Haubentaucher historisch

Grebes (Haubentaucher) historisch – einst ein begehrter Lieferant des kostbaren Taucherpelzes

Von Ernst-Otto Pieper

Die Familie Lappentaucher, zu der ja der Haubentaucher zählt, ist stammesgeschichtlich sehr alt. Ihr Ursprung lässt sich 80 Millionen Jahre zurückverfolgen. Heute leben weltweit 23 Arten dieser Vogel-Familie.

Alle Lappentaucher haben ein außerordentlich weiches, dichtes und wasserabweisendes Gefieder. Das aus mehr als 20.000 Federn bestehende Kleid ist insbesondere im Brust- und Bauchbereich so dicht, dass man kaum in der Lage ist, eine einzelne Feder zu erkennen. Besonders das Prachtkleid ist oft durch leuchtende Farben an Kopf und Hals gekennzeichnet. Oft tragen Lappentaucherarten auffällige Hauben, Schöpfe oder Ohrbüschel. Das Schlichtkleid hingegen zeigt meist graue und braune Farben. Ein auffälliger Geschlechtsdimorphismus besteht nicht.

Schon der griechische Naturforscher und Philosoph Aristoteles (*384 v. Chr.; +322 v. Chr.) beschäftigte sich 300 vor Chr. mit Lappentaucher und schreibt in seiner Historia animalium: „Der Lappentaucher lebt am Meere, und wenn er sich in die Tiefe stürzt, bleibt er so lange unter Wasser, wie ein Mensch braucht, um 35 Meter zurückzulegen. Auch einer der berühmtesten und wichtigsten Naturforscher und Gelehrten der Schweiz, Conrad Gesner (*16. Oder 26.03.1516; +13.12.1565) berichtet in seinem Vogelbuch 1557 ausführlich über den Körperbau und die Biologie des Haubentauchers sowie über sein Vorkommen auf den Schweizer Seen.

Für Jäger der vergangenen Jahrhunderte war die Jagd auf den Haubentaucher außerordentlich schwierig. So schreibt der deutsche Ornithologe und Begründer der Vogelkunde in Mitteleuropa, Johann Friedrich Naumann (*14.02.1780; +15..08.1857): „In demselben Augenblicke, in welchem beim Abdrücken eines gewöhnlichen Feuerschlosses das Feuer auf der Pfanne blitzt, ist auch schon unter Wasser und der Schuss schlägt auf die leere Stelle, dies ganz gleich auf 5 oder 50 Schritt Entfernung, ganz gleich, ob vorher der Taucher den Schützen bemerkt oder von ihm unbesehen beschlichen war.“

Da stellt sich natürlich die Frage, warum schoss man denn überhaupt auf den Haubentaucher?

Carl Andreas Naumann, einer der Brüder von Johann Friedrich, unterstützte die Arbeit seines Bruders, indem er die Vögel fing oder schoss. Johann Friedrich benötigte die Tiere hauptsächlich aus wissenschaftlichen Gründen, zum Beispiel um Daten über die genaue Größe oder über den Mageninhalt des Vogels zu bekommen. In seinem 1815 erschienen Werk „Taxidermie“ erläutert er seine Methode, Vögel auszustopfen.  Naumann wusste aber auch, dass das Fleisch des Haubentauchers, wenn man die Haut und das Fett entfernte und es zuvor in Essig beizte, zart war und wohl schmeckte.

Noch im 16. Jahrhundert fing man auf dem Greifensee in der Nähe von Zürich, jeweils an einem Tag Mitte August, wenn die Haubentaucher wegen der Mauser flugunfähig waren, mit Netzen und Garnen die Vögel um sie dann am „Täucheltag“ als „Täuchelmahl“ im Haus des Bürgermeisters zu verspeisen.

Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Rituale des Haubentauchers Auslöser und Objekt bahnbrechender verhaltenskundlicher Studien, die erstmals den genauen Balzablauf beschrieben. Der österreichische Zoologe Konrad Zacharias Lorenz (*7.11.1903; +27.2.1989) und der niederländische Ethologe Nikolaas (Niko) Tinbergen (*15.4.1907; +21.12.1988) bauten später auf diesen Grundlagen der Verhaltenskunde und Verhaltensbeschreibung auf. Konrad Lorenz wurde zusammen mit Niko Tinbergen und Karl von Frisch 1973 mit dem „Medizin-Nobelpreis“ ausgezeichnet.

Besonders intensiv wurden Lappentaucher (Grebes) lange Zeit wegen ihres Taucherpelzes verfolgt.

Die Bälge verarbeitete man wie Pelz zu Muffen, Kragen, Hüten und Verbrämungen verschiedener Kleidungsstücke, hauptsächlich für wohlhabende Damen.

Der Zoologe und Schriftsteller Alfred Brehm (*2.2.1829; +11.11.1884) meint dazu Mitte des 19. Jahrhunderts, der Federpelz des Haubentauchers sei „in der That ein so kostbares Kleidungsstück, dass man die Verfolgung, welche der Vogel erdulden muss, wenigsten entschuldigen“ könne. Allein eine Firma soll im Jahr die unglaubliche Zahl von 800.000 Taucherhäuten benötigt haben.

Die am häufigsten verwendeten Grebesarten waren das Kleine Grebesund das kleine russische Grebes mit weißem, dichtem, seidig glänzendem Bauch und rotbraunem Rücken. Der Balg ist 20 bis 22 cm groß und wurde wegen der schöneren Bauchseite im Rücken aufgeschnitten. Damit man, beispielsweise bei einem Muff, einen gleichmäßigen Abschluss bekam, setzte man an diese Seiten gewöhnlich einen kurzhaarigen, farblich harmonisierenden Pelz.

Die großen Grebes (Haubentaucher) wurden jedoch, nicht nur wegen ihrer Größe sondern auch wegen ihrer, je nach Art, schönen blaugrauen, stahlgrauen bis schwärzlichgrauen Rückenfärbung, bevorzugt.

Ein Kürschnerfachbuch von 1844 erwähnt als Herkunft für Grebenhäutenur die in der Schweiz am Genfer See und am Neuchâtellersee lebenden Haubentaucher, außerdem die aus der Normandie kommenden, die schwächer in der Qualität sind als die aus der Schweiz.

Der Handel unterschied eigentlich nur in blau- und rotseitige Sorten, sowie große und kleine Bälge, die besonders für Besätze und Kindergarnituren verwendet wurden.

Das Pelzlexikon von 1949 berichtet immerhin noch von „einigen Hunderttausend Stück jährlich“.

Infolge des enormen Bedarfs an Taucherpelzen wurden Haubentaucher und Renntaucher in manchen Regionen nahezu ausgerottet.

Der Schutz des Haubentauchers war im 19. Jahrhundert das Gründungsziel einer britischen Tierschutzvereinigung, aus der später die Royal Society for the Protection of Birds (RSPB) hervorging. Aufgrund der Schutzbemühungen der RSPB konnte die Art in Großbritannien erhalten werden.

Heute setzen den Lappentauchern Verschmutzungen der Gewässer und Störungen durch Bootsverkehr arg zu. Viele Lappentaucher verfangen sich in Fischernetzen und ertrinken.