Großer Abendsegler

Nyctalus noctula SCHREBER, 1774

Von Ernst-Otto Pieper

Großer Abendsegler im Fledermauskasten; Foto: E.-O. Pieper


Unterordnung:       Fledermäuse (Microchiroptera
Familie:                 Glattnasenartige (Vespertilionidae)
Gattung:                 Abendsegler (Nyctalus)

4 Unterarten

Kennzeichen:

  • Eine der größten Fledermausarten in Europa.
  • Flügelspannweite bis 40 cm.
  • Sehr auffällige Drüsenwülste in den Mundwinkeln (bei geöffnetem Mund sichtbar).
  • Breite, dreieckige, an der Spitze abgerundete Ohren.
  • Pilzförmiger Tragus.
  • Kann mit dem Kleinen Abendsegler oder der Breitflügelfledermaus verwechselt werden.
  • Bei Erregung starker Moschusgeruch.

Fell:    

  • Kurze und enganliegende Behaarung.
  • Haare einfarbig, Unterseite mattes, helleres Braun, Oberseite im Sommer rostbraun glänzend.
  • Nach Fellwechsel (August/September) Oberseite matt fahlbraun, z.T. leichter grauer Schimmer.
  • Jungtiere auf der Oberseite mattbraun und insgesamt dunkler.
  • Ohren, Schnauze und Flughäute schwarzbraun.

Größe / Gewicht:      

  • Kopf-Rumpf-Länge 60 bis 82 mm.
  • Gewicht 19 bis 40 g.
  • Flügelspannweite 320 bis 400 mm.

Vorkommen:               

  • Europa mit Ausnahme des nördlichen Skandinavien, Schottlands und Irlands.
  • Weite Teile Asiens (von Kleinasien bis Japan und Malaysia) sowie Nordafrika.
  • Kommt in ganz Deutschland vor.

 

Lebensraum:

  • Besiedelt hauptsächlich Laubwälder, weniger häufig Kiefernwälder (Typische Waldfledermaus), Parkanlagen, baumbestandene Fluss- und Teichufer, Auwälder, Alleen und Einzelbäume im Siedlungsbereich.
  • Typischer Baumbewohner. Nutzt aber auch Gebäude und Fledermauskästen.
  • Lange Wanderungen (Fernzieher) zwischen Sommer- und Winterquartier (längste nachgewiesene Strecke: 1546 km).
  • Weibchen und Jungtiere ziehen früher als die ausgewachsenen Männchen.
  • Größtes derzeit bekanntes Winterquartier in Mitteleuropa ist die alte Levensauer Hochbrücke.

Lebensweise:

  • Jagt mit schnellem Flug (durchschnittlich 20 bis 40 km/h) überwiegend in der Abend- und Morgendämmerung.
  • Können auch Fluggeschwindigkeiten von 50 bis 60 km/h erreichen.
  • Fernwanderer (bis 1.600 km). Wanderungen bis 1.000 km sind keine Seltenheit.
  • Jagt meist über den Baumwipfeln, auf abgemähten Flächen, in Parks oder über Gewässer.
  • Nutzt als Jagdgebiet sowohl Fließ- und Stillgewässer als auch Waldränder, Wälder, Weiden und Wiesen.
  • Die Jagdreviere können bis zu 10 km von den Wochenstubenquartieren entfernt sein.
  • Sowohl die Wochenstubenquartiere als auch die Sommerquartiere der Männchen befinden sich in Baumhöhlen. Meistens findet man sie in nach oben ausgefaulten Specht-, Fäulnis- und durch Sturmschäden entstandenen Höhlen sowie in Stammaufrissen oder Borkenspalten. Inzwischen sind auch Quartiere in und an Gebäuden, hinter Außen- und Wandverkleidungen aus Holz, Beton, Blech oder Eternit, in Plattenspalten oder an Flachdachkanten und entsprechend großen Fledermauskästen bekannt.
  • Ab Ende Februar/März können Große Abendsegler bereits wieder im Fortpflanzungsgebiet erscheinen.

Ernährung:

  • Überwiegend fliegende Insekten (hauptsächlich Nachtfalter, größere Zweiflügler und Käfer).
  • Bevorzugte Beute sind weichhäutige Insekten wie Eintags- und Köcherfliegen oder Zuckmücken.

Alter:

  • Höchstalter 12 Jahre
  • In freier Natur erreichen die meisten Tiere ein Durchschnittsalter von 2,3 Jahren.

Lautäußerungen:

  • Ortungsrufe: Hauptfrequenz 18 bis 27 kHz
  • Ruflänge 6 bis 26 ms.
  • 2,3 bis 6,7 Rufe/s.
  • Mit 100 bis 150 m sehr große Hörweite.
  • Größere Wochenstuben- und Winterquartiergemeinschaften äußern oft in Intervallen laute, gut hörbare schrille Rufe, durch die ihre Quartiere gefunden werden können

Fortpflanzung:

  • Paarung zwischen August und Oktober.
  • Im April/Mai finden sich die Weibchen in den Wochenstubenquartieren ein.
  • In den Wochenstubenquartieren sind durchschnittlich 20 bis 60 Weibchen (in einzelnen Fällen über 100).
  • Hohe Geburtsorttreue.
  • Weibchen bringen Mitte Juni/Anfang Juli in der Regel ein Junges pro Jahr, häufig auch Zwillinge.
  • Während der Jungenaufzucht leben die Männchen getrennt von den Weibchen einzeln oder in kleinen Gruppen (bis zu 20).
  • Flugfähigkeit der Jungen nach etwa 4 Wochen.
  • Ab Juli beziehen die Männchen ihre Territorien zur Paarung. Sie markieren ihr Quartier mit dem Sekret der Buccaldrüsen und versuchen, durch Rufe Weibchen anzulocken.
  • In den „Hochzeitsquartieren“ können sich dann 5 bis 10 Weibchen einfinden. Paarungen sind auch im Winterquartier möglich.
  • Geschlechtsreife der Weibchen im 1. Lebensjahr; Männchen im 2. Lebensjahr.

Kot:

  • Kotdurchmesser: 3 bis 3,5 mm.

Krankheiten / Verluste:

  • Die Fledermaustollwut – welche nicht mit der Fuchstollwut identisch ist – wird vom Europäischen Fledermausvirus (European Bat Lyssavirus, EBLV, Typ I u. II) ausgelöst und wurde 2003 insgesamt 13-mal in Deutschland festgestellt. Am häufigsten ist die Breitflügelfledermaus infiziert.
  • Verluste durch tag- und nachtaktive Raubtiere, vor allem Katzen; Eulen; Windkraftanlagen.
  • Gefährdung vor allem durch Fällung von quartierbietenden Bäumen und Zerstörung oder Versiegelung ihrer Winterquartiere.
  • In sehr kalten Wintern können Verluste durch Erfrieren auftreten, kurzzeitiges Absinken der Temperatur im Quartier unter 0° wird aber toleriert.
  • Durch den Einsatz von Insektiziden bei der Bekämpfung von Forstschädlingen, wie dem Maikäfer oder dem Prozessionsspinner, wird nicht nur der Insektenreichtum reduziert, er führt auch zu einer Anreicherung der Wirkstoffe in den Fledermäusen und damit zu einer Vergiftung der Tiere.

Schutz:

  • Streng geschützte Art.