Lindengallmilbe

Eriophyes tiliae

Von Ernst-Otto Pieper

 

Gallen der Lindengallmilbe auf einer Sommerlinde Foto: E.-O. Pieper

Im späten Frühjahr und in den Sommermonaten sieht man an Linden bisweilen ein vergleichsweise auffälliges Schadbild das von der Lindengallmilbe Eriophyes tiliaehervorgerufen wird. Die von der Milbe verursachten hörnchenartigen Wucherungen sind etwa 5 mm lang und stets auf der Oberseite der Blätter. Die gelbgrünen oder rötlichen Gallen können sehr zahlreich sein und sind zumeist an den unteren Blättern des Baumes zu finden.

Die befruchteten weiblichen Milben überwintern in Knospen an den Zweigspitzen. Sie sind 0,1 bis 0,2 mm lang und 20 bis 50 µm breit. Somit sind die Tiere nur unter dem Mikroskop oder mit Hilfe einer starken Lupe sicher zu erkennen. Da zur Gattung Erriophyes zahlreiche Arten gehören und zur oben genannten Art wiederum mehrere Unterarten, ist eine genaue Art- oder Unterartzugehörigkeit nur durch Spezialisten möglich. Die einzelnen Arten und Unterarten haben sich auf bestimmte Baumarten spezialisiert: An der Sommerlinde (Tilia platyphyllus) Eriophyes tiliae typicus, an der Winterlinde (Tilia cordata) Eriophyes tiliae rudisund an der Silberlinde (Tilia tomentosa)Eriophyes tiliae tomentosae. Nur anhand des Gallen-Bildes sind die einzelnen Unterarten nicht zu unterscheiden.

Die Lindengallmilben haben einen spindelförmigen Körper mit zwei Beinpaaren und Mundwerkzeugen am Vorderende sowie Geschlechtsorganen am Hinterende. Atmungsorgane, Augen und Blutkreislauf sind nicht vorhanden. Sie durchlaufen einen recht kurzen Entwicklungszyklus.

Die überwinterten Milbenweibchen wandern im Frühjahr zu den jungen Blättern und durchstechen an der Blattunterseite mit ihren stilettartigen Mundwerkzeugen die Außenwand der Blattzellen und saugen den austretenden Zellsaft. Durch den Speichel der Milbe verändert sich die Zelle und sendet Botenstoffe an die Nachbarzellen. Die genauen Vorgänge sind noch weitgehend unerforscht. Fest steht aber, dass die hormonartigen Speichelstoffe das Wachstumsverhalten der Zelle verändern: Der Zellkern vergrößert sich und das Gewebe rund um die Einstichstelle beginnt zu wachsen, was wiederum eine Aufwölbung des Blattes nach oben zur Folge hat und es entsteht die bereits erwähnte beutelförmige Galle die über eine kleine Öffnung mit der Blattunterseite verbunden ist. Sowohl im Inneren als auch an der Öffnung ist die Galle dicht behaart. Zudem bildet sich auf der Innenseite der Galle ein Nährgewebe, das Stärke und Proteine speichert. Nachdem das Milbenweibchen ihre Eier in der Galle abgelegt hat, stirbt es. Nach wenigen Tagen schlüpfen die Larven, die innerhalb der Galle Zellen anstechen und somit das Wachstum der Galle und die Ausbildung des Nährgewebes in Gang halten. So entwickeln sich im Laufe eines Sommers mehrere Generationen innerhalb einer Galle. Die Anzahl der Nachkommen in einer Galle kann 100 Tiere überschreiten. Da sich nur an jungen, wachsenden Blättern Gallen bilden können, kommen während des Sommers keine neuen hinzu. Aus der letzten Milbengeneration wandern befruchtete Weibchen wieder in die Überwinterungsknospen an den Zweigspitzen.

Der durch die Lindengallmilbe verursachte Schaden ist in erster Linie rein optischer Natur, der Baum wird in seinem Wachstum nicht beeinträchtigt.

Ein frühzeitiger Rückschnitt der befallenen Zweige würde zwar einer Vermehrung der Milben vorbeugen, ist aber in der Praxis kaum möglich.