Brauchtum – Jägersprache_Weide

Von Ernst-Otto Pieper

 

In der Gegenwartssprache gehören die Zusammensetzungen mit Weid(e) ausschließlich der Jägersprache an.

Die ältesten Bedeutungen von Weide beziehen sich auf die Nahrungsaufnahme des Wildes (äsen), das am Boden wachsende Wildfutter (Äsung) und den Ort, an dem Das Wild die Nahrung aufnimmt (Äsungsplatz). In den alten, noch heute lebendigen weidmännischen Wendungen „der Hirsch nimmt die Weide an“, „die Hühner fallen die Weide an“ und „der Dachs geht auf die Weide“ wird der ursprüngliche Sinngehalt bewahrt. Seit dem frühesten Auftreten bezeichnete Weide auch den Nahrungserwerb des Menschen als „auf den Fang gehen“. Als Ausdruck für „auf die Jagd gehen“ ist die Weide im Deutschen erst um 1200 in Gottfried von Straßburgs „Tristan“ bezeugt: „.. der sieche weidenære / vvolte auch an sine weide …“, dürfte aber bereits aus früherer Zeit stammen.

Der Ursprung des Wortes „Weide“ stammt aus dem Indogermanischen: idg. vat = weiden, german. waiӨ = Jagd, umherschweifen, ahd. Weida = Futter, Ort zum Weiden, mhd. Weide.

Abgeleitet von Weide, benannte das Verb weiden ursprünglich die Nahrungsaufnahme und jagen bevor es in mittelhochdeutscher Zeit auch viele andere umgangssprachliche Bedeutungen erhielt. Seit neuhochdeutscher Zeit sind z.B. Weide für Jagd und weiden für jagen in der Jägersprache nicht mehr zu finden.

Mit dem Begriff Weidmann verhielt es sich anders. Dieser Begriff ist seit 1070 belegt und ist durch die Jahrhunderte der Weidmannssprache als gehobener Ausdruck erhalten geblieben: ahd. weidinari, mhd. Weidenære, weideman, fnhd. Neben weid(e)mann auch das heute veraltete weidner. Weidmann wurde dann am Ende des 15. Jahrhunderts die Regel, nur im ostmitteldeutschen Sprachraum (sprachgeschichtlich geschlossenes Gebiet um Leipzig – Gera – Erfurt bis Breslau) hielt sich Weidemann länger. Weidelude und weidleute war vor Mitte des 15. Jahrhunderts üblich, Weidmänner heißt es erst nach 1760.

Durch Hadamar von Labers Minneallegorie „Die Jagd“ wurd Weidmann sehr verbreitet, allgemein verwendet und ist die älteste Bezeichnung für einen hirschgerechten Jäger.

In der neuhochdeutschen Umgangs- und Schriftsprache ist nur noch Jäger üblich, da Weidmann nirgends mundartlich heimisch ist. Von den ca. 40 Wortzusammensetzungen mit Weidmann als erstes Wortglied ist keines älter als 1466. Die Begriffe Weidmannssprache und Weidmannsheil sind seit 1746 belegt und werden häufig verwendet.

Weidwerk ist ein Ausdruck, der im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts aufkam und sich im 15. Jahrhundert rasch ausbreitete. Seit dem 16. Jahrhundert gehört das Wort dem gesamten deutschen Sprachgebiet an, obwohl es wie Weidmann in keiner Mundart vorkommt.

Weidwerk besitzt gegenüber dem Begriff Jagd eine umfassendere Bedeutung: alles Wild, seine Bewirtschaftung, die Bräuche und die Jägerei betreffende.

Die Schreibweise von Weid- schwankt über die Jahrhunderte. Nach 1785 galt in der Schriftsprache hauptsächlich ei. Ob nun ei oder ai – beide Schreibweisen sind dudengerecht.