Gefährdungsursachen einheimischer Fledermäuse

Von Thomas Munzert, M.Sc.

Fledermäuse üben seit jeher eine besondere Faszination auf den Menschen aus. Dabei genossen sie in früheren Zeiten kein gutes Ansehen. Vor allem durch ihre Fähigkeit ihren Flug auch in völliger Dunkelheit sicher zu vollführen, wurde ihnen in vielen Kulturen ein Pakt mit allerlei bösen Mächten nachgesagt und die Tiere als Boten drohenden Unheils betrachtet. Doch trotz der Tatsache, dass sich unser Bild von dieser einzigen zu aktivem Flug befähigten Säugetierordnung bis heute grundlegend gewandelt hat, sind viele Fledermausarten in ihrem Bestand bedroht. Im Folgenden soll ein Überblick über die verschiedenen Gefährdungsursachen unserer einheimischen Fledermausarten gegeben werden.
Mit Wasserfledermaus (Myotis daubertonii), Fransenfledermaus (Myotis natteri), Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus), Weißrandfledermaus (Pipistrellus kuhlii) und Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) gelten nach der Roten Liste der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten in Deutschland aus dem Jahr 2009 lediglich fünf der insgesamt 25 aufgeführten Fledermausarten als nicht in ihrem Bestand gefährdet. Mit der Großen Bartfledermaus (Myotis brandtii), der Kleinen Bartfledermaus (Myotis mystacinus), dem Großen Mausohr (Myotis myotis), dem Großen Abendsegler und dem Braunen Langohr (Plecotus auritus) werden fünf Arten in der Vorwarnliste geführt. Die übrigen 15 Arten gelten als unterschiedlich stark gefährdet, bzw. ließen sich aufgrund einer unzureichenden Datenlage nicht einstufen. Die Langflügelfledermaus (Miniopterus schreibersii) gilt als bereits in Deutschland ausgestorben (vgl. https://www.bfn.de/0322_rote_liste.html). Die Gründe für die Gefährdung der einheimischen Fledermäuse sind vielfältig.

Nasse und kalte Sommer können dazu führen, dass die Tiere nicht genügend Fettreserven für den Winterschlaf anlegen können und so in ihren Winterquartieren verenden, wenn ihre Fettdepots vorzeitig aufgebraucht sind. Auch ein klimatisch ungünstiges Frühjahr mit zu wenigen Beutetieren kann zu Verlusten unter den vom Winterschlaf geschwächten Fledermäusen führen (GEBHARD 1997). Ursache für ein Fehlen von Beutetieren kann aber auch der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft sein. Fledermäuse sind auf funktionierende Nahrungsketten angewiesen (GEBHARD 1997). Gehen Teile dieser Nahrungsketten verloren, sind auch Fledermäuse bedroht. Neben dem Pestizideinsatz sind auch das Ausräumen der Landschaft, die Melioration der Böden und die Umwandlung von Grün- in Ackerland als Beispiele für Ursachen des Rückgangs der Beuteinsekten sowie für den direkten Verlust geeigneten Lebensraumes zu nennen (DIETZ, HELVERSEN, NILL 2007).

Daneben reicherten sich mit der Nahrung aufgenommene Insektizide wie z.B. das fettlösliche Toxin DDT bis zu seinem Verbot in Deutschland im Jahr 1977 im Fettgewebe der Fledermäuse an. Benötigten die Tiere beispielsweise während des Winters große Mengen Energie um die Kälteperiode zu überstehen, wurden mit der Verbrennung des Körperfettes auch die Toxine wieder frei und konnten so zum Tod der Tiere führen (DIETZ, HELVERSEN, NILL 2007).

Neben dem direkten Quartierverlust durch das Verschließen von Quartiereinflügen z. B. im Zuge von Renovierungsmaßnahmen an Gebäuden ging auch von einigen verwendeten Holzschutzmitteln eine erhebliche Gefahr vor allem für die gebäudebewohnenden Fledermausarten aus. Holzschutzmittel auf DDT- und Lindanbasis sind hochtoxisch und wurden von den Tieren über die Haut aufgenommen. Der Verlust ganzer Kolonien war die Folge (KULZER 1994). Besonders betroffene Arten waren Große Hufeisennase (Rhinolophus ferrumeqinum), Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros), Großes Mausohr, Graues Langohr (Plecotus austriacus) und Teichfledermaus (Myotis dasycneme) (LEEUWANGH & VOUTE 1985).

Neben Veränderungen in der Landwirtschaft wirkten sich auch Bewirtschaftungsformen der Forstwirtschaft negativ auf die Bestände von Fledermäusen aus, wie etwa die großflächige Umwandlung von potentiell natürlichen Laubwäldern in Nadelwälder. In Verbindung mit einer kürzeren Umtriebsdauer und dadurch fehlendem Tot- und Altholz nahm das Quartier- und Nahrungsangebot drastisch ab (DIETZ, HELVERSEN, NILL 2007). Auch ein übermäßiges Durchforsten von Wäldern, wobei nur die sogenannten Zukunftsbäume belassen werden, gefährdet Fledermäuse erheblich. So konnten KÖNIG & KÖNIG nur noch zwei von vormals sieben Fledermausarten in einem Wald, der nach oben beschriebener Vorgehensweise durchforstet wurde, nachweisen (KÖNIG & KÖNIG 2010). Auch fallen immer wieder Tiere dem Holzeinschlag zum Opfer, indem Quartierbäume gefällt werden, während sich die Tiere in diesen aufhalten. Hiervon sind vor allem auch in Baumhöhlen überwinternde Arten wie der Große Abendsegler (Nyctalus noctula) betroffen, da das Fällen von Bäumen in der Regel während der Wintermonate durchgeführt wird (GEBHARD 1997).

Eine weitere Hauptursache für die Gefährdung der Fledermäuse stellt die zunehmende Habitatfragmentierung z.B. durch den Straßenbau sowie die Zersiedelung der Landschaft bei gleichzeitigem Rückgang dörflicher – und damit strukturreicher – Bereiche dar (DIETZ, HELVERSEN, NILL 2007). Mit der Zerschneidung der Lebensräume gehen auch Verluste von Individuen durch den Straßenverkehr einher (HAENSEL & RACKOW 1996).

Eine Gefährdung von Fledermäusen ergibt sich in jüngerer Zeit auch durch Windenergieanlagen (WEA). Dabei sterben die Tiere nicht nur, wenn sie direkt von einem Rotorblatt getroffen werden, sondern auch durch Barotraumata die sie bei zu nahem Vorbeiflug an einer WEA erleiden. Barotraumata werden durch die Luftdruckveränderungen infolge der sich drehenden Rotorblätter hervorgerufen. Ende 2014 waren 24.867 WEA in Deutschland fertiggestellt (vgl. https://www.wind-energie.de/themen/statistiken/deutschland). ITTERMANN konnte zwischen 2008 und 2010 unter 123 WEA insgesamt 158 tote Fledermäuse in mindestens sieben Arten nachweisen (ITTERMANN 2012). 65% der Tiere waren Große Abendsegler und damit eine hoch im freien Luftraum fliegende Art. Deutschland ist ein wichtiges Überwinterungs- und Transitland für migrierende Fledermäuse. Daher sind die WEA in Deutschland zusätzlich kritisch zu betrachten (LEHNERT et al. 2014). So sehen z. B. KÖNIG & KÖNIG errichtete WEA als Hauptursache für den Rückgang des Großen Abendseglers in der Nordpfalz, welcher hier ein tradiertes Überwinterungsgebiet hat (KÖNIG & KÖNIG 2009).

Heute gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen, aus der ein jeder Anleitungen zum Schutz von Fledermäusen beziehen kann. Doch die Handlungsfähigkeit von Privatleuten und Naturschutzverbänden ist begrenzt. Um unsere einheimische Biodiversität – und damit auch die Fledermausfauna – wirksam zu schützen und zu fördern, ist ein Umdenken auf politischer Ebene unverzichtbar.

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QUELLEN:

DIETZ, C.; HELVERSEN, O. von; NILL, D. (2007): Handbuch der Fledermäuse Europas und Nordwestafrikas. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart.

GEBHARD, J. (1997): Fledermäuse. Birkhäuser Verlag, Basel.

HAENSEL, J. & RACKOW, W. (1996): Fledermäuse als Verkehrsopfer – ein neuer Report. Nyctalus (N. F.) 6, 29 – 47.

ITTERMANN, L. (2012): Erste Ergebnisse dreijähriger Schlagopfersuche unter Windenergieanlagen im Landkreis Oder-Spree in Ost-Brandenburg. Nyctalus (N. F.) 1 – 2, 96 – 103.

KULZER, E. (1994): Methoden zur Prüfung von Holzschutzmitteln auf Verträglichkeit bei Fledermäusen. Nyctalus (N. F.) 5, 149 – 168.

KÖNIG, H. & W. (2009): Rückgang des Großen Abendseglers (Nyctalus noctula) in der Nordpfalz. Nyctalus (N. F.) 14, 103 – 109.

KÖNIG, H. & W. (2010): Waldbewirtschaftung auf Kosten der Fledermäuse – ein Beispiel aus Rheinland-Pfalz. Nyctalus (N.F.) 15, 276 – 282.

LEEUWANGH, P. & VOUTE, A. M. (1985): Bats an woodpreservatives. Pesticide residues in the Durch pond bat (Myotis dasycneme) and its implications. Mammalia 49, 517 – 524.

LEHNERT, L.S.; KRAMER-SCHADT, S.; SCHÖNBORN, S.; LINDECKE, O.; NIERMANN, I.; VOIGT, C. C. (2014): Wind Farm Facilities in Germany kill Noctule Bats from Near and Far. PLOS ONE 9(8), e103106. doi:10.1371/journal.pone.0103106