Von Ernst-Otto Pieper
Eichenmoos ist in Wirklichkeit kein Moos, es ist eine Flechtenart mit dem botanischen Namen Evernia prunastri. Flechten wiederum gehören weder zu den Tieren noch zu den Pflanzen, sondern zu den Pilzen – Flechten sind meistens eine Symbiose aus Grünalgen oder Cyanobakterien und einem Pilz. Das meist gelbgrüne Gewächs kann bis zu 10 Zentimeter groß werden und ist die am weitesten verbreitete Strauchflechte an Laubbäumen. In Europa ist sie weit verbreitet bis zur polaren Baumgrenze. Bevorzugt wächst sie auf mäßig nährstoffreicher bis nährstoffarmer, schwach bis ziemlich saurer Rinde in lichtreicher Lage. Manchmal bildet die Flechte dichte Teppiche an den Baumstämmen.
Obwohl eine der häufigsten Flechtenarten, gilt sie in Deutschland als gefährdet.
Eichenmoos hat einen erdigen, würzigen und moosigen Geruch, der an einen Spaziergang durch den Wald erinnert. Kein Wunder also, dass diese Flechte schon früh das Interesse der Parfüm-Industrie weckte und eines der am meisten verwendeten Duftnoten in der Parfümerie wurde. Man findet diese Note in erster Linie in Chypreparfüms und Fougeredüften. Oftmals wird sie als Fixierstoff verwendet und verbessert dabei die Haltbarkeit eines Duftes.
Die Intensität des Geruches ist davon abhängig, auf welcher Baumart die Flechte wächst, auch die Farbe ist davon abhängig. Besonders intensiv ist das Aroma der auf Eichen wachsenden.
Das Rohmaterial Eichenmoos wird in Süd- und Mitteleuropa auf kommerzieller Ebene angebaut und in großen Mengen gesammelt und von dort aus nach Grasse in Frankreich exportiert. Dort wird mit Hilfe eines aufwendigen Destillierverfahrens sogenanntes „mousse de chêne“ oder „mousse odorante“ hergestellt.
Eine besondere Art des Eichenmooses, die auf Kiefern wächst, verströmt ein terpentinähnliches Aroma, das unter Parfümeuren besonders begehrt ist.
Eichenmoos wird aber auch in Hautpflegemitteln verarbeitet und kommt selbst in Duftlampenöl zum Einsatz.
Schon seit vielen Jahren gilt Eichenmoos als Kontaktallergen das Hautreaktionen verursachen kann.Das Thema Eichenmoos in Parfums wurde jedoch erst kürzlich noch kontroverser, als die IFRA (International Fragrance Association)die Verwendung von Eichenmoos in Parfums stark eingeschränkt hat. Die neuen Vorgaben besagen, dass Moosextrakte der Spezies Evernia prunastriin Konsumgütern nur verwendet werden dürfen, wenn die Gesamtmenge 0,1% der Zusammensetzung nicht übersteigt. Außerdem wurde beschlossen, dass die Menge von Eichenmoos entsprechend reduziert werden muss, wenn die Komposition bereits andere Moosextrakte beinhaltet, so dass die Gesamtmenge an Moosextrakten in Parfüms nie mehr als 0,1% der Gesamtmenge ausmachen darf.
Die IFRA wurde 1973 in Genf gegründet und repräsentiert die gemeinsamen Interessen der Duftindustrie.
Nun sind die Parfümeure auf der Suche nach geeigneten Extrakten, die dem Eichenmoos olfaktorisch ähneln und auch gleichzeitig den Anforderungen der IFRA gerecht werden.