittelalter: Die Bracke hat eine ganze „Rotte kapitaler Keiler“ gefunden, der Jagdknecht fängt die von Packern und Windhunden gedeckte Sau mit der Saufeder ab.

Das gleiche gilt, wenn Rehe regelmäßig gefangen oder in Kulturzäune gehetzt und gerissen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese „Ergebnisse“ von vielen kleineren oder mittelgroßen Hunden oder von einzelnen hochläufigen Hunden „erzielt“ werden. Die Jägerschaft wird in der Öffentlichkeit völlig unglaubwürdig, wenn sie aus Tierschutzgründen den Abschuss wildernder Hunde fordert und praktiziert, gleichzeitig aber billigend in Kauf nimmt, dass die eigenen Jagdhunde Wildtiere hetzen und reißen.

  1. Verpflichtung zur Nachsuche

Nach den Jagdgesetzen der Länder sind zur Nachsuche auf Wild brauchbare Jagdhunde einzusetzen. Ein Hund ist brauchbar, wenn er die von ihm geforderte Leistung (Verlorenbringen bzw. Schweißarbeit mit Hetzen, Stellen und ggfs. Niederziehen) erbringt. Die in den Brauchbarkeits- und Jagdeignungsprüfungen der Länder festgelegten Mindestanforderungen für die Schweißarbeit gehen in aller Regel von leichten Nachsuchen (Totsuchen) aus. Gerade bei Bewegungsjagden erfordert die Kontrolle der Anschüsse besondere Sorgfalt. In vielen Fällen kommt das Wild erst nach einer Hetze zur Strecke. Für derartige Nachsuchen sind daher auf Schweiß spezialisierte Gespanne in ausreichender Zahl bereitzuhalten. Solche Gespanne stehen in den Schweißhundstationen bereit.

Jegliches „Probieren“ auf der Wundfährte widerspricht der Weidgerechtigkeit und dem Tierschutz. Nicht durchgeführte Kontroll- und Nachsuchen sowie Nachsuchen mit unbrauchbaren Hunden verstoßen gegen die Vorschriften der Jagdgesetze und des Tierschutzgesetzes. Sie können als Ordnungswidrigkeit oder Straftat geahndet werden und den Entzug des Jagdscheins zur Folge haben.

Resümee

Großräumige Bewegungsjagden können nur gelingen, wenn sie sorgfältig geplant und organisiert werden. Dies gilt insbesondere für den Einsatz der Hunde. Die Jagdleitung trägt hier ein hohes Maß an Verantwortung. Die Eigenschaften und Fähigkeiten der zum Stöbern vorgesehenen Hunde müssen ihr vorab bekannt sein. Da die Jagdleitung nicht alle Hunde persönlich kennen kann, empfiehlt es sich, sich mit erfahrenen Hundeleuten (z. B. Stöberhundgruppen) zusammenzusetzen, welche ihnen bekannte, geeignete Hunde und Hundeführer benennen können. Der Ablauf des Hundeeinsatzes soll mit diesen Hundeleuten gemeinsam und so konkret wie möglich geplant werden. Dazu zählt auch die Organisation der Kontroll- und Nachsuchen. Nur so können Misserfolge vermieden, Verstöße gegen einschlägige Rechtsvorschriften verhindert und das Ansehen der Jägerschaft vor ungerechtfertigten Angriffen geschützt werden. Durch eine gleichzeitige Bejagung benachbarter Reviere lassen sich viele Probleme vermeiden.