Das Naturschutzgebiet Kleve bei St. Michaelisdonn

Von Ernst-Otto Pieper

Das südöstlich von St. Michaelisdonn in der Gemarkung Hopen, Kreis Dithmarschen, liegende Naturschutzgebiet „Kleve“ besteht als solches seit dem 8. November 1962. Bereits 1914 wurden Teile des „Hoper oder Donner Kleve“ von einem Naturschutzverein gekauft, die dann 1938 der Schutzverordnung nach dem Reichsnaturschutzgesetz unterstellt wurden. Mit 11,9 ha ist es sicherlich eines der kleinsten Naturschutzgebiete in Schleswig-Holstein aber aufgrund seiner Tier- und Pflanzenvorkommen ist es geradezu eine Schatzkammer.
Infolge der starken Gletscherschmelze zum Ende der letzten Eiszeit (Weichsel) stieg der Meeresspiegel stark an und der westliche Geestrand Schleswig-Holsteins bildete die Küstenlinie. An einigen Stellen wie dem Barlter Kleve (Kleve = Kliff, Steilküste) bei Gudendorf mit einem Abfall von 20 m, am Kleve von Sankt Michaelisdonn (30 Meter Abfall) sowie zwischen Kuden und Burg sind noch die ursprünglichen Kliffs erkennbar, die sich durch die Brandung bildeten. 
Dieses Areal dokumentiert die erdgeschichtliche Entwicklung nach der Eiszeit in Dithmarschen besonders eindrucksvoll.

Kratteichen im Naturschutzgebiet Kleve; St. Michaelisdonn; Foto: E.-O. Pieper

Am Ende der letzten Eiszeit (Weichsel) vor etwa 11.000 Jahren lag der Meeresspiegel über 60 Meter tiefer als heute. Das Schmelzen der Gletscher verursachte eine Überflutung, von der auch besonders der südliche Nordseeraum betroffen war und vor etwa 5.000 Jahren erreichte die Küstenlinie den Rand der Geest. Wind und Wellen trafen dabei ungehindert auf die hoch hinaufragende Alt-Moräne, die sich in der vorletzten Eiszeit (Saale) gebildet hatte. Im Laufe der Jahre kam es somit zu Unterspülungen und Uferabbrüchen und so formte sich allmählich eine Steilküste. Vorgelagert ist ein System von vermoorten Rinnen und ehemaligen Nehrungen mit zum Teil aufgelagerten Dünen (in Dithmarschen werden sie Donn genannt), auf denen schon früh Siedlungen entstanden. In der Folgezeit entwickelte sich durch natürliche Anlandung im Wattenbereich die Marschlandschaft. Die Küstenlinie lag nun nicht mehr am Kliff, woraufhin die Alt-Moräne abflachte und bewaldete.
Heute noch ragt die eindrucksvolle ehemalige Steilküste bis zu 30 Meter aus der inzwischen weiten Marschebene empor. 

Die Sagenwelt am Kliff 

Trinkwasser war in der Vergangenheit für die Marschbewohner ein besonders wertvolles Gut. Diese Tatsache hat auch kulturell ihre Spuren hinterlassen. So haben die am Hang sprudelnden Quellen in der Geschichte ihren Eingang in die Sagenwelt gefunden. „Goldsoot“ (Goldbrunnen), wurden die natürlichen Wasserressourcen von den Einheimischen genannt. Ein Beweis, wie kostbar Trinkwasser einmal war.

Beeindruckende Tier und Pflanzenwelt

Schlingnatter Foto: E.-O. Pieper

Heute ist der überwiegende Teil des Naturschutzgebietes Kleve mit Eichen-Mischwald bewachsen. Diese Waldform ist charakteristisch für die mageren Geestböden. Zahlreiche „Kratteichen“ finden sich in dem Areal als Reste einer kulturhistorisch bedeutsamen Wirtschaftsform. Dabei wurden Eichen regelmäßig zur Brennholzgewinnung abgeholzt und es entstand der sogenannte Niederwald (Kratt).
Vor 100 Jahren war das Gebiet Kleve in weiten Teilen baumfrei. Im Laufe der Jahrhunderte führte der sandige und magere Boden durch die Übernutzung von intensiver Schafsbeweidung zur Ausbreitung der Heide. Doch die lichtbedürftigen Pflanzen sind heute nur noch auf weitgehend baumfreien Trockenhängen des Spiekerberges zu finden. Leider hat sich in der Strauchschicht des Hangwaldes auch die spätblühende Traubenkirsche unkontrolliert ausgebreitet. Um nicht heimische Baum- und Straucharten zu verdrängen, ist eine Bekämpfung dieser Gehölzart durch Einschlag oder Ringeln vorgesehen.
Für viele Tierarten, die das Licht, die Wärme und die Trockenheit bevorzugen, sind die Trockenhänge ein bedeutender Lebensraum geworden. Bis zu 300 Insektenarten leben allein auf der Besenheide. Hummeln und Wildbienen fungieren als wichtige Pflanzenbestäuber. Aber der Naturinteressierte findet hier noch viele andere Insekten, wie Grab- und Wegwespen, Schwebfliegen, Heuschrecken und zahlreiche, auch seltene Käferarten.
Neben Reh, Feldhase und Wildkaninchen sind alle heimischen Marderarten zu finden. Für Arachnologen ist dieses Naturschutzgebiet geradezu eine Fundgrube; am 14.09.2007 wurde hier erstmalig die Wespenspinne nachgewiesen. Das NSG Kleve ist darüber hinaus das einzige bekannte Areal in Schleswig-Holstein, wo alle heimischen Reptilienarten vorkommen. Neben Blindschleiche, Zaun- und Waldeidechse kommen auch Ringelnatter, Kreuzotter und die in Schleswig-Holstein sehr seltene Schlingnatter vor. In den Jahren 2007 und 2008 findet in Schleswig-Holstein ein Schlingnattermonitoring statt, hierzu liefern die im NSG Kleve gemachten Beobachtungen einen wesentlichen Beitrag.

Natur wird erhalten

Das Naturschutzgebiet Kleve ist mit seinen Heide- und Niederwaldlebensräumen Teil des „Natura 2000″ und ist damit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung.