Hasenjagd im Wandel der Zeiten

Von Ernst-Otto Pieper

Die Ausübung der Jagd auf Hasen hat im Wandel der Zeiten vielfach gewechselt. Gegenstand dieser Betrachtung sollen daher auch nur die letzten drei Jahrhunderte sein.

Hasenjagd im 18. Jahrhundert Gemälde von Kobell

WOLF HELMHARD VON HOHBERG (1612 bis 1688) (Adliges Land- und Feldleben, Georgica curiosa 1682 bis 1715) nennt es Aasjägerei, den Hasen im tiefen Schnee mit zu vielen Windhunden zu hetzen. Die Hetzjagd wurde mit
Windhunden betrieben. Der Jäger war zu Pferde und ritt die Äcker auf und nieder, um einen Hasen im Lager zu sichten. „Sobald man eines ansichtig wird, so wirft man sich mit dem „Klöpper“ oder Jagdrosse herum, lässt die
Windhunde Ios und hält ein Geschrei dadurch die „Winde“ an den Hasen gehetzt und gebracht werden.“ Unter den Windhunden gab es Exemplare, die den erbeuteten Hasen „anschnitten“; die gutgezogenen „apportierten“ ihrem Herrn der erjagten Lampe. Die Jägerei sah deshalb darauf, unter den Hunden einen sogenannten „Retter“ zu
haben, dessen Aufgabe darin bestand, die anderen Hunde abzubeißen, wenn sie den Hasen im Eifer der Jagd „schneiden“ bzw. verzehren wollten.

HOHBERG kennt zwei Arten der Hasenjagd:

1. die Hetzjagd und
2. die Netzjagd.

Bei der ersteren ritten die Jäger in einer Linie – geöffnet – über das Feld. Die Windhunde waren auf die Flügel und in die Mitte verteilt; sie waren in „Hetzen“ eingeteilt: jede Hetz bestand aus zwei Hunden.
Der Leitriemen war um den Leib des Jägers geschnallt, dann durch das Halsband des Hundes gezogen und endete in der Hand des Führers. Dadurch war dieser imstande, die Hunde rasch zu lösen, indem er das festgehaltene Ende des Riemens Ios ließ. Sah ein Jäger einen Hasen sitzen, so rief er – wohl damit der Hase, dem man allerhand Schlauheit zutraute (nach dem Glauben der damaligen Zeit war der Hase ein überaus listiges Tier), den Ruf nicht verstehe – dem Nachbarjäger das böhmische Wort „Nenniho“ zu, das auf Deutsch besagt: „Er ist nicht da“, also das Gegenteil der Realität! Wenn der Hase hoch wurde, hetzte der Jäger seine Hunde an, und ein oder zwei Berittene nahmen die Verfolgung auf, bis Lampe zur Strecke gebracht oder endgültig entkommen war.

Die zweite Jagdart, die Jagd mit Netzen, nennt HOHBERG ein „lustiges Waidwerk“. Der zu bejagende Revierteil wurde teils mit Netzen, teils mit Treibern umstellt, die möglichst dicht standen. Bei jedem Netz war ein Posten aufgestellt und mit einem handfesten Knüppel versehen. Auch die Treiberwehr war mit „Knüppeln und Prügeln“ gewaffnet und rückte mit lautem Schreien vor. Vor der Treiberwehr gingen die Jäger mit Bracken, die die aufgestöberten Hasen gegen die Netze jagten, in denen sie totgeschlagen oder von den Hunden abgewürgt wurden.
Auch mit den Falken wurde der Hase „gebeizt“.
Die Stöberhunde suchten das Feld nach Hasen ab, während der Jäger mit dem Beizvogel zu Pferde folgte. Am Riemen wurden einige Windspiele mitgeführt. Sobald der Hase aus dem Lager aufstand, wurden die Windhunde gelöst. Der Falke stieß auf den Hasen, bis es den Hunden gelang, den Hasen zu greifen. COLERUS nennt diese Jagdart „ein sehr lustiges Waidwerk, wer recht damit kann umgehen“.

Die „Jagd-Ordnungen“ des 18. Jahrhunderts brachten dem Hasen eine kleine Ruhepause. So bestimmte die Rheingauer Forst-Ordnung von 1737, dass „der Hase mit der Jagd in der Zeit vom 16. März bis 24. August zu verschonen sei“. In der Kaiserlichen Hatz- und Beiz-Ordnung vom 18. März 1675 heißt es:

„Sind die Hatzen mit Chiens courants, weil hierdurch sowohl der lieben Getreiden als auch den Weingärten großer Schaden zugefügt wird, gänzlich aufgehebet.“

Die Hasenjagd und das Hetzen wird „verwilliget von der Zeit an, wenn der Haber aus dem Felde kommt (Hafer geerntet wird), bis zu Ende des April“, d. h. in dieser Zeit gab es für den Hetzer keine Grenzen, nur das „Kaiserliche Gejaid“ musste unberührt bleiben; der Hetzer konnte aber das ganze Jahr hindurch auf seinem eigenen Grunde hetzen, d. h. an den Feldern seiner Bauern „mit Diskretion“, dass den Feldfrüchten kein Schaden zugefügt werde.

Im Jahre 1719 erschien in Leipzig HANS FRIEDRICH VON FLEMMINGS (1670 bis 1733) bekanntes Buch „Der vollkommene teutsche Jäger“ (Leipzig, 1724-49). Er empfiehlt, den Hasen mit Netzen zu umstellen, um ihn in die Maschen zu jagen, er gibt aber selbst zu, dass sie mit der Netzjagd „gar zu sehr vertilget“ würden und rät das „Klopff-Jagen“ an. Auch HEINRICH WILHELM DOEBELS (1699 bis 1759) „Jäger-Praktika“ (Leipzig 1746) nennt unsere uralte Treibjagd „Klopff-Jagden“; die Erlegung erfolgte, wie noch heute, mit dem Schrotschuss.

Daneben wurden immer noch Hasen mit den Windhunden gehetzt, mit dem Habicht gebeizt oder in Gruben und Schlingen gefangen. FLEMMING ist allerdings der Meinung, dass die letztgenannten Erlegungsarten „schimpflich“ seien.
Inzwischen hatte das Perkussionsgewehr die Radschlossflinte verdrängt; erst im Jahre 1820 wurde das Zündhütchen erfunden. Die Zündung wurde dadurch unabhängiger von Schnee und Regen, auch das „Blitzen“ auf der Pfanne hatte aufgehört. In den 1850er Jahren kam das Hinterladergewehr des französischen Büchsenmachers CASIMIR LEFAUCHEUX (1802 bis 1852) in Aufnahme, eine Erfindung, die schon im Jahre 1835 gemacht wurde, aber lange sich nicht durchsetzen konnte.
Die Veränderungen in der Waffentechnik hatten auch Veränderungen in der Ausübung der Jagd zur Folge. Die „Hasentreibjagden“ fanden in dem gleichen Maße weitere Verbreitung, als die Jagdwaffen leichter und handlicher wurden. Der bedeutende deutsche Forstwissenschaftler GEORG LUDWIG HARTIG (1764 bis 1837) (Lehrbuch für Jäger und die es werden wollen, Stuttgart 1810/1812) empfiehlt im Jahre 1832 bei der Hasentreibjagd für hohe Herren „Blendungen“, d. h. Prellnetze, wie sie früher im „eingestellten Jagen“ üblich waren. Diese Netze will er nicht nur beim Wald-, sondern auch beim Feldtreiben behalten; er rühmt, dass in den württembergischen „Leibgehegen“ nicht selten Treibjagden gemacht worden seien, wobei in wenigen Stunden einige tausend Hasen geschossen wurden.

Strecke nach einer Treibjagd in Eddelak (Kreis Dithmarschen)

Heute ist die „Treibjagd“ die Hauptart der Jagdausübung auf Hasen; die „Suche“ gilt in weiten Kreisen als unweidmännisch.
Erfahrungsgemäß werden dabei weit mehr Häsinnen als Hasen geschossen; sie ist also vom hegerischen Standpunkt aus nicht ratsam.
Die Auffassung vieler älterer Jäger, dass ein fest in der Sasse liegender Hase in der Regel eine Häsin sei, ist durch methodische Untersuchungen ins Wanken gebracht und kann deshalb nicht mehr ohne weiteres als „richtig“ angesehen werden.
Auch der „Anstand“ oder „Ansitz“ auf Hasen wird nur noch selten ausgeübt.
Bei allem „Weidwerk“, wie auch bei der Jagd auf den vielverfolgten Lampe, wollen wir den alten Spruch beherzigen:

Das Herz, das nicht mit Tieren hat Erbarmen,

Das wird auch nicht für Menschenleid erwarmen.