Von Ernst-Otto Pieper
Hummeln stellen neben den Honigbienen die wohl bekanntesten und volkstümlichsten „Bienen“ dar. Selbst für den Laien ist es problemlos, eine Honigbiene von einer Hummel zu unterscheiden, sie haben einfach, zumindest auf den ersten Blick, zu wenige Gemeinsamkeiten.
Die deutschen Namen Hummel, Bummel (Steiermark) oder Hummler (Sudeten) werden als lautmalende Umschreibung des brummenden Flugtones gedeutet. Von der Honigbiene mal abgesehen, haben Hummeln mehr Freunde als alle anderen Hautflügler. Sie sind zwar ein gemütlicheres Volk als die Bienen, Hornissen oder Wespen, ihre Königinnen und Arbeiterinnen können aber – entgegen der weit verbreiteten Volksmeinung – bei Notwehr recht schmerzhaft stechen.
Die pelzreichen Tiere sind unzweifelhaft eine Schöpfung der gemäßigten und kälteren Erdstriche. Mit großer Wahrscheinlichkeit stammen sie aus den Hochebenen Zentralasiens. Der massige, gedrungene Körper hat im Verhältnis zur Körperoberfläche weniger Wärmeverlust. Doch von noch größerer Bedeutung in diesem Zusammenhang ist die besonders stark ausgebildete Brustmuskulatur die nicht nur den Hummelkörper durch die Luft trägt, sondern auch ein beträchtliches Maß an Abwärme produziert. Schon vor dem Start setzen die Hummeln ihre von den Flügeln abgekoppelte Flugmuskulatur als Leerlaufheizung in Betrieb. Auf diese Weise können sie in nur 17 Minuten ihren „Flugmotor“ von 6° auf 37° C aufheizen.
Weltweit sind 400 bis 500 Hummelarten bekannt. Davon kommen 70 Arten in Europa vor und davon wiederum 36 in Deutschland. Auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten stehen zurzeit 16 Hummelarten. In Nordrhein-Westfalen sind bereits einige Arten ausgestorben.
Während in den warmen Gebieten ein Hummelvolk über mehrere Jahre besteht und mehrere Königinnen besitzen kann, ist es im Bereich des gemäßigten Klimas, also auch in Mitteleuropa ein „Sommerstaat“. Hummeln leben sozial, bilden aber im Vergleich zur Honigbiene wesentlich kleinere Volkseinheiten aus. In kalten Klimazonen kommt es sogar zu einem Ausfall der Arbeiterinnenkaste.
Aus der ersten von der Königin allein versorgten Brut entstehen aus befruchteten Eiern die ersten jungen Hummeln, die sich wesentlich von der Mutter unterscheiden, da sie, wohl aus Nahrungsmangel, kleiner sind. Sie sind zwar weiblichen Geschlechts, doch haben sie rückgebildete Ovarien. Ihre Aufgabe ist es nun, das Nest zu vergrößern und neue Vorräte einzutragen. Bald schließen sich an die erste Zelle, unregelmäßig gebaut, andere an und es werden weitere Vorratsgefäße für Honig und Pollen hergerichtet. Mit fortschreitender Jahreszeit wird das Volk immer individuenreicher, um schließlich einige Dutzend oder sogar bis zu sechshundert Tiere zu umfassen. Verglichen mit den so exakt gebauten Bienenzellen, wirkt die Wabe eines Hummelnestes plump und primitiv. Sie bietet keinen Platz für Wintervorräte und ihre Hülle keinerlei Schutz vor strenger Kälte. Infolge dessen geht in unseren Breiten jeder Hummelstaat im Spätherbst zugrunde.
Schon im Frühsommer entstehen aus befruchteten Eiern Vollweibchen und aus unbefruchteten Drohnen. Drohnen und Arbeiterinnen erreichen ein Alter von drei bis vier Wochen. Sobald die Drohnen das Nest für immer verlassen haben, überfliegen sie in artspezifischer Flugbahn einen bestimmten Geländebereich und warten auf paarungsbereite Weibchen. Die Verpaarung findet aber nicht wie beim Hochzeitsflug der Honigbiene in der Luft, sondern auf dem Boden oder einer Pflanze statt. Die begatteten Königinnen nehmen nun ausgiebig Nahrung auf, um einen Fettkörper anzulegen und die Honigblase zu füllen um dann bereits im Spätsommer einen geeigneten Platz zur Überwinterung zu suchen. Hummeln sind hierbei sehr wählerisch und je nach Art werden Böschungen, Erdwälle, Komposthaufen und Höhlen in NW- und Ost-Ausrichtung bevorzugt. Einige Arten wiederum (Garten- und Steinhummel) bevorzugen moosige Böschungen mit Nordwestlage als Überwinterungsort. Wiesenhummel, Dunkle und Helle Erdhummel überwintern gerne an baumbewachsenen Abhängen in gleicher Ausrichtung. Ein Überwintern in absonniger Lage verhindert, dass kurze warme Wetterlagen zu einem vorzeitigen Abbruch der Überwinterung führen. Winterquartiere können in weichen Böden bis zu 20 cm tief liegen, während in dichten Moos- oder Laubschichten 5 bis 10 cm reichen. Hier ist die Königin durch eine vermehrte Glycerolproduktion für bis zu -19° C Kälte geschützt. Dennoch überleben 80 bis 90% der Königinnen den Winter nicht. Während der Wintermonate zehrt sie von ihren Reservestoffen, die sie in Form von Fett und tierischer Stärke gespeichert hat. Für die ersten Aktivitäten im Frühjahr, oft schon im März (sie können schon ab 2° C fliegen, Arbeiterinnen ab 6° C), benötigt sie den Inhalt ihrer Honigblase. Jetzt beginnt sie einen geeigneten Platz für das Nest zu suchen. Je nach Art kann das eine Erdhöhle, eine Moosschicht oder ein hohler Baumstamm sein. Baumhummeln nisten auch in verlassenen Vogelnestern.
Hummeln spielen in unserer Natur eine außerordentlich wichtige Rolle und bedürfen unseres Schutzes. Hier einige Möglichkeiten: Einhaltung des Flämmverbotes, Vermeidung des Überpflügen von Feldrainen, Böschungs-, Graben- und Wegrändern, Verzicht auf Beseitigung von Laub in Gärten und Parkanlagen, usw. Eine weitere Möglichkeit ist die Schaffung von Hummel-Nisthilfen.