Die Pillnitzer Kamelie

Von Ernst-Otto Pieper

 

Schloss Pillnitz von der Elbe aus gesehen; Foto: E.-O. Pieper

Wer Sachsen bereist, für den ist das einstige Lustschloss und die spätere Sommerresidenz des sächsischen Königshauses mit seinem wunderschönen Park ein Muss. Es ist die stadtweit schönste Erholungsoase für Dresdner und Touristen aus aller Welt, für Kultur- und Gartenliebhaber und Familien.

Etwas abseits der Parkmitte steht die wohl berühmteste Kamelie (Camellia japonica) Europas und sie ist mit mehr als 250 Jahren die älteste nördlich der Alpen und damit auch eine der ältesten in ganz Europa.

Mittlerweile hat sie eine Höhe von etwa 8,90 m und einen Kronendurchmesser von 12 m erreicht. Während ihrer von Februar bis April andauernden Blütezeit ist sie übersät mit tausenden von karminroten, ungefüllten und nicht duftenden Blüten.

Die natürliche Heimat der Kamelien liegt zwischen den subtropischen Regenwäldern und den immergrünen Laubwäldern Ostasiens. Bevor dies Gegend für den Teeanbau kultiviert wurde, befand sich hier ein ungefähr 1.000 km breiter Lobeerwald, der sich von Südchina über Südkorea bis Mitteljapan erstreckte. Dort sind die Winter mild, die Temperaturunterschiede zwischen kalter und warmer Jahreszeit sowie zwischen Tag und Nacht gering und die Luft über das ganze Jahr sehr feucht.

Pillnitzer Kamelie – die älteste Pflanze ihrer Art nördlich der Alpen; Foto: E.-O. Pieper

Carl von Linné gab der Kamelie 1735 den Namen „Camellia japonica“ nach Georg Joseph Kamel (1661 bis 1706), lat. Georgius Josephus Camellus, einem mährischen Jesuitenpater und Apotheker, der in Manila gearbeitet und einen Tafelband über die Insel Luzon verfasst hatte. Er fand 1639 die Kamelie auf den Philippinen.

Wie kam nun die Pillnitzer Kamelie nach Pillnitz?

Weit verbreitet, aber zunehmend bezweifelt ist folgende Legende:

Carl Peter Thunberg (1743 bis 1828), ein schwedischer Naturforscher, soll die Pillnitzer Kamelie als eines von vier Exemplaren von seiner Japanreise 1775 bis 1776 nach Kew Gardens in London mitgebracht haben.

Während eine der vier Pflanzen in London blieb, wurden die übrigen an andere königliche Gärten verschenkt. Ein Exemplar ging nach Schönbrunn, eine weitere nach Hannover-Herrenhausen und die vierte soll in den 1780er Jahren an den Hof von Dresden gelangt sein. Wenn diese These zuträfe, wäre die Pillnitzer Kamelie das einzige bis heute überlebende Exemplar der vier aus Japan mitgebrachten Kamelien.

Fest steht jedenfalls, das 1801 der damalige Gärtnergeselle und spätere Hofgärtner Carl Adolf Terscheck (1782 bis 1869), er war auch Mitbegründer des Botanischen Gartens in Dresden, an die Stelle im Park des Schlosses Pillnitz gepflanzt, an der sie sich noch heute befindet.

Die frostempfindliche Pflanze wurde anfangs im Winter mit Stroh- und Bastmatten bedeckt, doch wurde schon sehr bald für die Überwinterung ein beheiztes Winterhaus konstruiert. Dieses hölzerne „Konversationshaus“ brannte in der Nacht des 2. Januar 1905 aufgrund eines technischen Fehlers in der Heizung ab. Bei Außentemperaturen von minus 20 Grad gefror das Löschwasser zu einem Eisberg, was der Pflanze das Leben rettete. Sie trieb bereits im folgenden Frühjahr wieder aus. Die Kamelie bekam ein neues Holzhaus mit einem Grundriss von 9 x 9 m. Im Jahr 1951 wurde für den Baumstrauch ein 12eckiges Stahlrohrgerüst mit 12 m Durchmesser und 10 m Höhe errichtet, das auch im Sommer stehen blieb, im Winter mit Holz-Fenster-Tafeln verkleidet und durch Warmwasser in den Stahlrohren beheizt wurde. Nach 41 Jahren, 1992, wurde für die Pillnitzer Kamelieein neues, gläsernes Schutzhaus eingeweiht. Dieses 13,2 Meter hohe und 54 Tonnen schwere Haus schützt die Kamelie nun von Oktober bis Mai. Es wird auf eine Lufttemperatur von vier bis sechs Grad Celsius geheizt. In der warmen Jahreszeit wird das schützende Winterhaus der Kamelie auf Schienen bei Seite gefahren.

Neueste genetische Forschungen können trotz modernster Technik die oben genannte Legende nicht belegen oder widerlegen, klären aber leider auch nicht die genaue Herkunft.

Wie auch immer – genießen Sie den Anblick dieser herrlichen Pflanze.