Von Ernst-Otto Pieper
Wohl jeder hat sie schon einmal gesehen und weiß, dass es sich hierbei weder um Vogelnester noch von Hexen oder Bilwissen (im alten Volksglauben Kobold, Zauberer, Naturgeist) erzeugte Gebilde handelt.
Aber was sind diese kugeligen und buschigen, im Volksmund „Hexenbesen“ genannten Gebilde nun wirklich?
Hexenbesen findet man zumeist auf Tannen und Birken. Bei den Weißtannen ist die Schadwirkung einer Infektion mit dem Erregerpilz des Tannen-Hexenbesens gravierend. Der betreffende, mit einigen Nelkengewächsen (Caryophyllaceae) wirtswechselnde Rostpilz, der von daher den wissenschaftlichen Namen Melampsorella caryophyllacearum erhielt, erzeugt an den Ästen und Stämmen der befallenen Tannen den Tannenkrebs.
Hexenbesen auf Birken entstehen hingegen durch Taphrina betulina, eine einfach aufgebaute Schlauchpilzart.
(Schlauchpilze haben eine große Bedeutung für den Menschen, da sie einerseits für zahlreiche Krankheiten von Pflanzen, Tieren und Menschen verantwortlich sind, andererseits aber auch eine wichtige Rolle bei der Herstellung von Lebensmitteln wie Käse und Brot, Bier und Wein spielen und auch in der Medizin, wo das von Penicillium chrysogenum produzierte Antibiotikum Penicillin die Bekämpfung von bakteriellen Infektionskrankheiten revolutioniert hat, von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit sind.)
Dieser Pilz bildet auf der Oberfläche der Birkenäste winzig kleine Schläuche aus, wodurch dauerhafte Wuchststörungen an der Birke entstehen, die den Baum immer wieder zum Austrieb und zur Neubildung von sogenannten schlafenden Knospen antreibt. An der Befallsstelle kommt es nun zu einer Zweigsucht, das heißt, das es zur Bildung zahlreicher dünner und kurzer Zweige kommt. Da diese Gebilde eine gewisse Ähnlichkeit mit Besen älterer Machart haben, werden sie im Volksmund „Hexenbesen“ genannt.
Das Myzel (fadenförmige Zellen des Pilzes) überlebt in der Rinde der Zweige.
Einige Bäume sind geradezu überladen mit diesen Hexenbesen, was natürlich diesen auch in seinem Wachstum negativ beeinflusst.
Auch an anderen Laubgehölzen, wie z.B. Hainbuche, werden Hexenbesen durch Taphrina-Arten verursacht.
An Lärchen konnte als Ursache für hexenbesenartigen Wuchs ein Befall durch Rickettsien-ähnliche Organismen nachgewiesen werden. Ebenfalls können an einigen Baumarten wie Esche und Robinie pflanzenpathogene Viren Verursacher sein. Hexenbesen an Fichten- und Kiefernarten sind meistens nicht parasitär verursacht, sondern entstehen durch vererbbare Knospenmutationen, welche in der Züchtung von kleinwüchsigen Nadelgehölz-Zierformen zu nutze gemacht werden.
In einigen Gegenden Deutschlands werden auch die ähnlich aussehenden Misteln (vor allem an Kiefer und Weichholzarten) als Hexenbesen bezeichnet.