Distelbohrfliege

Eine Fliege mit wunderschönen, buntschillernden Augen

Von Ernst-Otto Pieper

Distelbohrfliegen, Urophora cardui(Linnaeus, 1758), sind auf Grund ihres sehr markanten, schlangenförmigen Farbmusters auf den Flügeln mit keiner anderen Fliegenart verwechselbar. Auf Grund ihrer geringen Größe (Männchen etwa 5 mm, Weibchen etwa 6 mm) werden sie aber dennoch leicht übersehen.

Sie sind in Europa und Kleinasien weit verbreitet, jedoch mit großen Verbreitungslücken. Halbschattige und feuchte Wiesen werden von ihnen bevorzugt. Die Lebenszeit erwachsener Distelbohrfliegen beträgt nur 10 bis 20 Tage.

Zum Sommeranfang im Mai / Juni, wenn die Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense) Blütenknospen und Seitentriebe ansetzt, sind die befruchteten Weibchen der Distel-Bohrfliege unterwegs. Mit ihrem Legebohrer (siehe Foto) stechen sie die Haupttriebe oder Verzweigungsstellen der Kratzdisteln an und legen etwa 10 bis 15 Eier tief in das Pflanzengewebe. Insgesamt legt ein Weibchen maximal 130 Eier ab. An den Einstichstellen entsteht durch abnormes Wachstum ein bis zu 2 cm dicker und bis zu 5 cm langer Gallkörper. Es ist nicht erforscht, wie diese Vorgänge im Detail vor sich gehen und welche Wechselwirkungen zwischen Pflanze und möglicherweise abgeschiedenen Stoffen der Fliege bestehen. Man muss wohl davon ausgehen, dass die Pflanze versucht, den eingedrungenen Fremdkörper durch abnorme Zellbildungen zu isolieren, und so den Rest der Pflanze gegen ihn abzuschotten. Untersuchungen haben gezeigt, dass schwach entwickelte Larven tatsächlich von den Wucherungen der Pflanze erstickt werden können. Normal entwickelten Larven aber dient genau diese Abwehrreaktion der Pflanze dazu, ihnen Schutz und Nahrung zu gewähren.

Galle der Distelbohrfliege an einer Acker-Kratzdistel; Foto: E.-O. Pieper

Im Verlauf des Sommers fressen die Larven Kammern mit einem Gang zur Mitte hin in die anfangs grünliche und weiche Galle – jeweils eine Larve pro Kammer. Im ausklingenden Sommer werde die Gallen braun und im Herbst verdorren sie und verholzen. Mit Beginn des Winters verpuppen sich die Larven in die für Fliegen typische Tönnchenform. In dieser Form überwintern sie und verbleiben wohlgeschützt in der harten und holzigen Galle bis Mai / Juni des nächsten Jahres. Die Fliegen säßen jetzt aber in einem hölzernen Gefängnis, hätten sie sich nicht schon als Larve im Sommer einen Gang zur Außenwelt gefressen.

Kurz vor dem Schlüpfen entwickeln die Fliegen eine sogenannte Stirnblase, eine dehnbare Hautpartie am Kopf, die mit Flüssigkeit angefüllt ist und dazu dient, die Tönnchenhülle zu sprengen. Stirnblasen kommen auch bei anderen Fliegenarten vor, jedoch sind sie bei Distel-Bohrfliegen besonders groß.

Nachdem die Fliege die Galle vollständig verlassen hat, kann sich ihr Körper zu seiner vollen Größe ausdehnen und nachdem die in der Stirnblase vorhandene Flüssigkeit auf das ganze Tier verteilt ist, wird diese zunehmend kleiner.

Wenige Tage nach dem Schlupf beginnen die Männchen zu balzen indem sie sich im Kreis drehen. Auch die Weibchen beginnen dann bald im Kreis zu tanzen. Nachdem Männchen und Weibchen auf diese Weise eine Weile geflirtet haben, verpaaren sie sich. Die befruchteten Weibchen legen dann wieder……., und ein neuer Lebenszyklus der Distel-Bohrfliege beginnt.