Ist die Trichinenuntersuchung pillepalle?

Von Ernst-Otto Pieper

 

Vor wenigen Tagen musste ich mir in einer Pause während einer Treibjagd von einem schon etwas betagten Jäger folgende Aussage anhören: „Das mit der Trichinenschau ist alles nur Blödsinn und Geldschneiderei. Ich jage seit vielen Jahren auf Schwarzwild und habe noch nie eine Trichinenschau machen lassen. Ich koche das Wildbret gut ab und das reicht. Und schließlich ist mir auch bisher noch nichts passiert.“

Blankes Entsetzen in den Augen der meisten Mithörer. Einige, wenn auch wenige, nickten aber zustimmend.

Warum schreibt der Gesetzgeber eine Trichinenuntersuchung (früher Trichinenschau) zwingend vor?

Im Dünndarm und in der Muskulatur von Säugetieren (Haustiere, Wildtiere und auch Menschen) parasitieren u.a. Fadenwurmarten, die zur Gattung Trichinella gehören und von denen bisher 6 Arten bekannt sind. Das durch Trichinen verursachte Krankheitsbild wird Trichinellose genannt. Trichinellose kommt in der freien Wildbahn vor allem bei Schwarzwild, Füchsen, Mardern, Bisam, Ratten und Wühlmäusen vor. Sie dienen als Zwischen- und Endwirt. Dabei entwickeln sich die 1,4 bis 4 mm großen, geschlechtsreifen Würmer im Dünndarm, die 0,1 bis 1 mm großen Larven in der quergestreiften Muskulatur des gleichen Wirtes.

In den westlichen Ländern verbreiten sich die Würmer vor allem durch infizierte Nager und Füchse. Schwarzwild wiederum infiziert sich vornehmlich durch die Aufnahme trichinöser Fuchskadaver und auf Luderplätzen ausgelegte Fuchskerne. Die damit aufgenommenen Muskeltrichinellen werden im Dünndarm frei und entwickeln sich dort innerhalb von 30 bis 48 Stunden zu geschlechtsreifen Trichinen. Bald nach der Begattung sterben die männlichen Würmer, während die Weibchen 4 bis 6 Wochen leben und in dieser Zeit rund 1500 Larven lebendgebärend zur Welt bringen. Nach Durchbohren der Darmwand erreichen sie die Lymphe oder den Blutstrom und lassen sich bevorzugt im quergestreiften, gut durchbluteten Muskelgewebe nieder. Auch Zwerchfell, Zungen- und Augenmuskulatur werden befallen. Dort wachsen sie zu 0,8 bis 1 mm großen Larven heran und schließen sich nach 5 bis 6 Wochen in einer Kapsel ein. Auch wenn diese Kapsel nach etwa einem halben Jahr verkalkt, bleiben die Trichinellen mehrere Jahre am Leben.

Infiziert sich der Mensch, vollzieht sich hier die gleiche Entwicklung. Schon ab 4. Tag verursachen die Darmtrichinen Bauchschmerzen, Schwindel, Erbrechen und Durchfall. Nach Verbreitung der Larven im Körper des Menschen, tauchen weitere Symptome wie Fieber, Schwäche, Hautausschläge, Lid- und Gesichtsschwellungen auf, meist verbunden mit erheblichen Muskel- und Gelenkschmerzen. Diese Symptome können bis zu einem Jahr anhalten.

Nach Ergebnissen der amtlichen Fleischuntersuchung wurden in Deutschland zwischen den Jahren 1991 und 2004 knapp 3,7 Millionen Wildschweine untersucht, wobei bei insgesamt 167 Tieren Trichinellen nachgewiesen wurden. Bei den zwischen 2000 und 2009 in Deutschland untersuchten 453 Millionen Hausschweinen wurden lediglich bei 4 Tieren Trichinen gefunden.

Wichtigste vorbeugende Maßnahme ist die gesetzlich vorgeschriebene Trichinenuntersuchung. Larven sterben ab, wenn das Fleisch auf mindestens 65° C erhitzt wird. Gefrieren ist keine sichere Abtötungsmaßnahme, da die besonders im Norden verbreitete Art Trichinella nativa selbst tiefe Temperaturen lange überlebt. Trocknen, Salzen und Räuchern sind keine wirksame Maßnahme zum Abtöten der Larven.

Zwar ist die Wahrscheinlichkeit einer Infizierung eher niedrig, wenn das Fleisch eines infizierten Tieres aber in den Verkehr kommt, sind die Konsequenzen gravierend, da sich zumeist mehrere Menschen infizieren und erkranken können.

Jäger beugen in ihren Revieren der Schwarzwild-Trichinose am besten vor, wenn geschossene Füchse oder Fuchskerne so beseitigt werden, dass andere Tiere nichts davon aufnehmen können.