Braunbär

Ursus arctos (LINNAEUS,1758)

Von Ernst-Otto Pieper

Braunbär; Foto: E.-O. Pieper

 

Ordnung:    Raubtiere (Carnivora)
Überfamilie:   Hundeartige (Canoidea)
Familie:     Bären (Ursidae)
Gattung:    Ursus

Kommt in mehreren Unterarten vor: darunter Europäischer Braunbär (Ursus arctos arctos), Grizzlybär (U. a. horribilis), Kodiakbär (U. a. middendorffi)


Bär in der Fabel: Meister Petz

Kennzeichen:

  • Eines der größten an Land lebenden Raubtiere.
  • Stärker gebautes Skelett als bei anderen Bären.
  • Kurzer Bürzel.
  • Sehr muskulöser Buckel über den Schultern.
  • Große Drehbarkeit der Halswirbel.
  • Vorder- und Hinterextremitäten nahezu gleich lang.

Decke (Haut):

  • Dunkelbraun (Farbschattierungen möglich).
  • Das dichte und raue Winterfell macht einen zotteligen Eindruck.

Größe / Gewicht:        

  • Kopf–Rumpf-Länge: In Mitteleuropa 150 bis 220 cm (max. 260 cm).
  • Schulterhöhe: 90 bis 135 cm.
  • Bär deutlich schwerer als Bärin (durchschnittlich 150 bis 250 kg). In den Alpen oft unter 100 kg.

Vorkommen:               

  • Ursprünglich weite Teile Nordamerikas, Eurasiens und Nordafrikas.
  • Ausgestorben in Großbritannien, Deutschland, Atlasgebirge Nordafrika, Mexiko, weite Teile Nordamerika.
  • Weltweite Population 185.000 bis 200.00 Tiere.
  • Erstmalig Mai/Juni 2006 seit 170 Jahren ein Bär in Deutschland („Bruno“). Am 26.06.2006 Nähe Spitzingsee erlegt.

Lebensraum:

  • Vielzahl von Habitaten. In Europa vorwiegend in bewaldeten Gebirgsregionen.

Lebensweise:

  • Außer in der Bärzeit einzelgängerisch.
  • Aktivitätszeiten abhängig von Jahreszeit, Umweltbedingungen, Nähe des Menschen.
  • Vorwiegend dämmerungs- und nachtaktiv.
  • Bei großem Nahrungsbedarf (Frühling und Herbst) auch tagaktiv.
  • Können bis 50 km/h erreichen.
  • Gute Schwimmer.
  • Jungbären klettern oft auf Bäume.

Winterruhe:

  • Begeben sich in Winterruhe, wenn Nahrung knapp wird. Während dieser Zeit nehmen sie keine Nahrung auf, urinieren und defäkieren nicht. Um einer Harnvergiftung zu entgehen, werden Aminosäuren statt in Harnstoff in wiederverwertbare Aminosäuren umgewandelt.
  • In Mitteleuropa Winterruhe von Oktober bis April. Wird von mehreren Wachphasen unterbrochen.
  • Pulsschlag und Körpertemperatur nur gering reduziert.
  • Dauer der Winterruhe von Umweltbedingungen abhängig. Gut genährte Tiere begeben sich früh in Winterruhe.
  • Im südlichen Verbreitungsgebiet keine bzw. verkürzte Winterruhe.
  • Im Herbst Anlegen eines Feistgewebes.
  • Gewichtsverlust während der Winterruhe: Bärin ca. 40% (Trag- und Säugezeit), Bär ca. 22%.
  • Winterruhe in einem oft selbstgegrabenen Lager. Dieser wird mit trockenen Pflanzen ausgepolstert und oft mehrere Jahre benutzt.

Aktionsraum:              

  • Kein ausgeprägtes Territorialverhalten.
  • Streifgebiete je nach Nahrungsangebot 5 km² bis weit über 100 km².
  • Streifgebiete können sich überlappen (an reichen Nahrungsquellen sind oft mehrere Bären).
  • Braunbären sind nicht standorttreu (saisonale Wanderungen zu Orten mit großen Nahrungsangeboten).

Fraß:

  • Allesfresser (in erster Linie pflanzliche Nahrung). Nach der Winterruhe hoher Anteil tierische Nahrung.
  • Kräuter, Gräser, Pilze, Pflanzenwurzeln, Beeren usw.
  • Gerne Honig, Obst, Getreide.
  • Tiere soweit sie ihrer habhaft werden, auch Aas. In Küstengebieten auch Fisch.

Lautäußerungen:

  • Geben nur wenig Laute von sich, außer wenn sie verwundet sind oder attackiert werden.
  • Jungtiere heulen, wenn sie hungrig oder von der Mutter getrennt sind, oder wenn sie frieren.
  • Keine Kontaktlaute zwischen Mutter und Kind

Alter:

  • Hohe Lebenserwartung.
  • In freier Wildbahn 20 bis 30 Jahre.
  • In Gefangenschaft Höchstalter bisher 47 Jahre.

Zähne:

  • Zahnformel: Oberkiefer: 3 / 1 / 4 (3) / 2   x 2
                       Unterkiefer: 3 / 1 / 4 (3) / 3   x 2          = 42 (38) Zähne im Dauergebiss.
  • P2 ist sehr klein und fällt oft vorzeitig aus.
  • Backenzähne in Anpassung an die Pflanzennahrung mit breiten, flachen Kronen.

Sinne:

  • Gesichtssinn unterentwickelt.
  • Vernimmt gut.
  • Witterungsvermögen sehr gut.
  • Um visuelle oder olfaktorische Hinweise zu geben, scheuern sie sich an Bäumen, wälzen sie sich am Boden, beißen oder kratzen Baumrinde ab oder urinieren oder defäkieren.

Fortpflanzung:

  • Geschlechtsreife: Bären mit ca. 4,5 Jahren, Bärinnen mit 4 bis 6 Jahren. Ersten Nachwuchs bekommen Bärinnen im Alter von 5 bis 10 Jahren.
  • Bärzeit: April bis Juni (Nebenbrunst im Juli).
  • Bis zu 5 Monate Eiruhe. Beginn der Tragzeit mit Beginn der Winterruhe; eigentliche Tragzeit 6 bis 8 Wochen; (Tragzeit inkl. Eiruhe = 180 bis 270 Tage).
  • Um zu verhindern, dass sich eine befruchtete Bärin erneut paart, bleiben die Bären ein bis drei Wochen bei dieser.
  • Setzt Ende Dezember bis Mitte Februar (meist Januar).
  • Satzgröße: 1 bis 4 (meist 2).
  • Es werden etwa 20% mehr Bären als Bärinnen gesetzt.
  • Setzgewicht ca. 300 g bis 700 g.
  • Seher der Jungtiere sind nach dem Setzen geschlossen. Kurze, graue Haare. Die Seher werden nach ca. 4 Wochen geöffnet.
  • Bärin hat 3 Paar Zitzen (1 Paar an der Brust, 2 Paare am Bauch).
  • Jungbären wiegen im Alter von 3 Monaten bereits ca. 15 kg, mit 6 Monaten ca. 25 kg.
  • Der Bär beteiligt sich nicht an der Aufzucht der Jungtiere.
  • Führende Bärinnen sind äußerst vorsichtig, aber auch sehr aggressiv.
  • Jungtiere nehmen im Alter von 5 Monaten erste feste Nahrung auf.
  • Jungtiere werden im Alter von 1,5 bis 2,5 Jahren abgesetzt.
  • Jungbären wandern oft über 100 km von ihrem Setzort ab.
  • Braunbären sind mit 10/11 Jahren ausgewachsen.

Fährte:

  • Sohlengänger.
  • Fortbewegung im Passgang (beide Läufe einer Körperseite gleichzeitig).

Krankheiten:

  • Viele Tiere sterben aufgrund Mangelernährung oder Krankheiten.
  • Ektoparasiten: Flöhe und Zecken; Endoparasiten: Fadenwürmer und Trichinen.
  • Kannibalismus bekannt.

Besonderheiten:

  • Kein Blinddarm.
  • Der Braunbär als „Urbewohner Germaniens“ wurde von frühzeitlichen Menschen nicht nur als Fleischlieferant gesehen, sondern auch als Zauberwesen verehrt. Die Fangzähne dienten als Schmuck.
  • Ungereizt, und wenn er nicht in die Enge getrieben wird, geht der Bär dem Menschen aus dem Weg.

Weidmannsprache:

  • Füße = Branken (Pranken), auch Tatzen; Seher; Gehöre; Bürzel; Decke oder Haut; Feist; Paarungszeit = Bärzeit; die Bärin bärt, setzt oder bringt Junge.
  • Der Bär geht von oder zu Holze, er erhebt sich, wenn er sich auf die Hinterpranken aufrichtet oder auch, wenn er sein Lager verlässt; er erniedrigt sich, wenn er sich auf alle Viere niederlässt. Er schlägt sich ein, wenn er sich in sein Winterlager zurückzieht.
  • Besonders starke Exemplare heißen Hauptbären, auch unterscheidet man Mittelbären und Jungbären. Die Haut der Bären wird abgeschärft. Der Bär hat eine Fährte und einen Wechsel.