Gartenerdbeere

Von Ernst-Otto Pieper

 

Gartenerdbeer-Ernte; Foto: E.-O. Pieper

Die Gartenerdbeere (Fragaria ×ananassa, Syn. Fragaria ×magna), gibt es erst seit ca. 250 Jahren.

Französische Siedler fanden entlang des kanadischen Sankt-Lorenz-Stromes leuchtend scharlachrote Erdbeeren, die sehr aromatisch schmeckten und zugleich recht groß waren. Als „Amerikanische Scharlacherdbeere“ fand diese langkegelförmige Frucht rasch Eingang in die botanischen Gärten Europas.
Englische Siedler entdeckten in Virginia eine weitere Form der Schlarlacherdbeere (Fragaria virginiana) mit fast kugelrunden Früchten.

1820 gab es bereits 70 Sorten der Scharlacherdbeeren.

Die direkten Vorfahren der großen roten Erdbeeren, die heute den heimischen Markt bestimmen, kommen ebenfalls aus Übersee. Sie sind eine Kreuzung aus der kleinen amerikanischen Scharlach-Erdbeere mit der großfruchtigen „Schönen von Chile“, die der französische Fregattenkapitän und Hobbybotaniker Amédée François Frezier 1714 von seinen Fahrten mitbrachte.
Diese Chile-Erdbeere sah ganz anders aus als die bisher bekannten Arten: ledrigstarre, blaugrüne Blätter, behaarte Stängel und sensationell große Früchte. Sickler, der diese Erdbeeren aus dem Hohenheimer Hofgarten des Herzogs von Württemberg kannte, schrieb seine Begeisterung 1805 nieder: „Eine Erdbeere, die so groß ist wie ein mäßiges Hühnerei. Gott im Himmel – welche Wohltat für unsern Gaumen und Zunge, und nur ein halbes Dutzend solcher Erdbeeren, welch‘ ein Göttergericht!“
Nach längerem Beobachten zeigte sich jedoch, dass die Pflanzen kaum Früchte ansetzten und deutlich unter der Winterkälte litten. Die bretonischen Bauern hatten den Grund für die geringen Erträge wesentlich schneller als die deutschen Gärtner herausgefunden. Chile-Erdbeeren waren zweihäusig, es gab also rein männliche und rein weibliche Pflanzen. Die Bretonen setzten die Chile-Erdbeeren deshalb zwischen Schlarlacherdbeeren und garantierten so die Befruchtung der Blüten. Die Walderdbeere war als Befruchtersorte ungeeignet. Mit dieser Anbaumethode hatten die Franzosen so viel Erfolg, dass sie von 1750 an in der Hochsaison im Hafen von Brest täglich 20 Schiffe mit Erdbeeren beladen konnten.

Um 1750 tauchte in Amsterdam eine neue Art von Erdbeeren auf. Sie wurde von den Holländern wegen ihres Geschmackes und der Form „Ananas-Erdbeere“ genannt.

Der Gärtner Antoine Nicolas Duchesne erkannte, dass es sich um eine Mischform handelte, hervorgegangen aus Blüten der Chile-Erdbeere, die mit Pollen der Schlarlacherdbeere bestäubt worden waren.
Diese Artkreuzung ist die Stammform unserer heutigen Gartenerdbeere. Aber erst 1840 begann man in der Nähe von Baden-Baden mit dem erwerbsmäßigen Anbau in Deutschland.

Inzwischen gibt es weit über tausend Sorten mit recht unterschiedlichen Boden- und Klimaansprüchen, verschiedenem Aussehen, Geschmack und Wuchshabitus und jedes Jahr kommen ein paar neue hinzu.

Die Erdbeere ist eine Scheinfrucht. Botanisch betrachtet ist sie eine Sammelnussfrucht und die gelben Körnchen an ihrer Oberfläche heißen Nüsschen. Das rote Fruchtfleisch der Erdbeere ist ein verdickter Fruchtboden und die Nüsschen, die eigentlichen Früchte, sind die Samen.