Von Gerd Tersluisen
Aus der Weiterbildungsveranstaltung Schermbeck, vom 11. – 13. November 2016
Für jeden Jäger sollte die Kenntnis der meisten Säugetiere und Vögel, außerhalb des Jagdrechtes, eine Selbstverständlichkeit sein.
Alle Begegnungen mit Tieren, am Rande unseres Pirschweges, gehören zu den besonderen Freuden der Jagd. Wie oft verkürzen Beobachtungen dieser Wildtiere, mit denen wir unsere Umwelt teilen, einen langen Ansitzabend. Wie oft erfreuen uns Beobachtungen dieser Tiere, die unser Verhältnis zur Natur vertiefen und uns mit unbekannten Verhaltensweisen unserer Mitgeschöpfe beglücken.
Es lohnt sich, seinen Blick auf alle Lebewesen zu richten und nicht nur auf die, die dem Jagdrecht unterliegen.
Da ist der Frühling, der sich ganz sachte mit den ersten Vogelgesängen ankündigt.
Am Himmel ziehen Kraniche in Richtung ihrer Brutplätze.
Ihre typischen Rufe lenken automatisch unseren Blick nach oben und die Vorfreude auf die kommende helle und strahlende Jahreszeit macht sich in uns breit. Gleichzeitig flöten die ersten Singdrosseln ihr Lied in den klaren und kühlen Himmel. Das Sichern eines Brutterritoriums und das Anlocken der Weibchen ist das Ziel ihrer gesanglichen Aktivitäten. Der Grünspecht lacht, der Tauber heult und der Trommelwirbel des Buntspechtes zeigt, wer hier Herr im Hause ist.
Nach und nach treffen weitere Singvögel ein und veranstalten mit ihren Gesängen, jeden Morgen und jeden Abend, ein fantastisches Frühlingskonzert.
Wie herrlich gaukeln die Schmetterlinge, unsere Sonnenvögelchen, über die noch nicht weggespritzten Feldblumen. Welche verschwenderische Farbenpracht wendet die Natur auf, um diesen Tieren zur Weitergabe ihrer Gene zu verhelfen.
Eidechsen rekeln sich auf einem dicken, sonnenbeschienenen Stein. Die ruckartige Bewegung einer Staude jagt einen Kohlweißling in die Flucht. Bei genauerem Hinsehen findet man eine Echse hoch oben in der Staude. Dort jagt sie Insekten und unvorsichtige Schmetterlinge. Ein kletternder Ansitzjäger. Wer hätte das gedacht?
Bei Regenwetter wagt sich der bedächtige Feuersalamander aus seinem Versteck, watschelt über nasse Moospolster und lässt sich jeden greifbaren Regenwurm schmecken.
Die unterschiedlichsten Pflanzen schmücken unseren Pirschweg. Ihre Blüten sind herrliche kleine Kunstwerke. Jede einzelne Blume hat ihre Blütenpracht auf eine oder mehrere spezielle Arten ihrer Bestäuber ausgerichtet. Blumen locken diese Bestäuber z. B. mit Nektar, Farben, Duft und Sex. Ja, sie haben richtig gelesen, mit Sex.
Geschlechtspartner der Bestäuber werden von verschiedenen Orchideengewächsen bis ins Detail nachgeahmt. Wie Männer nun mal so sind, sie fallen in Sachen Sex auf alle Täuschungen sofort rein. Der Erfolg, für diese Mühen der Pflanzen, bleibt jedenfalls nicht aus.
Und dann sind da noch die Früchte der Liebe. Was tuen da nicht die Pflanzen und Sträucher, um für eine gute Verteilung der Samen mit Hilfe tierischer Transportunternehmer zu sorgen. Symbiose nennt man so etwas. Ameisen verteilen z. B. den Samen des Hohlen Lärchensporns, können dafür aber einen winzig kleinen Keim des Samenkorns verzehren. Vögel nehmen viele unwiderstehliche Beeren und Nüsschen auf. Sie verteilen sie in der Landschaft. Ein typisches und Ihnen bekanntes Beispiel ist die Mistel. Mit einem kräftigen Schuss Dünger landet der Samen aus dem Darm der Misteldrossel, oder anderer Drosselarten, auf einen Wirtsbaum und gedeiht dort als immergrüne Kugel.
Für die Ausbreitung der Arven oder auch Zirben, ist einzig und alleine der Tannenhäher verantwortlich.
Welch ein Wunder ist der Hallimasch, das größte bekannte Lebewesen unserer Erde.
In Kanada wurde solch ein Pilz gefunden und untersucht.
Die Ausbreitung seines Pilzgeflechtes unter der Erde erreicht 9 KM². Er ist 600 t schwer und hat ein Alter von ca. 2000 Jahre. Wenn das keine Hausnummer ist.
Erstaunlich auch die kleinen Erdsterne, ebenfalls eine Pilzart. Ihre Schale liegt nach der Öffnung der Knolle wie ein Stern auf dem Boden, biegt sich dann nach unten und stemmt den Fruchtkörper fünf bis zehn Zentimeter in die Höhe. Hier kann der Wind über seine Geburtsöffnung streichen und so den Samen des Pilzes über Sog und Winddruck verteilen.
Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich intensiv mit Pflanzen, Pilzen, Kriechtieren und Lurchen, Wirbeltieren und Vögeln zu beschäftigen. Ihr Blick wird sich weiten und Sie werden in der Lage sein, viele Fragen nichtjagender Freunde ihres Umkreises zu beantworten.
Die Jagd wird zu einem noch größeren Naturerlebnis, als ohne diesen neuen Blick. Sie werden mit ihren Kenntnissen, falls die nicht schon lange vorhanden sind, zu einem Teil der Natur werden.
Packen Sie es an.
Erkennungshilfen
Zum Erkennen solcher Tiere, Vögel, Pflanzen und Pilze u. s. w., gibt es mannigfaltige Hilfen, die ich nur empfehlen kann.
Der Kosmos-Verlag und der BLV-Verlag, um nur die bekanntesten zu nennen, haben entsprechende Bestimmungsbücher herausgebracht.
Die Vogelarten, die oftmals nur eindeutig nach ihrer Stimme erkannt werden können, werden mittlerweile in Büchern mit Foto und abhörbarer Vogelstimme angeboten.
Wenn Sie sich solch ein Bestimmungsbuch anschaffen wollen, empfehle ich Ihnen auf die Zahl der hier dargestellten Vogelarten zu achten. Diese Zahl sagt etwas über die Vollständigkeit des Buches aus. Auch bürgt das Logo des NABU für Qualität.
Nehmen Sie das eine oder andere Bestimmungsbuch mit ins Revier. Im Rucksack hat ein Pflanzenbestimmungsbuch sicherlich Platz. Während man beobachtete Vögel und Wirbeltiere auch zu Hause im Sessel sitzend suchen und bestimmen kann, ist das mit Pflanzen nicht so leicht möglich. Hier wird zur genauen Bestimmung oftmals nach der Behaarung des Pflanzenstieles, oder ob solch ein Stiel hohl, rund oder sechseckig ist, gefragt. Diese und viele weitere Fragen kann der Anfänger nur vor Ort und mit Hilfe des Büchleins beantworten.
Ich empfehle Ihnen dringend, sich solche Bestimmungsbücher anzuschaffen. Glauben Sie mir, es lohnt sich.
Auch in kleinen Dingen erkennt man die Größe der Schöpfung. Sie werden immer wieder staunend die Wunder am Rand unseres Pirschweges wahrnehmen.
Nur was man kennt, dass liebt man und was man liebt, dass schützt man auch.
Unsere Natur benötigt unser aller Schutz und zwar dringend.