Graugans

Anser anser (LINNAEUS, 1758)

Von Ernst-Otto Pieper

Graugänse; Foto: E.-O. Pieper

Ordnung:                Anseriformes (Entenvögel)
Familie:                  Anatidae
Unterfamilie:         Anserinae (Schwäne und Gänse)

Zwei Unterarten:   Anser anser anser im westlichen Teil des Verbreitungsgebietes
                             Anser anser rubirostris in Osteuropa

Auch:                      Deutsche Gans, Stammgans, Sommergans

Kennzeichen:

  • Stammform der Hausgans.
  • Beide Geschlechter tragen gleiches Kleid.
  • Brutkleid gleich Ruhekleid.
  • Die hellste der „grauen“ Gänse, sieht der wildfarbigen Hausgansrasse sehr ähnlich; Graugans ist jedoch leichter gebaut und beweglicher.
  • Heller Kopf und Hals, die nie dunkler als das übrige Gefieder sind.
  • Silbergrauer Vorderrand der Flügel.
  • die Halsfedern sind streifig angeordnet (wirkt gerillt).
  • Schnabel stets ohne Schwarz.
  • Schnabelfarbe bei der westlichen Unterart (Anser anser anser) orangegelb; bei der östlichen Unterart (Anser anser rubirostris) rosarot mit weißem Nagel.
  • Ruder sind rot bis orange gefärbt.
  • die Schnabelschneiden an Ober- und Unterschnabel sind mit zahnartigen Hornbildungen besetzt (Weideschnabel, wie bei allen Feldgänse).
  • Ober- und Unterschwanzdecken sind weiß (auch bei den anderen Feldgänsen).
  • Jungvögel ähneln den Eltern; Schnäbel und Ruder sind bei geschlechtsreifen Tieren immer farbig.

Größe / Gewicht:

  • Kleiner als Hausgans; größte und zugleich schwerste europäische Feldgans.
  • durchschnittliche Länge: Ganter 82,5 cm; Gans 70,5 cm.
  • Gewicht: Ganter ca. 3000 bis 4000 g, Gans 2500 bis 3500 g (das Gewicht unterliegt jahreszeitlichen Schwankungen).
  • Flügelspannweite: ca. 160 bis 165 cm.

Vorkommen:

  • Brutgebiet: Island und Nordschottland, norwegische Westküste, Dänemark, Südschweden,
  • Außer in Europa in Mittelasien ostwärts bis zum Amur.
  • In Deutschland starke Ausbreitung.

Biotop:

  • Stehende Gewässer mit ausgedehnten, alten Rohrbeständen und Verlandungszonen. Bruchgebiete mit Weiden und Schilfbeständen, Mündungsgebiete von Strömen, sofern Rohrbestände vorhanden sind.
  • In Schottland auch auf Heidemooren im Hügelland und auf kleinen Inseln im Meer.

Wanderungen:

  • In Nord- und Mitteleuropa beheimatete Graugänse überwintern vor allem in den westlichen Mittelmeerländern, zum Teil auch im Küstengebiet der Nord- und Ostsee.
  • Schottische Graugänse überwintern im Brutgebiet.
  • Rückkehr ins mitteleuropäische Brutgebiet: zweite Februarhälfte; Abflug: September / Oktober.

Lebensweise:

  • während der Sommermauser (Vollmauser; Wildgänse mausern nur einmal im Jahr) im Anschluss an die Brutzeit sind sie für vier bis sechs Wochen flugunfähig, da sie alle Schwungfedern zur gleichen Zeit mausern. Beginn der Mauser nicht bevor die Gössel 4 Wochen alt sind.
  • Neue Schwingen wachsen täglich 9 bis 10 mm.
  • Flugfähigkeit, wenn 60 bis 70% der Handschwingen vorhanden.
  • Die Rast- und Sammelplätze, an denen sich die Graugänse außerhalb der Brutzeit zusammenscharen, befinden sich zumeist an größeren Gewässern, auf denen sie gemeinsam übernachten.

Sinne:

  • Schnabelspitz-Organ (Bill-Tip-Organ).
  • Herbstsche Körperchen.
  • Äugen scharf

Stimme:

  • Ruft „ga-ga-ga-ga-gah“, entspricht dem Schnattern der Hausgans.
  • außerdem sind zahlreiche andere Laute beschrieben worden (Warnlaute, Stimmungslaute, Triumphgeschrei).
  • Stimmfühlung im Flug.
  • Zischen bei Angriff und Verteidigung.

Fortpflanzung:

Paarbildung

  • zumeist im dritten Lebensjahr geschlechtsreif.
  • Paarbildung im Herbst.
  • die jungen Paare finden sich in ihrem ersten Winter zusammen, leben dann aber noch einen oder zwei Sommer als Verlobte zusammen bevor sie brüten.

Art der Ehe

  • fällt ein Partner aus, bleibt der andere fast immer zeitlebens allein.

Nest

  • abhängig von den Witterungsverhältnissen nach Rückkehr in das Brutgebiet, vergehen zumeist mehrere Wochen, bis mit dem Nisten begonnen wird – meist Anfang April.
  • einzeln brütende Graugänse bilden in der Nestumgebung feste Reviere, die vom Ganter verteidigt werden; wo sie kolonieartig dicht brüten, wird nur die unmittelbare Nestumgebung verteidigt.
  • Nest in Gewässernähe auf festem Land. Teilweise sogar in Greifvogelhorsten.
  • Graugänse sind in der Wahl ihrer Nistplätze sehr anpassungsfähig. Auf Inseln im Krakower Obersee (Nähe Schwerin) brütet sie auch in der Strauchschicht von Laubholzbeständen. In den Überschwemmungsgebieten in Südmähren nistet sie regelmäßig auf Kopfweiden. Wenn Prädatoren fehlen, nistet die Graugans auch freistehend. Seit einigen Jahren brüten Graugänse im Norden Mecklenburgs auf Bäumen, indem sie alte Greifvogelhorste in 14 m Höhe benutzen.
  • wichtig ist, das die Gössel in den ersten Lebenstagen ausreichend Deckung haben, und da die Gössel sehr frühzeitig Gras äsen, sind in Ufernähe geeignete Äsungsplätze erforderlich.
  • es ist gewöhnlich ein umfangreicher (bis zu einem Meter Durchmesser und über 20 cm Höhe) lockerer Bau, der von der Gans aus Schilf und Rohr gebaut wird. Es ist innen mit dürren Pflanzenteilen ausgelegt und mit Dunen ausgepolstert.
  • vor der Brutzeit wachsen den Gänsen auf der Unterseite zusätzliche Dunen (sog. Nestdunen), die kurz vor Vollendung des Geleges ausfallen. Mit diesen wird die Nestmulde ausgekleidet. Darüber hinaus wird das Gelege zum Schutz gegen Sicht und zur Vermeidung von Wärmeverlust mit diesen Dunen zugedeckt.

Brut

  • 4 bis 9 grauweiße, glanzlose Eier (85,3 mm x 58,0 mm; 150 bis 200 g).
  • bei kolonieartig brütenden Graugänse sind Mischgelege (mehrere Gänse legen in ein Nest) nicht selten, dadurch können Gelege mit Eizahlen von über 12 entstehen.
  • Ende März / April, variiert sehr stark; eine Jahresbrut.
  • die Bebrütung beginnt erst, wenn das letzte Ei gelegt ist.
  • es brütet nur die Gans; der Ganter hält Wache.
  • Ausfallen nach 28 bis 29 Tagen; Ausfallen der Gössen gewöhnlich innerhalb eines Tages (48 Stunden vor Schlupf Stimmkontakt).
  • die Gössel sind Nestflüchter, haben ein dichtes Dunenkleid und suchen sich alsbald nach dem Ausfallen unter elterlicher Führung ihre Nahrung selbst.
  • die Eltern verlassen nach dem Ausfallen des letzten Gössels die unmittelbare Nestumgebung (Reihenfolge: Gans – Gössel – Ganter).
  • die Gössel sind, abhängig von Witterungs- und Ernährungsbedingungen, erst nach 8 bis 10 Wochen flugfähig und mit etwa 4,5 Monaten erwachsen.

Alter:

  • Graugänse können bis 40 Jahre alt werden.

Nahrung:

  • ausgesprochene Vegetarier.
  • äsen fast ausschließlich Gras, Saat, Raps, Seegras, Sämereien und Wurzeln.
  • Graugänse äsen am Tage und liegen nachts auf dem Wasser.
  • Streichen zur Nahrungssuche 5 bis 30 km vom Schlafplatz.
  • Nahrungsbedarf ca. 1/3 des Körpergewichts pro Tag.