Von Ernst-Otto Pieper
Die alten Begriffe fierd (germ.), vart (ahd.), vart und verte (mhd.) bezeichneten unter anderem den Weg, die Spur des Wildes als Fahrt, hergeleitet von der schnellen Bewegung der Tiere.
In den Redewendungen „der Hase fährt aus dem Lager“ oder „der Fuchs fährt aus dem Bau“ ist diese ursprüngliche Bedeutung erhalten geblieben. Im Nibelungenlied heißt es: „dazz er die verte erkenne der tiere durch den tau.“
Heute bezeichnet der Jäger die aneinandergereihten Tritte, (wenn die Abdrücke sehr klar sind, auch Trittsiegel) die Abdrücke der Läufe oder Branken, beim Schalenwild, Wolf, Luchs, Bär und des Auerwildes als Fährte. Als Großtrappen noch zahlreich und jagdbar waren, wurde in einigen Gegenden deren Geläuf auch als Fährte bezeichnet.
Wir sprechen von Hinfährte (vom Holz zum Feld), von der Rückfährte (vom Feld zum Holz), Nachfährte (Fährte des Hinterlaufs), Gegenfährte (zurückwechseln auf der Hinfährte) und von der Fluchtfährte. Angeschweißtes Wild zieht eine Wund-, Rot- oder kranke Fährte, während wir von einer gesunden Fährte sprechen, wenn vorbeigeschossen wurde.
Der Jäger, der das Wild nach der Fährte anzusprechen vermag, also die Fährtenzeichen richtig zu deuten weiß, ist fährtengerecht.
Früher galt nur der Jäger als hirschgerecht, der auch die hirschgerechten Zeichen beherrschte. Diese sind seit etwa 1500 überliefert. Aus den ursprünglich 20 hirschgerechten Zeichen entstanden im Laufe der Zeit 72. Aber schon Heinrich Wilhelm Döbel (1699 bis 1760) schreibt: „dass die Hauptzeichen, so hiernach bemerket, genug sein, dass ein Weidmann darauf einen Hirsch richtig ansprechen kann.“
Um den Hirsch mit dem Leithund bestätigen zu können, musste der Hundeführer an der Fährte und anhand anderer Merkmale mit Sicherheit die Hirschfährte von der Tierfährte unterscheiden und die vermeintliche Stärke des Hirsches erkennen können. Er musste auch in der Lage sein, eine einmal gesehene Fährte sofort wiederzuerkennen.
Die sichere Kenntnis der Fährten (und Spuren) ist für den Jäger zur Beurteilung von Art, Alter und Stärke, oft auch vom Geschlecht des Wildes auch heute noch unentbehrlich, kann aber nur durch Übung erworben werden.
Besonders bei großen Wildarten weicht die Stärke (Größe) der Fährten nach Verschiedenheit der Rassen in verschieden Gegenden weit von einander ab. So zeigt ein guter Hirsch aus dem ehemaligen Ostpreußen oder ein Ungarnhirsch eine doppelt so starke Fährte als ein Harzhirsch. Selbst Jahreszeiten, Bewegungsart und Boden können Unterschiede zeigen. In der Feistzeit spürt sich das Stück infolge größeren Gewichts stärker als im Winter, auf der Flucht, auf feuchtem Sand und Schnee stärker als beim Ziehen und auf hartem Boden. Selbstverständlich lässt sich auch die Bewegungsart des Tieres aus der Fährte oder Spur erkennen.
Warm oder frisch ist eine soeben gezogene Fährte, 3 Stunden danach ist sie kalt und erst nach 24 Stunden spricht man von einer alten Fährte. Wird eine Fährte am Morgen ausgemacht, die bereits vom vergangenen Abend oder aus der Nacht stammt, so wird sie vom Jäger nächtig genannt. Wurde eine Fährte am Tage zuvor gezogen, so ist sie eine übernächtige Fährte.
Es wird von einer reinen Fährte gesprochen, wenn sie im feuchten bindigen Boden sehr klar und deutlich steht. Vom Regen unkenntlich gewordene Fährten nennt man eingeronnen.
(eop)