Die Auszucht bei der Steirischen Rauhaarbracke

VON DR. JOHANNES PLENK, ZUCHTWART FÜR STEIRISCHE RAUHAARBRACKEN, ÖBV

Nachdem endlich mit Erfolg die Auszucht der Steirischen Rauhaarbracke mit der Rasse Bosanski ostrodlaki Gonic-Barak 2011 begonnen wurde, die ersten 3 F1 Wurf schon spurlaut jagen und auch schon die ersten F2 Würfe gedeckt wurden, möchte ich einen kurzen Abriss geben, wie es dazu kam:

Es ist allgemein bekannt, dass die Zuchtbasis einer über lange Zeit recht seltenen Jagdhunderasse nicht allzu breit sein kann, obwohl wiederholt in der Geschichte Auszuchten stattgefunden haben, in den 1950‘er Jahren mit einer roten Tiroler Bracke ( der selbe Rüde, der auch beim Bayrischen Gebirgsschweisshund eingekreuzt wurde!) und in den 1980‘er Jahren mit zwei Rauhaarigen Istrianer Bracke. Je mehr ich mich dann mit der Zucht beschäftigte, umso klarer wurde mir, dass auch bei scharfer Leistungszucht, bei einer so kleinen Population, wie sie unsere Brackenrassen darstellen, auf Dauer ohne erhebliche Zuführung von fremdem Zuchtmaterial massive Einbußen an Gesundheit ,Vitalität und damit auch der Leistung zu erwarten sind. Gleichzeitig muss aber bei geringer Welpenzahl die Selektion auf jagdliche Leistung immer schwieriger werden: wo nicht viel da ist, kann man nicht wählerisch sein!

( Wer sich für einen gut lesbares Buch über Populationsgenetik mit vielen Verweisen auf die Rassehunde und die Folgen der Stammbuch(in)zucht interessiert, der sollte Hundezucht 200 vom Populationsgenetiker Hellmuth Wachtel lesen).

Bei genauer Durchsicht der alten Bücher, nicht zuletzt auch der Schriften von K&K Hauptmann Freiherr von Laska, der ja bei der Geburt der Steirischen rauhaarigen Hochgebirgsbracke, wie sie damals hieß, dabei war, kam als Rasse für die Auffrischungszucht vor allem die Bosnische Rauhaarbracke in Frage, die ja eine der Wurzeln der Peintingerbracke darstellt! Ich ging daran meine Ideen dem Vorstand des ÖBV zu unterbreiten und fand beim Präsidenten, Hans-Jörg Baumann, ein offenes Ohr. Er unterstützte mich und setzte durch, dass ich zum Berater in Zuchtangelegenheiten bei der Steirischen Rauhaarbracke ernannt wurde, ich sollte das Projekt Auffrischungszucht bearbeiten. Wie schwierig es ist Kontakt zu einem vertrauenswürdigen und kompetenten Brackenzüchter in Bosnien herzustellen war mir aber noch nicht klar. Erfolg stellte sich erst ein als ich aus meinem Wurf 2007 einen schwarzroten Rüden einem Bosnischen Brackierjäger, Enver Boskovic aus Sanski Most, schenkte, unter der Bedingung mir bei der Suche nach mehreren guten und nach Möglichkeit hirschroten Barak zu helfen.

Der Barak, wie die bosnischer Rauhaarbracke (Bosanski ostrodlaki gonic) am Balkan meist genannt wird, ist ein 48-56 cm hoher kräftiger Laufhund mit starkem Fang, grobem Rauhaar mit dichter Unterwolle der, mit einer Vorliebe für wehrhaftes Wild, lange bis sehr lange, und mit kräftigem lockerem Laut jagt. Feige Bracken, solche die kurz jagen oder mangelhaften Finderwillen zeigen werden nicht durchgefüttert, und auch gute Hunde werden nicht verhätschelt, entsprechend robust sind die meisten Jagdhunde am Balkan geblieben. Allerdings muss man wissen, dass eine Bracke die nicht mindestens 45 Minuten am Hasen jagt, als jämmerlich und wertlos angesehen wird. Dieser erbarmungslosen Auslese zufolge sind die meisten Baraks sehr passionierte Bracken mit extremem Spurwillen.

Schwieriger als jagdlich gute Baraks zu finden gestaltete sich die Suche nach solchen, die der Steirischen Rauhaarbracke im Formwert möglichst ähnlich sind! Es ist nämlich so: seit dem furchtbaren Bürgerkrieg, der in den 90er Jahren Jugoslawien zerrissen hat, züchten viele Jäger ohne Eintragung ins Stammbuch, auch weil sich die verschiedenen Völker nicht auf eine gemeinsame Organisation einigen wollen. In der Stammbuchmäßigen Zucht aber dominiert seit den 80er Jahren der Barak mit schwarzem Sattel oder ausgeprägter schwarzgrauer Stichelung, das heißt, die anderen Farbschläge werden im Ausstellungswesen benachteiligt. Wieder ein Beispiel wie sehr die Zucht von Jagdhunden durch das Diktat von Exterieurmode und Formwertzucht geschädigt wird!

Trotzdem machten wir in der Republika Srpska einen jagdlich berühmt guten hirschroten Barakrüden, der im Alter von 10 Jahren noch mehrere Stunden an Hase und Fuchs jagte, und an Sauen kompromisslose Schärfe zeigte, ausfindig. Gesundheitstests österreichischer Prägung konnten zwar vor Ort nicht durchgeführt werden, aber das der Hund in diesem Alter bei karger Kost und primitiver Haltung noch zu solcher Leistung fähig ist, erschien mir als Garant für robuste Gesundheit! Mittlerweile hatte ich natürlich Erlaubnis vom ÖKV eingeholt und in Fr. Mag.Maissen-Jarisch, der Zuchtbuchführerin, eine Unterstützerin meiner Pläne gefunden!

Da ich neben Medizin auch mehrere Jahre Genetik an der Universität für Biologie in Wien studiert habe, und zutiefst der Naturwissenschaft verhaftet bin, wollte ich diese Gelegenheit nutzen die Zucht auf eine populationsgenetisch nachvollziehbare und zukunftstaugliche Methode umzustellen Ich bat daher die Professorin für Tierzucht Roswitha Baumung von der Universität für Bodenkultur um Hilfe, und sie teilte mir mit, dass sie gerade an der Erstellung eines modernen computergestützten Zuchtprogramm mitarbeitet, das sie uns verschaffen würde: Chromosoft.

Es konnte also losgehen: ich fuhr, zwischen 2 Nachtdiensten auf der Unfallchirurgie, um 2 Uhr früh mit meiner läufigen Hündin nach Bosnien, nach einer Beisserei, ich war wohl etwas zu früh dran, kam es doch zu einer Paarung und die beiden hingen. Aber, die Natur hat kein Mitleid, die Hündin blieb leer und der Rüde überlebte die nächste Jagdsaison nicht! Im Herbst machte ich dann eine weitere Reise nach Bosnien und machte wieder einen sehr leistungsfähigen Rüden ausfindig. Im Frühjahr fuhr ich wieder, diesmal in Begleitung von Zuchtwart Gerald Ottinger, dessen Stellvertreter ich mittlerweile geworden war, nach Bosnien.

Als sensibler Mensch, dessen eigene Jagdhunde immer ein Leben als geliebte Familienmitglieder führen durften, war er von den sehr primitiven Haltungsbedingungen der bosnischen Arbeitshunde und ihren bei der Saujagd erworbenen und von den Besitzern mit großem Stolz präsentierten Blessuren entsetzt. Der ausgesuchte Rüde gefiel ihm aber doch gut. Leider war er einen Monat zuvor quer über die Weichen und die Feuchtrute schwer geschlagen und dann mit Draht genäht worden. Obwohl die Hündin brav stand, besprang er sie nicht. Wir fuhren noch zu einem anderen Rüden, der einen ausgeprägten grauen Sattel hatte und sehr zottig war, und somit nicht in Betracht kam und dann sehr frustriert nach Hause. Nach derartigen Rückschlägen darf man nicht den Mut verlieren, sondern muss die Anstrengungen verstärken und die Stoßrichtung ändern! Sechs Monate später erhielten wir zwei semmelgelbe Welpen aus Serbien, für die ich kompetente Führer in Allensteig, Österreichs größtem Truppenübungsplatz, und in den Lienzer Dolomiten rekrutieren konnte. Zwischenzeitlich erstellte Karl Heinz Neuhold das Chromosoftzuchtprogramm in einem immensen Arbeitseifer. Durch die enge Zusammenarbeit entstand eine echte Freundschaft und als OFÖ Gerald Ottinger als Zuchtwart zurücktrat und ich einspringen musste, war klar, dass er mein Stellvertreter werden soll! In ihm hatte ich einen echten Kampfgefährten gefunden und das war gut, denn unser Durchhaltevermögen wurde ständig auf die Probe gestellt.

Die Import-Hündin erlag noch im ersten Lebensjahr im Jagdbetrieb einem Verkehrsunfall, der Rüde zeigte nicht die erwartete Raubwildschärfe und schied aus der Zucht, er dient als guter Brackierhund auf Hasen in Südtirol. Wir mussten also weiter suchen!

Diana sei´s gedankt, es gelang uns einen hirschroten Barak aus kroatischer Zucht von einem alten Jäger loszueisen, der, da er an Diabetes erkrankt war, den extrem passionierten Rüden abgeben musste! Dieser Hund überzeugte im Wesen und im Formwert, aber vor allem als Weitjäger (gemessene 2,5 Stunden spurlaute Jagd am Schneehasen) mit gellendem Spurlaut und unbändiger Wildschärfe! Bei einer ÖKV-Ausstellung erreichte er unter dem strengen Blick von Formwertrichter FCI Vizepräsident a.D. Dr. Reisinger ein Vorzüglich, und Meisterführer und Brackenmann Hanns Holzmann führte ihn mit Erfolg auf der GP: er deckte im März 2011 Alma vom Lärchenrot, eine Tochter aus meiner Hündin Ara v.d. Brandschmiede und Bodo v.d. Jagamahd, und am 27.05.2011 erblickte der erste Auszuchtwurf der Steirischen Rauhaarbracke mit der Bosnischen Rauhaarbracke im Zwinger vom Steirischen Gjaid das Licht der Welt! Diese Paarung brachte sehr ausgeglichene Welpen die früh Spurlaut am Hasen zeigten und zumindest in den Händen österreichischer Jäger bald sehr anhaltend brackierten, aber auch am Schwarzwild und am Raubwild Schärfe und Härte bewiesen.

Daher wurde dieser Barak ein 2. Mal mit Ronja v. Knappensteig für die Zucht verwendet. Da wir aber vorhaben die Peintingerbracke auf eine derart breite genetische Basis zu stellen, dass sie dann aus eigener Kraft und bei scharfer Selektion auf jagdliche Leistung und Gesundheit weiterbestehen kann, haben wir vor, zumindest 7 neue Linien zu begründen, bei gleichzeitiger Steigerung der reinrassigen Population. Ich bin zusammen mit Heinz Neuhold weiterhin sehr aktiv auf der Suche nach guten Zuchthunden, vor allem bei den Peintingerbracken, aber auch bei den Baraks in den Balkanländern, wozu ich einen Auslandseinsatz in Sarajewo im Rahmen meiner Arbeit als Militärarzt beim Österreichischen Bundesheer nutzen konnte. Im Frühjahr 2012 wurde so ein 2. Rüde ausfindig gemacht, der Benita vom Tschiernockblick deckte, eine sehr raubwildscharfe Hündin, und einen starken und sehr ausgeglichenen Wurf brachte. Zum selben Zweck wurden 2012 noch zwei weibliche Welpen und ein kleiner Rüde sowie zwei ausgewachsene Hündinnen importiert. Bei den Welpen trat der Spurlaut jeweils schon vor dem Zahnwechsel auf und sie zeigten schon früh im ersten Lebensjahr am Hasen Jagddauer von 30 Minuten, teilweise auch weit länger mit flüssigem Spurlaut! Importierte Hunde werden, bevor sie für die Zucht in Frage kommen gnadenlos auf Brackierleistung und Schärfe an Raubwild und Schwarzwild geprüft, was nicht taugt, fährt zurück! Bosanski ostrodlaki Gonic-Welpen die importiert werden, müssen bei guten Führern untergebracht werden und nicht nur mindestens dieselben jagdlichen Anforderungen für die Zuchterlaubniss erfüllen, wie unsere reinrassigen Steirischen Rauhaarbracken, sondern auch auf hervorragende Gesundheit überprüft werden.

Wie geht es weiter:

Steirische Rauhaarbracken der F1 ( erste Tochter-Generation: 50% Blutanteil steirische Rauhaarbracke, F2: 75%BA, F3:87,5%BA, F4:93,25% BA) werden wenn sie die Vorrausetzungen erfüllen mit reinrassigen Peintingerbracken verpaart, sie laufen auch auf nationalen Prüfungen und nationalen Ausstellungen gleichberechtigt, sie werden aber im Hundezuchtbuch als „Register“-Hunde geführt.

 

Ihre Nachkommen werden gleich behandelt, denn bis zur F4 ist nur eine Verpaarung mit reinrassigen Bracken der Ausgangsrasse erlaubt, die F4 der Auszuchtlinien könnten theoretisch schon untereinander verpaart werden, das ist aber eher nicht vorgesehen. Der Formwert soll zwar auch passen, aber ohne jemals das vorrangige Ziel, die Steirische Rauhaarbracke als weitjagende (Spurhalter!!!), sicher spurlaute, harte und wildscharfe Bracke zu züchten aus dem Auge zu verlieren!

 

Mit vereinten Kräften wird uns so gelingen, die Peintingerbracke für den harten Jagdgebrauch nicht nur zu erhalten, sondern auch zu veredeln und zu vermehren.

 

Steirische Rauhaarbracke Atti vom Hirzberg am Schwarzwild: Bracken die im Jagdeinsatz über Jahre bewiesener Maßen Großes leisten sind höher zu bewerten als Prüfungsweltmeister!