Hermann Löns zum 100. Todestag

Von Ernst-Otto Pieper

 

Hermann Löns, einer der frühesten und beliebtesten deutschen Tierschilderer, ein passionierter Jäger und Naturfreund, wurde am 29. August 1866 in Kulm an der Weichsel geboren – er fiel im ersten Weltkrieg am 26. September 1914 vor Reims.

 

Löns war überzeugter Naturschützer und ein passionierter Naturnutzer. Bambimentalität war dem „Dichter der Lüneburger Heide“ trotz seiner ausgeprägten Tierliebe ein Gräuel, und weidgerechte Jagd ging ihm über alles.

In seinem Werk „Wert des Waidwerks“ schreibt er: „Der Vorwurf, die Jagd verrohe den Menschen und sie sei grausam, ist ungerecht. Der waidgerechte Jäger tötet das Tier schneller und schmerzloser, als wenn es, durch Krankheit oder Altersschwäche eingehend, bei lebendigem Leibe von Krähen zerhackt und von Ungeziefer zu Tode gepeinigt wird. Die Natur ist, fasst man sie als Person auf, so roh und grausam, dass die Ausübung der Jagd mild gegen die Art und Weise genannt werden muss, in der die höher entwickelten Tiere auf die eine oder andere Art ihr Ende finden.“

Schon als kleiner Junge interessierte er sich brennend für die Natur und veröffentlichte schon zu seiner Schulzeit einige bemerkenswerte naturkundliche Arbeiten.

Wegen zu unsicherer Berufsperspektiven untersagte ihm sein Vater ein Studium der Naturwissenschaften und zwang ihn stattdessen zu einem Medizinstudium, das Löns schließlich abbrach, sich mit seinem Vater entzweite und Journalist wurde.

Als Fritz von der Leine, sein Pseudonym, veröffentlichte er zahlreiche zeitkritische Berichte.

Während seiner Tätigkeit als Redakteur für den „Hannoverschen Anzeiger“ entdeckte Löns, inzwischen knapp dreißig Jahre alt, seine Jagdpassion.

Sieht man mal von seinem mitunter ausschweifenden Lebenswandel ab – er liebte „Wein, Weib und Gesang“ über alles – so war er auf der Jagd stets bescheiden. Gier nach starken Trophäen und Massenstrecken galten ihm nichts, dem alten, zurückgesetzten heimlichen Bock nachzustellen, geduldig am Wechsel auszuharren und ihn schließlich zu erlegen, das war sein ganzes Bestreben. Gesellschaftsjagden

schätzte er nicht so sehr. Jagd war für ihn, wenn er allein durch die Heide, das einsame Moor oder die Kiefernwälder streifen konnte und der Natur nahe sein konnte. Und so schreibt er in einer Selbstbiografie: „Suche und Treibjagd langweilen mich; die heimliche Pirsch in Heide , Moor und Wald brachte mich wenigstens einige Stunden zum Nachdenken.“

Bei seinen zahlreichen Streifzügen durch die Natur machte er sich stets Gedanken über die Umwelt und seine Mitmenschen. Schließlich war Hermann Löns ein Visionär. Um den Verfall der Jagd machte er sich ebenso Gedanken, wie über die Kommerzialisierung des Weidwerkes. „Da drängen naturunkundige Sonntagsjäger aus der Großstadt in die Heide…..“ schreibt er, und dass er sich schon, lange bevor 1954 das unselige erste Gesetz zur Flurbereinigung in Deutschland erlassen wurde, auch über diese Problematik bereits fast 100 Jahre vorher Gedanken gemacht hat, kann man in seiner Ballade „Verkoppelung“ in „Mein Blaues Buch“ nachlesen:

 

Es geht ein Mann durch das bunte Land,
die Messkette hält er in der Hand.
Sieht vor sich hin und sieht sich um;
„Hier ist ja alles schief und krumm!“
Er misst wohl hin, er misst wohl her,
„Hier geht ja alles kreuz und quer!“
Er blickt zum Bach im Tale hin;
„Das Buschwerk hat doch keinen Sinn!“
Zum Teiche zeigt er mit der Hand;
„Das gibt ein Stück Kartoffelland!“
Der Weg macht seinen Augen Pein;
Der muss fortan schnurgerade sein!
Die Hecke dünket ihm ein Graus;
„Die roden wir natürlich aus!“
Der Wildbirnbaum ist ihm zu krumm;
„Den hauen wir als erstes um!“
Die Pappel scheint ihm ohne Zweck;
„Die muss da selbstverständlich weg!“
Und also wird mit vieler Kunst
die Feldmark regelrecht verhunzt.

 

Das Gedankengut des großen Heidedichters und vor allem leidenschaftlichen Jägers steht dem eines ernsthaften Natur- oder Umweltschützers aus dem Jahre 2004 erstaunlich nahe.

Sein Ausspruch „Die Naturverhunzung jagt mit 80 Stundenkilometer durch das Land, der Naturschutz kreucht knickbeinig hinterher“  hat nach wie vor Gültigkeit. Vielen Jägern gilt er noch heute – oder gerade heute? – als Ideal.