Auf der Straße der Megalithgräber nach Wildeshausen

Von Ernst-Otto Pieper

Auf rund 330 Kilometer leitet die Straße der Megalithgräber zu 33 spannenden archäologischen Stationen durch Nordwestdeutschland. Mehr als 70 Großsteingräber, die aus der Jungsteinzeit (etwa 3500-2200 vor Chr.), einige aus der Bronze- (2200-800 vor Chr.) und Eisenzeit, stammen, sind auf diesem Weg zu finden und zu bestaunen.

Die Straße der Megalithkultur verläuft über das Gebiet von Osnabrück, Osterkappeln, Wallenhorst, Bramsche, Ankum, Berge, Bippen, Fürstenau, Freren, Thuine, Lingen (Ems), Meppen, Sögel, Werlte, Lastrup, Cloppenburg, Visbek, Großenkneten, Wildeshausen, Dötlingen, Ganderkesee und Oldenburg. Um alle Stationen aufzusuchen werden viele Tage benötigt – ich beschränke mich auf die interessantesten im Umfeld von Wildeshausen und stelle zwei vor.

Was ist eigentlich Megalithkultur?

Es war in Nordwestdeutschland die Zeit, als die Jäger und Sammler der Steinzeit zunehmend zur bäuerlichen Lebensweise übergingen – geradezu eine Revolution in der menschlichen Entwicklungsgeschichte. Die ersten Siedlungen bestanden aus festen Häusern, es wurde Ackerbau und Viehzucht betrieben und zunehmend Techniken und Bräuche von benachbarten Völkern übernommen. Auch der Umgang mit dem Tod änderte sich. Mächtige, beeindruckende Gräber wurden von den Steinzeit-Bauern für ihre Verstorbenen errichtet – die Großsteingräber (= Megalithgräber). Die Archäologen nennen diese Phase der Jungsteinzeit im norddeutschen Raum „Trichterbecherkultur“. Der Name leitet sich von der Form der Keramikgefäße ab.

So wenig über Siedlungsplätze, den Alltag und das Aussehen der damaligen Menschen bekannt ist, umso mehr weiß man von ihren Toten.

Kollektivgräber waren in Norddeutschland vorherrschend, d.h. dass in einem schon benutzten Grab nachträglich andere Verstorbene beigesetzt wurden.  Woher die Sitte kam, die Verstorbenen in Großsteingräbern zu bestatten, ist unbekannt. Der Transport der Findlinge, zum Teil sicherlich über weite Strecken, sowie der Bau der Großsteingräber war für die damalige Zeit eine technische Hochleistung. Im Mittelalter schrieb man diese Arbeit den Riesen (=Hünen) und dem Teufel zu. So entstanden Bezeichnungen wie „Hünengräber“, „Hünensteine“, „Teufelssteine“, „Teufelsbackofen“ und „Teufelsbacktrog“.

Typisch für den nordwestdeutschen Raum ist das „Ganggrab“ mit einem nach Süden ausgerichteten Zugang aus Steinen – vermutlich auf den Mittagsstand der Sonne bezogen.

Die Baumeister der Großsteingräber glaubten an ein Leben nach dem Tod, wofür zahlreiche Grabbeigaben, wie Tongefäße mit Nahrung, Waffen, Werkzeuge und Schmuck, sprechen, die bei Ausgrabungen gefunden wurden.

Im Laufe der Zeit wurden unzählige Megalithgräber zerstört. Der Bau von Kirchen, Befestigungsanlagen und der Straßenbau vernichteten etliche Zeugen der Vergangenheit. Von den 4000 bis 5000 ursprünglich in Niedersachsen vorhanden Großsteingräbern sind noch etwa 400 wenigstens teilweise erhalten.

Visbeker Braut; Foto: E.-O. Pieper

Nun wird es aber Zeit, uns einige der archäologischen Sehenswürdigkeiten im Umfeld von Wildeshausen anzusehen. Nachdem wir uns einige kostenlose Unterlagen über die prähistorische Meile Wildeshausens mit seinen 25 archäologischen Sehenswürdigkeiten beim Verkehrsverein Wildeshausen e.V. oder bei einer Info-Station beschafft haben, ist unser erstes Ziel die „Visbeker Braut“.

Wir starten in Wildeshausen und fahren auf der B 213 Richtung Ahlhorn. Nach knapp 6 km, kurz hinter der Autobahnbrücke biegen wir links ab und erreichen nach etwa 700 m einen nach rechts abbiegenden Waldweg und folgen der Beschilderung. Das Grab liegt auf der linken Seite im Wald.

Mit seiner 80 x 7 m großen, rechteckigen Umfassung ist die „Visbeker Braut“ das zweitgrößte Großsteingrab Niedersachsens. Übertroffen wird es nur vom „Visbeker Bräutigam“ (4 km entfernt). Auch wenn von den ehemals über 100 großen Findlingen nicht mehr alle vorhanden sind und auch die vorhandenen nicht mehr alle in ihrer Originalposition stehen, so ist der Anblick dieser Anlage dennoch überwältigend. Eine Informationstafel gibt Auskunft über dieses Großsteingrab und die Legende zur „Visbeker Braut“.

Unsere zweite Station ist das „Pestruper Gräberfeld“. Wir erreichen es, indem wir von der Visbeker Braut wieder nach Wildeshausen fahren und dann auf der K 248 Richtung Colnrade / Goldenstedt fahren und nach etwa 1,5 km den Wanderparkplatz (linke Seite) erreichen. Das Gräberfeld befindet sich auf der anderen Straßenseite.

Vor uns bietet sich ein Blick über 39 ha Heidefläche die geprägt ist von zahlreichen größeren und kleineren Grabhügeln und lädt insbesondere während der Heideblüte im Spätsommer zu ausgedehnten Spaziergängen ein.

Es ist die größte bronze- und eisenzeitliche Begräbnisstätte (Nekropole) des nördlichen Mitteleuropas. Nach jetzigem Kenntnisstand sind 606 Grabhügel vorhanden, von weiteren 70 zerstörten ist die Lage bekannt. Die frühere Zerstörung von Grabhügeln durch die Landwirtschaft hat den großräumigen Zusammenhang des Gräberfeldes in der Landschaft verwischt, doch dürfte hier eine noch weit ausgedehntere Bestattungszone existiert haben.

Pestruper Gräberfeld; Foto: E.-O. Pieper

Die etwa ein Meter hohen, meist kreisrunden Grabhügel haben einen Durchmesser von 6 bis 12 Meter und stammen aus der Zeit um 900 bis 200 v. Chr. (Bronze- und Eisenzeit). Wissenschaftliche Grabungen haben ergeben, dass in der Regel die Grabhügel je eine Urnengrabbestattung aufweisen, jedoch konnten in einigen Hügeln auch mehrere Bestattungen nachgewiesen werden. Tellerartig geformte Hügel von etwa 1,20 Metern Höhe und einem Durchmesser von etwa 30 Meter findet man im Nordteil des Gräberfeldes – sie werden Königshügel genannt. Bei Grabungen stieß man hier auf unerwartete Spuren einer Siedlung aus der jüngeren Steinzeit.

Mehrere Schautafeln bieten die Möglichkeit, sich über Einzelheiten der Anlage zu informieren.

An der Südseite wurde 2011 ein Schafkoben durch Brandstiftung zerstört. An gleicher Stelle konnte am 13.05.2012 ein neuer eingeweiht werden. In der warmen Jahreszeit sorgt eine Schafherde für die Heideflächenerhaltung und verhindert eine Verbuschung.

Die Heidefläche steht unter Natur- und Denkmalschutz. Auf Hinweisschildern wird der Besucher darauf hingewiesen, dass man sich streng an bestimmte Regeln zu halten hat – für unsere Mitglieder ohnehin eine Selbstverständlichkeit.

 

Information:

Verkehrsverein Wildeshausen, Historisches Rathaus, Am Markt 1a, 27793 Wildeshausen,

Internet: www.verkehrsverein-wildeshausen.de