Flöhe

Von Ernst-Otto Pieper

Ordnung:    Flöhe (Siphonaptera)

17 Familien mit ca. 1600 Arten

Kennzeichen:

  • Im Imaginalstadium sind Flöhe Blutsauger an Säugetieren und Vögeln.
  • Abweichung von der normalen Insektengestalt durch starke seitliche Abflachung. Diese Komprimierung ermöglicht es ihnen, sich besonders gut im Gefieder oder im Fell ihrer Wirtstiere zu bewegen.
  • Die einzelnen Körperteile sind nicht durch tiefe Einschnitte voneinander getrennt, sondern bilden einen einheitlichen Komplex, dessen Einheit durch das dachziegelartige Überdecken der einzelnen Körpersegmente und das Fehlen auffallender Anhänge vervollkommnet wird.
  • Behaarung ist nach hinten gerichtet, das gilt auch für Cuticula-Fortsätze, die in Reihen an Kopf und Prothorax sitzen können und als Haftstrukturen fungieren.
  • Die mittleren und hinteren Beinpaare sind als Sprungbeine entwickelt. Froharten, die auf großen und sich schnell bewegenden Wirten parasitieren, erreichen eine Sprunghöhe von 30 cm und eine Sprungweite von 50 cm.
  • Ocellen (Punktaugen auf dem Kopf) fehlen, Seitenaugen als kleine Einzelaugen (keine Facettenaugen) oder fehlend.
  • Antennen kurz, in Kopfgruben einklappbar.
  • Mundwerkzeuge zu einem nach unten hinten gerichteten Stechrüssel (stechend-saugend) umgebildet.
  • Kopfkapsel oft durch Querfurchen geteilt.
  • Die Imagines sind z.T. Krankheitsüberträger und /oder Zwischenwirte für Parasiten.
  • Flöhe leben meist nur zeitweise auf einem Wirtstier, manche auch dauernd, so die Weibchen von Tunga penetransam Menschen.
  • Der Menschenfloh (Pulex irritans) ist in Mitteleuropa im Rückgang; alle anderen Arten können regelmäßig und teilweise in großer Zahl an ihren Wirten und deren Bauten und Nestern gefunden werden.

Größe:

  • Die meisten Arten sind 2 bis 3 mm lang; Maulwurfsfloh Hystrichopsylla talpaebis 5,5 mm lang.
  • Männchen sind meist kleiner als Weibchen.

Geschichte:

  • Flöhe im Baltischen Bernstein (Alter ca. 50 Mio Jahre) besitzen schon alle spezifischen Merkmale der Flöhe und sind in ihrem Habitus nicht von den rezenten Flöhen zu unterscheiden. Die Abspaltung der Flöhe von anderen Insekten und die Anpassung an ihre parasitische Lebensweise muss also noch viel früher erfolgt sein.
  • Fossilien aus der Zeit vor dem Tertiär sind unbekannt.
  • Dass sie geflügelte Vorfahren besaßen, wird durch die bei verschiedenen Arten während des Puppenstadiums auftretenden Flügelanlagen belegt.
  • Aufgrund des Rüsselbaues, der Geschlechtsorgane und einiger anderer Baumerkmale wird die Ansicht vertreten, dass einige Mückenfamilien die nächstverwandten Insektengruppen darstellen.

Ernährung:

  • Der eigentliche Stechapparat besteht aus einem unpaarigen Stilett und zwei an den Rändern gezähnten, lanzettähnlichen Gebilden, die sich zu einem Saugrohr zusammenschließen. Alle anderen Mundwerkzeuge bleiben beim Saugakt über der Hautoberfläche liegen. Nach dem Eindringen der Stechborsten wird das durch abgegebene Speichelsekrete am Gerinnen gehinderte Blut mit Hilfe im Schlundabschnitt gelegener Saugpumpen über eine Hohlrinne des unpaarigen Stiletts und die Speiseröhre in den Magen befördert. Schon kurze Zeit nach Beginn der Nahrungsaufnahme geben die Flöhe Kottropfen ab, die zuerst aus verdautem Blut, später jedoch aus hellrotem, unverändertem Wirtsblut bestehen. Da ein Floh während seiner bis zu dreieinhalb Stunden dauernden Nahrungsaufnahme eine große Zahl derartiger Blutstropfen abgibt, kann man schließen, dass er mehr Blut saugt, als er verwerten kann. Die dem Wirt entzogene Blutmenge übersteigt bei weitem das Fassungsvermögen des Verdauungstraktes, das bei ca. 0,5 mm³ liegt.
    Aufgrund von Störungen wird die Nahrungsaufnahme häufig unterbrochen um an anderer Stelle erneut einzustechen. Aus diesem Grund kann ein einzelner Floh innerhalb einer kurzen Zeit eine große Anzahl von Einstichen verursachen. Jede Stichstelle macht sich durch eine kleine punktförmige Blutung, die von einer rotgefärbten Hautanschwellung umgeben ist, bemerkbar. Darüber hinaus tritt bei vielen Menschen ein äußerst unangenehmer, teilweise sogar schmerzhafter Juckreiz auf, der erst nach einiger Zeit abklingt.
    Hat der Floh die entsprechende Gelegenheit, wird er mindestens einmal täglich Blut saugen. Andererseits können die Flöhe auch längere Zeit ohne Nahrung auskommen. Kühlere Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit erlauben wesentlich längere Hungerzeiten. Flöhe in Zieselbauten leben z.B. teilweise bis zu einem Jahr ohne Nahrungsaufnahme, und in zerfallenen organischen Stoffen gehaltene Flöhe kamen 18 Monate ohne Blutnahrung aus.
    Hungrige Flöhe sind in der Regel nicht sehr wählerisch in Bezug auf ihre Blutspender und versuchen, jeden erreichbaren Warmblüter zu stechen. Floharten parasitieren oft auch auf anderen Tierarten als ihrem Hauptwirt. Der Eichhörnchenfloh (Monopsyllus sciurorum) parasitiert beim Baummarder, dem Baumschläfer und selbst auf Krähen. Streng wirtsspezifische Floharten sind selten. In Mitteleuropa sind es z.B. der Uferschwalbenfloh (Ceratophyllus styx) und einige Maulwurfflöhe.

Alter:

  • Durchschnittliche Lebensdauer in Mitteleuropa: 3 bis 4 Monate. Hunger- und Ruhezeiten verlängern die Lebensdauer im Allgemeinen erheblich (bis über 18 Monate).

Fortpflanzung / Lebensweise:

  • Wahrscheinlich locken sich die Geschlechter mit Hilfe von Stridulationsorganen und durch Abgabe von Duftstoffen an.
  • Bezeichnend für viele Arten ist die Begattungsstellung. Die durchweg kleineren und schlankeren Männchen tragen während der Kopulation die Weibchen auf ihrem Rücken und halten sie mit ihren leicht verlängerten Fühlern und den kräftig entwickelten Genitalanhängen fest.
  • Die Eientwicklung bei den weiblichen Flöhen erfolgt erst nach Aufnahme von Blut.
  • Bei manchen Floharten, z.B. beim Kaninchenfloh (Spilopsyllus cuniculi), ist der Fortpflanzungszyklus eng an den Sexualzyklus des Wirtes angepasst. Eireifung, Kopulation und Eiablage der Flöhe wird im Wesentlichen von den im Blut der Kaninchen befindlichen Sexualhormonen beeinflusst. Erst die Blutaufnahme bei trächtigen Häsinnen und neugeborenen Kaninchen führt beim Kaninchenfloh zur Ausschüttung bestimmter Hormone, die die Eientwicklung auslösen.
  • Im Normalfall erfolgt die erste Eiablage einige Tage nach dem Blutsaugen. In Schüben von 6 bis 10 Eiern können z.B. von einem Menschenflohweibchen 400 bis 500 Eier abgelegt werden. Hühnerflohweibchen legen ca. 20 Eier. Zwischen jeder Eiablage müssen die Flohweibchen erneut Blut saugen, wodurch sich die Eiablage mitunter über einen Zeitraum von 3 Monaten verlängert.
  • Die ca. 0,5 mm langen, mit dem bloßen Auge sichtbaren weißen Eier werden von den Weibchen wahllos abgegeben. Sie fallen oft in das Nest oder die Lagerstätte des Wirtes, wo meist günstige Voraussetzungen für die Entwicklung der Larven herrschen.
  • Nach 4 bis 5 Tagen schlüpfen die madenähnlichen, 4 bis 5 mm langen Larven.
  • Die Larven sind augen- und fußlos, sie bewegen sich spannend mit den vorstehenden Mundteilen und Nachschiebern.
  • Die Larven leben von organischen Stoffen (Hautschuppen, Haare, Federn, Exkremente und Detritus). Sehr gern nehmen Flohlarven die Ausscheidungen der erwachsenen Flöhe auf. Die in den Exkrementen vorhandenen Eiweißstoffe begünstigen ihre Entwicklung.
  • Nach zweimaliger Häutung spinnen sich die Larven in einen Kokon ein, der mit Speicheldrüsensekret hergestellt und mit Fremdkörpern besetzt wird, so dass der Kokon sich nur schwer von seiner Umgebung abhebt. Nach einer dritten Häutung verpuppt sich die Larve innerhalb des Kokons. Anfänglich ist die Puppe wie die Larve gelblichweiß, verfärbt sich dann aber allmählich zu einem dunklen Braun.
  • Puppen der Gattungen Pulex, Xenopsylla und Tunga haben rudimentäre Flügelanlagen.
  • Nach 8 bis 14 Tagen schlüpfen die erwachsenen Flöhe. Der Schlupf kann sich um mehrere Monate, mitunter bis zu einem Jahr verzögern. Kleinste Erschütterungen lösen den Schlüpfvorgang aus, deshalb überfallen die geschlüpften Flöhe in unbewohnten Räumen den Wirt alle zusammen.
  • Die gesamte Entwicklung dauert im Sommer durchschnittlich 4 – 5, im Winter 6 – 7 Wochen, sie kann sich aber auch über ein Jahr hinziehen.
  • Die geschlechtsreifen Tiere treten am zahlreichsten am Sommerende und Herbstanfang auf.
  • Die Zahl der auf einem Wirt vorkommenden Flöhe ist beträchtlichen Schwankungen unterworfen und scheint im Wesentlichen von den Entwicklungsbedingungen der Larven abzuhängen. Mehrere hundert Flöhe in einem Nest oder an einem Wirt sind keine Seltenheit.
  • Nur etwa 10% der Flöhe leben auf dem Wirtstier, die restlichen 90% in dessen Umgebung.

Wichtigste Floharten:

  1. Menschenfloh (Pulex irritans)
  • Kommt, mit Ausnahme der ausgesprochenen Trockenzonen, weltweit vor.
  • Weibchen 3 – 4 mm, Männchen 2 – 2,5 mm lang.
  • Stachelkämme an Kopf und Brustsegment fehlen.
  • Hauptwirt ist der Mensch, er kommt häufig, zuweilen sogar massenhaft, in den Bauen freilebender Raubtiere und bei Haustieren, wie Schwein, Hund und Schaf vor.
  1. Hundefloh (Ctenocephalides canis)
  • Kommt weltweit vor.
  • Deutlich entwickelte Stachelkämme an der Wangenregion des Kopfes und auf der Rückenseite des ersten Brustsegmentes.
  • Hauptwirt ist der Haushund, kommt aber auch bei Mensch und Katze vor.
  • Ist Zwischenwirt für den Hundebandwurm Dipylidium caninum. Die Eier des Hundebandwurmes können von den Flohlarven aufgenommen werden und entwickeln sich im erwachsenen Floh zur Finne. Wird der finnentragende Floh von einem Hund zerbissen und abgeschluckt, gelangen die Entwicklungsstadien in den Hundedarm und wachsen hier zu einem Bandwurm heran.
  1. Katzenfloh (Ctenocephalides felis)
  • Kommt weltweit vor.
  • Deutlich entwickelte Stachelkämme an der Wangenregion des Kopfes und auf der Rückenseite des ersten Brustsegmentes.
  • Hauptwirt ist die Hauskatze, ist aber häufiger auf Hunden als der Hundefloh; auch der Mensch wird sehr häufig vom Katzenfloh befallen.
  • Ist Zwischenwirt für den Hundebandwurm (siehe Hundefloh).
  1. Pestfloh (Xenopsylla cheopis)
  • Früher weltweit; gegenwärtig überwiegend in den Tropen.
  • Hauptwirt sind Ratten (Hausratte und Wanderratte).
  • Zusammen mit einigen anderen Floharten ist er der Überträger der Erreger der Bubonenpest. Pestepidemien nur noch in den Tropen wo sie allerdings dank der medizinischen und biologischen Bekämpfungsmöglichkeiten und der Quarantänemaßnahmen keine größere Ausweitung erfahren. Pestherde bestehen heute insbesondere in von Menschen unbewohnten Gegenden. Hier sind es Erdhörnchen, Bobac, Ziesel, Mäuse und andere Nagetiere, die teilweise latent an der Pest erkrankt sind und Seuchenreservoire bilden.
  1. Kaninchenfloh (Spilopsyllus cuniculi)
  • In allen Bereichen, wo (Wild)kaninchen vorkommen.
  • Hauptwirt sind Wildkaninchen, aber er befindet sich auch beispielsweise auf Brandenten die in verlassenen Kaninchenbauen brüten.
  • Kann den Erreger (Virus) der Myxomatose, die Tularämie und Staphylokokkose übertragen.
  1. Hühnerfloh (Ceratophyllus gallinae)
  • Überwiegend Europa.
  • Hauptwirt ist das Haushuhn (stellt dort den Hauptprozentsatz aller Flöhe); können wegen der zumeist großen Anzahl auch beim Menschen sehr lästig werden. Kommt auch auf Fasan, Rebhuhn und anderen Vogelarten vor.
  1. Taubenfloh (Ceratophyllus columbae)
  • Europa
  • Hauptwirt sind wildlebende Felsentauben und alle domestizierten Haustauben. Auch er kann wegen der zumeist großen Anzahl beim Menschen sehr lästig werden.

In Europa und insbesondere in tropischen Ländern kommen zahlreiche weitere Floharten vor mit zum Teil äußerst unangenehmen Auswirkungen auf den Menschen. Eine weitere Auflistung würde den Rahmen dieser Beschreibung jedoch sprengen.