Indische Kermesbeere

Die Indische Kermesbeere – ein Neophyt auf dem Vormarsch im Siedlungsraum

Von Ernst-Otto Pieper

 

Fruchtstand der Indischen Kermesbeere; Foto: E.-O. Pieper

Hauptursache für Artensterben und Biodiversitätsverlust sind invasive gebietsfremde Tier- und Pflanzenarten. Ihre Ausbreitung ist zumeist auf menschliche Aktivitäten wie Handel, Transport und Verkehr zurückzuführen.

Wer aufmerksam die heimischen Gärten unter die Lupe nimmt, findet immer häufiger einen neuen Zuwanderer – die Kermesbeeren (Phytolacca). Weltweit kommen 35 Kermesbeeren-Arten vor. Zwei Arten haben es inzwischen bis nach Schleswig-Holstein geschafft. Die Bestimmung der Arten ist schwierig.

Häufigster Vertreter dieser bei uns eingewanderten Pflanzengattung ist die Indische Kermesbeere (Phytolacca acinosa). Sie wird auch Essbare Kermesbeere, Speise-Kermesbeere oder Asiatische Kermesbeere genannt. Ihre natürlichen Vorkommen liegen in Süd- bis Mittelamerika, China, Bhutan, Japan, Korea, Myanmar, Sikkim, Vietnam und Indien. In Europa wird sie als Zierpflanze genutzt und ist, durch Vögel ausgebreitet, immer häufiger verwildert aufzufinden.

Die buschig wachsende, ausdauernde krautige Pflanze steht gerne versteckt zwischen Zierstauden und kann eine Wuchshöhe von über einem Meter erreichen. Ihr Auftritt ist spektakulär: Kleine weiße Blüten erscheinen sternförmig und üppig an einer aufrecht-steifen Traube von Juli bis August. Dann entwickeln sich daraus bis zum Oktober zunächst grüne, dann rötlich purpurviolette bis schwarze beerenartige Sammelfrüchte. Diese haben einen Durchmesser von etwa einen Zentimeter und bestehen, ähnlich wie Apfelsinen, aus einzelnen Segmenten. Betanin und Iso-Betanin sind die Verursacher der rötlichen Tönung.

Alle Kermesbeeren-Arten enthalten insbesondere in den Wurzeln und Samen das Triterpen-Saponin Phytolaccagenin, somit sind die Pflanzen potentiell giftig. In den Blättern sind weitere Triterpene und in allen Pflanzenteilen verschiedene Eiweißstoffe nachweisbar. Da ist es nicht verwunderlich, wenn das Interesse der Pharmaindustrie geweckt wird, zumal die Pflanzen in China schon seit mehr als 3000 Jahren als Arznei- und Nahrungspflanze genutzt werden. Junge Blätter werden als Gemüse, Samen als Schneckenmittel, die Wurzel als Ersatz für die Schwarze Tollkirsche zu Rauschzwecken genutzt.

Bei uns wird Phytolacca D 30 Globuli (aus Phytolacca americana gewonnen) als homöopathisches Medikament zur Vorbeugung gegen Brustentzündung von Hebammen wärmstens empfohlen.

Nach neueren Studien haben selbst Buchen Schwierigkeiten, auf dem Boden, der von Kermesbeeren-Arten belastet ist, zu keimen. Diese Tatsache macht die Pflanze besonders konkurrenzstark und damit gefährlich, da sie alle anderen Pflanzenarten verdrängt.

Es sollte darauf geachtet werden, dass vor allem Kinder keine Teile der Kermesbeeren-Pflanzen, insbesondere die Früchte, essen. Denn so wirkungsvoll die Pflanze homöopathisch in verdünnter Form ist, so giftig wirkt sie, wenn man sie in ihrer ursprünglichen Form zu sich nimmt.

Wegen der Giftstoffe müssen nahrungsmitteltaugliche Produkte der Kermesbeeren behandelt oder entsprechend zubereitet werden.