Ein Alpenländer in Niedersachsen
Von Dr. Hermann Müffelmann
Die Alpenländische Dachsbracke
Rasseportrait und jagdlicher Einsatz in einem Hoch- und Niederwildrevier
Seit fast 50 Jahren bejagt unsere Familie ein Niederwild- und ein Hochwildrevier im Landkreis Verden bzw. Rotenburg. Jagdhunde haben uns immer begleitet. Mein Vater selbst führte in seinem Leben insgesamt 4 geprüfte brauchbare Vorstehhunde (Draht- und Kurzhaar). In den 70‘er Jahren erlegten wir jedes Jahr ohne Mühe zwischen 40-80 Rebhühner, ebenso zwischen 40-60 Hasen, hinzu kamen noch bis zu 20 Fasane. Angeschossenes oder verendetes Hochwild konnte gewöhnlich auch mit unseren Hunden zuverlässig gefunden werden. In anderen Fällen halfen uns unsere Nachbarn, wie der Wildmeister Rudolf Schwarz (Kirchwalsede) mit seinem Drahthaar, Bernd Malt (Forst Grafel) oder Günter Ludwigs (Kuhstedt) mit ihrem Hannoverschen Schweißhund aus.
In diesen Jahren prägte weitgehend der Deutsche Draht-, Kurz-, Langhaar und auch der große und kleine Münsterländer das jagdliche Bild bei den Vorstehhunden – ganz besonders auf den Niederwildjagden.
Doch mit der Veränderung der Kultur- und der Intensivierung der Landwirtschaft verschwanden viele Altgrasflächen und auch die Vielfältigkeit kleinerer landwirtschaftlicher Kulturen. Anstelle dessen rückten riesige monotone Maisflächen mit explodierenden Schwarzwildbeständen in den Vordergrund, damit einhergehend wurde auch das Niederwild massiv zurückgedrängt; die Bejagung veränderte sich. Große Treibjagden sind selten, da nicht mehr verhältnismäßig zur Strecke. Die Jagd auf das Rebhuhn wurde von uns vollständig eingestellt.
Nachdem mein Vater verstarb, gelang es mir mit alten und neuen Freunden beide Reviere weiter zu pachten. Doch schon bald stellte sich im Sinne des § 4 des N.Jagd.Ges die Frage nach einem brauchbaren Hund. „Neue“ brauchbare Hunderassen – gleichwohl immer noch „Minderheiten“ in Deutschland, wie z.B. den Weimaraner, Whistler, Bretone, Steirische Rauhhaar- und Alpenländische Dachsbracke, tauchten zunehmend unter meinen mitjagenden Freunden auf. Die Wahl fiel aufgrund der geänderten jagdlichen Anforderungen auf die Alpenländische Dachsbracke (ADBr.).
Insgesamt sind im Verein „Alp. Dachsbracke e.V.“ in Deutschland ca. 1.350 Hunde der ADBr. eingetragen. Die Mitgliederzahl der Hundeführer ist den letzten 20 Jahren bundesweit um ca. 42% gestiegen, in der nördlichsten Landesgruppe Nds./SWH/HH /HB sogar um ca. 50%. Ein Grund mehr, diese Hundeart etwas näher zu betrachten.
GESCHICHTE
Mit dem Rückgang der Eiszeit, das heißt vor ca. 10.000 Jahren, begann in Europa die Domestikation des Wolfes, die Rasseentwicklung soll sich ca. ab 3.000 a. Chr. n. zugetragen haben.
Aus dieser Rasseentwicklung sind die „Segusier“ hervorgegangen, so wurden die Bracken der Kelten (500 bis 400 a. Chr. n.) bezeichnet. In römischen Berichten über die Lebensweise der Kelten wird betont, dass die Kelten hervorragende und bestens ausgebildete Jagdhunde führten (1). Die nachstehende römisch-gallische Darstellung eines Laufhundes, der einen Eber verbellt, zeigt eine verblüffende Ähnlichkeit zu der ADBr (2).
Nach Lucius Flavius Arrianus (90-145 p.Chr.n.), ein römischer Politiker, zeichneten sich diese Keltenbracken durch eine besondere feine Nase, eine bedächtige Suche und durch langsames aber leidenschaftliches Jagen mit hellem weit hörbarem Laut aus (3). Auch diese Eigenschaften sind der heutigen ausgebildeten ADBr. vollständig zuzuschreiben.
Gleichwohl hat man zu der damaligen Zeit – bis Ende 19. Jahrhundert – vordergründig ausschließlich auf genau diese Eigenschaften gezüchtet. Aussehen und Form waren von untergeordneter Bedeutung; besonders in Höhe und Gestalt der Läufe herrschten bei diesen kräftigen und muskulös gebauten, aber keineswegs plumpen und schweren, eher kleinen Hunden Unterschiede (4). Auch waren die Farben sehr unterschiedlich, alle jedoch wiesen eine Bürstenrute auf. Die Heranzucht lag damals ganz in den Händen der einsamen Bergjäger, die ihre Hunde nur nach Leistung und nicht nach Form züchteten (4).
Aus den Bracken wurde zu Zeit Karls des Großen um 800 p.Chr.n bis 17./18. Jahrhundert Leithunde herausgezüchtet. Hatten sie zunächst die Aufgabe zur Zeit der Parforcejagden das Bestätigen und Finden bestimmter Hirsche, verlor diese Aufgabe an Bedeutung mit dem Aufkommen der Feuerwaffen, da diese Hunde mehr für „Arbeiten nach dem Schuss“ benötigt wurden (5). Hieraus entwickelte sich dann der uns heute bekannte Hannoversche Schweißhund (HSH), der „alte“ und heute nun „neue“ Leithund. Der Bayerische Gebirgsschweißhund (BGSH) wurde aus Wildbodenhunden und Bracken des Gebirges, sowie aus dem HSH herausgezüchtet und 1883 von dem Deutschen kynologischen Zentralverband als Rasse anerkannt. Er sollte den im Gebirge aufgrund seines Gewichtes und Größe weniger geeigneten Hannoverschen Schweißhund ersetzen. (4)(6)
Der Name „Dachsbracke“ wurde auf Betreiben des Hundekenners und Tiermalers Otto Grashey und von dem Tiermaler Ludwig Beckmann 1886 geprägt, um die Grundlagen zum kynologischen Erhalt dieser Rasse in der Jägerschaft zu legen.(4)
Damit ist offenkundig: alle Hundearten ADBr., HSH und BGSH haben ihren Ursprung in den Keltenbracken, wobei sich der HSH und BGSH (ausschließlich) auf die Arbeit nach dem Schuss spezialisiert haben, während die ADBr. in ihren ursprünglichen Eigenschaften und damit in der jagdlichen Vielseitigkeit verblieb.
Dennoch steht die ADBr. ihren Artgenossen HSH und BGSH der „Arbeit nach dem Schuss“ nichts nach:
Im „Deutschen Jäger“ (Ausgabe 1892/93) berichtet bereits Dr. Hans Maria von Kadich über die hervorragende Arbeit der Bracken auf Schweiß bei den österreichischen Hofjagden in den 70‘er Jahren, die von den Hofs-Berufsjägern (=Bergjägern) aus Mürzsteg und Ischl geführt wurden (4). So verwundert es nicht, dass die ADBr 1932 in Österreich und Deutschland als dritte Schweiß – Hundeart im ÖJGV und JGHV, 1975 der Rassename „Alpenländische Dachsbracke“ bei dem Kynologischen Weltverband FCI als Rasse anerkannt, und 1991 von dem gleichen Verband in die Sektion „Schweißhunde“, gleichstehend neben dem HSH und BGSH, eingeordnet wurde.
Die Hauptzuchtgebiete lagen zur Zeit der Gründung des Internationalen Dachsbrackenklubs 1896 im Erzgebirge und in den österreichischen Alpenländern. Neben den Leistungswerten wurde nun auch der Formwert als ein entsprechendes Stellungsmerkmal in der Zucht eingeführt. Mit diesen Zielen entwickelte sich 1910 der Club Dachsbracke Österreich, der die Interessen der Rasse und Züchter in allen Ländern vertrat.
Der heutige Verein Dachbracke e.V. in Deutschland wurde 1961 im niedersächsischen Hannoversch-Münden gegründet. 1965 trug sich die Gründung der Alpenländische Erzgebirgler Dachbracke auf dem Gebiet der ehemaligen DDR zu, bevor 1991 beide Vereine nach der Wende in dem Verein Dachsbracke e.V. fusionierten.
Gem. dem FCI Standard gehört die ADBr. In die Gruppe 6 Laufhunde, Schweißhunde und verwandte Rassen, Sektion 2 Schweißhunde mit Arbeitsprüfung (Brackier- und Schweißprüfung)
Die ADBr. wird nicht nur in den Ursprungsländern Schweiz, Österreich, Tschechei und Slowakei und Deutschland geführt, sondern auch in Skandinavien, Beneluxstaaten, Frankreich, Italien , Ungarn, Balkanländer und auch in Polen.
Die ADBr. ist eine der ältesten Hunderassen, und keinesfalls eine Kreuzung von Dachshund (Teckel) und der hochläufigen Bracke, wie oft fehlerhaft aufgrund des wenig glücklichen Rassenamens geschlossen wird. Ihre wesentlichen Eigenschaften, die Arbeit vor und nach dem Schuss, hat die ADBr. in ihrer Ursprungsform beibehalten. Das macht diesen Hund so einzigartig auch als Alleinstellungsmerkmal, weil die ADBr. der einzige fährten- und sichtlaut-jagende Schweißhund ist.
STANDARD, PRÜFUNGEN UND ZUCHTANFORDERUNGEN
Die ADBr. ist die kleinste Art der Schweißhundrassen. Sie ist ein niederläufiger, kräftig gebauter Hund mit robustem, starkknochigem Körperbau, dichtem Haarkleid und gut entwickelter, fester Bemuskelung. Die Risthöhe soll zwischen 34 und 42 cm liegen, im Idealmaß bei den Rüden 37-38 cm, bei Hündinnen 36-37 cm. Als Behaarung wird derbes Stockhaar mit dichter Unterwolle angestrebt.
Zwei Farbschläge sind der Rasse zugehörig:
Hirschrot (mit oder ohne schwarze Stichelung) und schwarz mit braunem Brand (Vieräugl).
In der Anlagenprüfung werden Junghunde bis max. 24 Monate zugelassen und in den Fächern der Lauten Jagd (= Art der Suche / Halten der Spur / Spurlaut) sowie in der Wesensfestigkeit geprüft. Bei der lauten Jagd soll der Hund vorzügliche Suche zeigen, selbständig einen Hasen oder Fuchs finden und die Spur über 15 Minuten lang (=Bestnote) halten und kräftig anhaltend weit hörbar Laut geben. Die Wesensfestigkeit (=Schußfestigkeit) erfolgt durch freie Führung des Hundes, während auf Anweisung des Richters ein Schrotschuss abgegeben und das Verhalten des Junghundes beobachtet wird. Die Beurteilung erfolgt als schussfest, schussempfindlich oder schussscheu.
Die Anlagenprüfung liefert frühzeitig Hinweise, welche Eigenschaften gezielt gefördert oder gedeckelt werden müssen. Auch geht die Bewertung in eine mögliche Zuchtplanung mit ein, sofern dieses angestrebt wird.
Mit der Gebrauchshundprüfung (mit mind. 16 Monaten) werden dem Hund die Anforderungen des praktischen Jagdbetriebs bescheinigt und bei Erfolg ein Eintrag in das Deutsche Jagdgebrauchshund-Stammbuch ermöglicht. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Schweißarbeit. Entweder hat der Hund eine mindestens 400 m lange natürliche Wundfährte mit mind. 4 Stunden Stehzeit anzunehmen, mit dem Ziel, das beschossene Wild „in Besitz zunehmen“. Alternativ ist auch eine mind. 1.000 m lange Kunstfährte (20 Std. alt) möglich. Ein weiteres Pflichtfach ist das Verhalten beim erlegten Wild. Der Hund wird am Wild abgelegt, soll Interesse zeigen und muss mind. 10 Minuten am Stück alleine verweilen. Danach wird das Verhalten gegenüber Fremden beurteilt, wenn dieser sich nach 10 Minuten dem Stück nähert. Totverbellen, Totverweiser sind Wahlfächer. Hatz und Bail können zu Pflichtfächern werden, wenn sich die Gelegenheit bei der natürlichen Schweißfährte ergibt. Des Weiteren wird die Revierführigkeit überprüft. Dazu gehört die Führigkeit mit und ohne Leine bei gleichzeitiger Schussabgabe, Gehorsam und Ablegen von mind. 20 Minuten, abseits und aus der Sichtweite vom Führer und der Richter, wobei nach 15 Minuten ein Schrotschuss abgegeben wird. Der Hund darf dann seinen Platz nicht verlassen.
Weitere sog. freie Fächer sind das Verloren suchen und das Apportieren aus dem Wasser.
Für die Zuchtzulassung muss der Hund Wildschärfe nachweisen. Dieses ist möglich bei einer Nachsuche durch Hatz und Bail an wehrhaftem Wild, Wildschärfe im Schwarzwildgatter oder durch Abwürgen von Raubwild im Rahmen des Jagdschutzes während der Jagdausübung.
GRUNDAUSBILDUNG, CHARAKTER, SOZIALES VERHALTEN
Im August 2012 übernahmen wir aus dem Zwinger von dem Landesobmann Brandenburgs Reinhard Öesemann (Golzow) mit 8 Wochen den weiblichen Welpen „Ayla aus dem Planetal“ (Rufname „Yara“). Sie war von allen 6 Welpen die kleinste, aber zwischen ihren deutlich kräftigeren Geschwistern die agilste, was auch später in ihren jagdlichen Eigenschaften hervortrat und zum Vorteil gereichte.
Die Unterbringung erfolgte auf dem geschlossenen Grundstück, nicht in einem Zwinger und der Schlafplatz war auch nicht die Hundehütte. Letzteres wurde sehr schnell von dem Welpen konsequent verweigert. Yara missfiel die in der Hütte eingeschränkte Wahrnehmung: ADBr. wollen immer „sehen“ und „hören“ können. Fortan legte sie sich – gleich welches Wetter – stets in ihrem Hundekorb unter einem ausreichenden Dachüberstand.
Die Wachsamkeit ist außergewöhnlich und bemerkenswert. Jede kleinste Veränderung in der gewohnten Umgebung, die nicht dem „Standard“ entspricht, wird „gemeldet“. Als der Zeitungsausträger wegen Urlaubsvertretung wechselte, mussten wir sie vorübergehend ins Haus holen. Das Grundstück wird von Yara verteidigt, wie auch der abgelegte Rucksack. Zunehmend neuerdings auch das erlegte Wild, besonders dann, wenn es von ihr gefunden wurde. Den einsamen Bergjägern in den Alpenregionen im 18 Jahrhundert mag dieses Verhalten nur recht gewesen sein!
Meine Frau und ich teilten uns die Ausbildung, sie übernahm die Hundeschule (Welpen- und Junghunde) mit den notwendigen sozialen Kontakten und den Grundübungen. Mir fielen die Arbeiten und Übungen der Prüfungsfächer zu. Wer, wann und wie der Junghund mit welchen Mitteln und Weisungen geführt wird, dazu gab es klare Absprachen. Meine Frau studierte auch die Prüfungsanforderungen und setzte bei der Hundeschule durch, dass unser Junghund, wenn er abgelegt ist, nicht auf „Pfiff“ herangerufen, sondern, wie bei Prüfung Revierführigkeit „Ablegen am Hochsitz“, besser abgeholt wird. Damit ist Yara ein auch im Revier ausgesprochener „Bleibehund“ geworden, den man überall, auch für längere Zeit, zuverlässig ablegen und wieder abholen kann.
Die ADBr. mag weder Unruhe noch Hektik. Um den Überblick zu behalten, sitzen alle ADBr. viel zu gerne auf einer erhöhten sicheren Stelle und beobachten (=„Spannen“) stundenlang das Tagesgeschehen. An Treffpunkten von Gesellschaftsjagden vor und nach der Jagd wird Yara stets abseits der Gruppe, aber in Sichtweite, abgelegt. Auf dem Ansitz liegt Yara am Fuße der Leiter. Als Junghund gab es manchmal ein kurzes „wuff“, wenn es mal knackte, heute schweigt sie angespannt, wenn Wild anwechselt.
Mit diesem Wissen der Sensibilität hatte ich mir auch vorgenommen die Hündin nicht zu früh auf Niederwildjagden mit mehreren Schützen und Hunden zu führen, um sie nicht für die Hauptaufgabe auf Hochwild, die Arbeit nach dem Schuss, zu überfordern. Es ist gerechtfertigt, die ADBr. als Familienhund zu bezeichnen. Sie hat Bindung zu allen unseren Kindern und zu unseren Freunden. Yara ist, wie die meisten aller ADBr. bei richtiger Führung, ein Hund von dem Grunde nach freundlicher Gesinnung. Der tägliche Auslauf für eine ADBr. ist bei dem natürlichen Bewegungsdrang sehr wichtig, am besten im Revier. Wer dem nicht gerecht wird, dem widerfährt dann genau das Gegenteil von den Vorzügen, die hier vorgetragen werden. Das kleinste Übel wäre ein umgegrabener Garten mit großen Erdlöchern und ebenso großen Erdhügeln, wie man es sonst nur von dem Dachs kennt!
DER JAGDLICHE EINSATZ
In der jagdlichen Leistung der ADBr., ob nun „Hirschrot“, oder „Vieräugl“, gibt es keinen Unterschied. Gleichwohl findet man den Typus „schwerer Schlag“, häufig dann als reinen Schweißhund anzutreffen, oder die agile/leichtere Dachsbacke, welche in allen Arbeitsfeldern zu finden ist. Letzteres sollte auch das Aufgabenfeld von Yara werden.
Oft wird die Frage gestellt, ob es sich verträgt, dass der Hund einerseits zum Stöbern und auch zur Nachsuche in der Schweißarbeit angehalten wird. Einige Hundeführer sind überzeugt, dass man den „Schweißhund“ mit dem „Stöbern“ verderben kann, da unterstellt wird, dass der Hund irgendwann die kalte Fährte verlässt, weil eine andere warme Fährte „spannender“ ist. Bei Yara kann ich dieses bis heute eindeutig verneinen. Sie weiß genau, was es bedeutet, wenn der rote Riemen herausgeholt wird, was es bedeutet, wenn wir beide in Signalfarben vor dem Wald stehen, und sie sehnsüchtig von mir den „Such“ Befehl erwartet; beide Arbeiten – sowohl vor und nach dem Schuss, arbeitet sie konsequent durch bis zum Ende. Richtig ist aber sicherlich, dass die Qualität der sicheren Schweißarbeit, die auch zum Erfolg und daher zum Stück führt, im Wesentlichen von der Häufig- und Schwierigkeit durchgeführter Nachsuchen abhängt, wobei ich weniger das Können des Hundes in Frage stelle, sondern eher das des Hundeführers.
Im letzten Jahr hat mich mein Nachbar zu einer Nachsuche auf einen Damhirsch gebeten. Die Fährte war gut 12 Stunden alt. Die Hündin führte uns zuverlässig zum ersten Wundbett und dann schließlich über das freie Feld. Ich konnte auf langer Strecke weder Schweiß noch ein sicheres Trittsiegel des Hirsches feststellen. Ich wurde unsicher und brach nach ca. 500 m ab und habe die weitere Suche einem professionellen Hundeführer mit seinem BGSH überlassen. Dieser nahm letztendlich die gleiche Fährte auf, wie auch meine Hündin, und führte dann das Gespann nach weiteren 500 m zu dem verendeten Hirsch. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen; die Spezialisten, Führer und Hund, waren im Team einfach besser.
Mit der ADBr. auf der Schweißfährte haben wir keinen Hund, der den Führer „durch das Gebüsch“ schleift oder am Riemen „hinterherhängt“. Yara mit ihrer Feinnasigkeit und ausgesprochenem Fährtenwille, „buchstabiert“ beharrlich die Wundfährte in einem Arbeitstempo so aus, dass man den Riemen über den „Boden laufen lassen“ kann, ohne ihn zu verlieren. Bricht das kranke Stück Wild weg, wird der Hund geschnallt. Der angewölfte sichere Spur- und Sichtlaut gibt uns die Richtung an. Kann Yara das Stück nicht niederziehen, was bei Hirsch und Sau aufgrund ihrer Größe die Regel ist, wird sie versuchen das Wild unter Standlaut zu stellen, wie es sich kürzlich auf einer Nachsuche eines Überläufers im Hochwald zugetragen hat. Unter stetigem Umkreisen und Scheinattacken versuchte sie die Sau am Platz zu binden. Mit meinem Herannahen wurde sie immer mutiger, die Attacken heftiger, aber stets in einem Abstand, dass eine Eigengefährdung ausgeschlossen war. Das frühe Heranführen des Junghundes an Schwarzwild im Saugatter in Bad Segeberg und Hohenbucko hat sich bezahlt gemacht: Beharrlichkeit auf der Fährte, Wildschärfe und Schneid am Stück, jedoch „keine blinde Beißwut“ zeichnen die ADBr. aus und führen dazu, dass sie i. d. R. nie von Sauen geschlagen werden.
Bei den Bewegungsjagden hat sich Yara ebenfalls bewährt. Die ADBr. gehört nicht zu den Hunden der „Fernaufklärer“. Ganz im Gegenteil, der Bindungswille zum Hundeführer ist recht groß. Alle 20-30 Minuten kommt sie zurück und erwartet einen neuen Marschbefehl, in welcher Richtung es nun weitergehen soll.
Unbekanntes Gebiet wird sorgfältig mit ausgeprägter Jagdpassion, Finderwillen, nötiger Fährtensicherheit in zunächst kleinen, dann immer größer werdenden Kreisen „durchkämmt“, um das Wild aus den Einständen zu bewegen. Angefallene Fährten werden mit anhaltendem Laut und nicht ablassend verfolgt. Bedingt durch das nicht zu hohe Arbeitstempo unter dem hell und zeitig zu vernehmenden Fährtenlaut des solo jagenden Hundes wird das Wild dem angestellten Jägern nicht in panikartiger Flucht, sondern vielmehr schussgerecht, oft verhoffend zum Hund, vorgebracht. Auf einer Bewegungsjagd hatte Yara ein größeres Rudel Damwild aus dem Einstand hochgemacht. Hieraus trennten sich zunächst ein Alttier mit einem Kalb, und schließlich das Kalb allein, welches sie mir als durchgehenden Schützen zutrieb und auf kürzester Distanz sicher erlegt werden konnte. Der Leser mag darüber selbst urteilen, ob dieses Waidmannsheil Diana, dem Hund oder auch beiden zu verdanken war.
Eines steht fest: sog. Ansitzdrückjagden mit „Anrühren“, daher mit wenig durchgehenden Treibern (ohne Hunde), die nur Beunruhigen sollen, führten stets zum Ergebnis, dass die erfahrenen Alttiere das Rudel um die „Unruhestifter“ herumführten und den Einstand nicht wirklich verlassen mussten. Das Ergebnis war entsprechend. Mit dem Einsatz von Yara hat sich das grundlegend geändert.
Nach allen erfolgreichen Prüfungen wurde Yara im 3. Feld erstmalig auf eine kleine Niederwildjagd mit insgesamt 5 Schützen und 2 weiteren Vorstehhunden (Drahthaar) geführt. Vorher hatte ich sie auch schon mal alleine auf Hase, Kaninchen und Fasan stöbern lassen. Die Wasserfreude wurde schon im Welpenalter in den Flachgewässern des Bullensees gefördert und ist bei ihr zu einer Passion geworden. Dazu gehörten dann auch später Apportierübungen im Fließgewässer. Die Ergebnisse waren ermutigend, um es später auch auf Niederwild zu versuchen.
Auf der Streife, wo nicht an der Front abgestellt wird, führe ich sie stets an der Leine, weil sie zu großräumig das Feld absucht. Das ist zwar das Gegenteil von der sog. Böhmischen Streife mit Bracken, doch diese setzt eine Großräumigkeit der Feldreviere voraus, die nur selten gegeben ist. An jenem Tag ist ein Hase in weiter Ferne „nervös“ geworden und drückte sich an einem Weserbogen weg. Wir umschlossen die Spitze schnell mit 2 Schützen. Dann wurde Yara geschnallt und es währte nicht lange, da gab der Hund unentwegt weit hörbar spurlaut und verschwand hinter dem Sommerdeich. Wir warteten auf den Schuss, doch stattdessen hörten wir viel weiter Flussabwärts nicht nachlassenden Spurlaut; der Hase war schneller gewesen, als wir in unserer Abstelltechnik. Nach 30 Minuten fand sich Yara wieder bei mir ein.
Wie im Hochwald oder Dickicht, durchstöbert sie auch abgestellte Gehölze oder auch Weiher, genau wie die mitjagende Drahthaarfraktion. Als Bracke arrondiert sie jedoch das Gehölz manchmal „flotter“, jedoch nicht weniger gründlich, als die i. d. R. unter der Flinte suchenden Vorstehhunde. Zum Teil ist dieses ihrer geringen Körpergröße beim Durchdringen von Hindernissen geschuldet, wie z.B. bei Brombeerbüschen. Die ADBr. bietet wesentlich weniger Widerstand als die beiden Vorstehhunde und passiert die bodennahen Stiele und Ranken der Büsche besser, als den sperrigen Bewuchs in luftiger Höhe, dem die Vorstehhunde ausgesetzt sind. Hat sie erst einmal ein warmes Geläuf vom Fasan aufgenommen, setzt sofort der helle Spurlaut ein. Verbarg sich der Fasan im undurchdringlichen Gehölz, gab sie Standlaut. Dieses habe ich gegenüber den Drahthaarhundeführern als Vorteil empfunden, weil, wenn über längere Zeit der Sichtkontakt vom Hundeführer zum „stumm“ jagenden Drahthaar abriss, stets die Frage gestellt wurde, ob jemand den Hund gesehen hat oder ob denn der Hund „irgendwo vorsteht“.
Vorsicht ist jedoch geboten, wenn Hasen das Gehölz verlassen und häufig befahrene Straßen in der Nähe sind. Als „gelernte“ ADBr., mit abgelegter Prüfung auf lautgebender Hasenspur, hält sie die Spur sehr zuverlässig, was auch ihre Aufgabe ist.
Die ADBr., deren Verbreitungsgebiet ehemals die Bergregionen gewesen sind, wird in ihrer Art als „Dreinutzungsrasse“ (7) fast allen Anforderungen in Niedersachsen mit ihrer Ausbildung gerecht und dürfte damit der vielseitigste Schweißhund sein. Ausgedehnte Maisfelder und damit ansteigende Schwarzwildbestände sind und bleiben natürlich die Primäranforderungen für die Arbeiten vor und nach dem Schuss – so, wie es auch die Anlagen- und Gebrauchshund-Prüfung vorsieht. Zurückgehende Hasen- und Fasanenbestände, das Ausbleiben großer Treibjagden mit großer Strecke, vielmehr gezieltes alleiniges Suchen nach dem „Küchenhasen“ mit nur wenigen Flinten lassen die sensible ADBr in ihrer Bedeutung für die Jagd in einem Niederwildrevier heute in einem neuen Licht erscheinen. So hat es auch schon Rittmeister August Baumann 1934 für den Bergjäger empfunden (4) , das die ADBr. als Gebrauchshund neben der Schweißarbeit, sowohl durch das Aufspüren des Schneehasen, wie auch das sichere Apportieren einer Ente von dem Bergsee, schon einen erheblichen Mehrwert darstellt.
_______________________________
Literatur
- wildhueter-st-hubertus.de
- Die Alpenländische Dachsbracke / Hrsg. Klub Dachsbacke (Österreich) & Verein Dachsbracke e.V. (Deutschland) / 2. Auflage im Selbstverlag (1998)
- dachsbracke.de
- Die Alpenländisch-Erzgebirgler Dachsbracke / August Baumann / Lenkam Verlag Graz (1934)
- Die Alpenländische Dachsbracke / Mitteilungsblatt des Vereins Dachsbracke der LG Nds. / Dez. 2000
- kbgs.de
- Rasseportrait: Die Alpenländische Dachsbracke zwischen Geschichte und Zukunft / Michael Tandler / (pdf-Datei- Internet)
- Robuster Alpenländer / Roger Hörr / Pirsch 9(2010), S. 52-55
- klub-dachsbracke.com.