Lungenenzian-Ameisenbläuling

Ein Schmetterling mit bemerkenswerter Entwicklung

Von Ernst-Otto Pieper

Der Lungenenzian-Ameisenbläuling (Phengaris alcon), der auch Kleiner Moorbläuling genannt wird, gehört zur Familie der Bläulinge; es sind Tagfalter.

Die Falter halten sich fast stets in nächster Nähe ihrer Futterpflanzen auf. Vorzugsweise sind dies Lungenenzian (Name), im Alpenvorland und in den Alpen auch am Schwalbenwurz-Enzian. Der Lungenenzian wächst auf sandigen oder torfigen, mäßig sauren bis neutralen Böden. Als Standort werden nährstoffarme und wechselfeuchte Feuchtwiesen (Pfeifengraswiesen), Borstgrasrasen und Flachmoorwiesen vom Tiefland bis zur montanen Höhenstufe bevorzugt. Im Nordwestdeutschen Tiefland vor allem in Feuchtheiden und am Rande von Heideweihern. Schwalbenwurz-Enzian hingegen bevorzugt als kalkliebende Pflanzenart feuchte Wiesen, Flachmoore, Waldränder, Riedwiesen, Hochstaudenflure sowie Legföhrengebüsche.

Die Flügelspannweiter der Falter liegt bei 32 bis 36 Millimeter. Sie haben blaue, leicht ins weißliche gehende mit dunklem Rand versehene (Männchen) oder dunkelbraune, am Flügelansatz leicht blau gestäubte (Weibchen) Flügeloberseiten, deren Rand weiß gefranst ist. Die Flügelunterseiten sind hellgrau und haben mehrere schwarze, weiß umrandete Flecken.

Die bis 15 mm lange Raupe ist hell rötlich oder gelblich mit schwarzem Kopf, ohne deutliche Zeichnungen.

Lungenenzian-Ameisenbläulinge kommen in Deutschland vor allem im Alpenvorland, vereinzelt bis ins norddeutsche Flachland vor.

Sie fliegen in einer Generation von Mitte Juni bis Mitte August, meistens aber bis Ende Juli.

Das Weibchen legt die abgeflachten, weißen Eier in lockeren Gruppen an Knospen, selten auch auf Stängel und Blätter der Futterpflanzen ab. Die Eier sind oft schon aus größerer Entfernung deutlich auf den Pflanzen zu sehen und nicht selten entsteht der Eindruck, als seien die Enziane von einem Pilz befallen.

Die Raupen schlüpfen nach unten aus den Eihüllen, fressen sich durch den Blütenkelch hindurch und gelangen so in den Fruchtknoten. Hier ernähren sie sich von den Samenanlagen bzw. von den heranreifenden Samen. Nach zwei bis drei Häutungen (was 2 bis 3 Wochen dauert) fressen sie sich einen Weg nach draußen und fallen zu Boden. Durch die Imitation von Duftstoffen und der chemischen Oberflächenstruktur ihrer Außenhaut werden sie hier von zwei verschiedenen Arten der Knotenameisen (Myrmica ruginodisund Myrmica rubra) aufgesammelt und in deren Nest getragen. Bis zum darauffolgenden Frühling leben sie in deren Nestern und werden von ihnen bevorzugt gefüttert, was durchaus den eigenen Nachwuchs gefährden kann. Schließlich verpuppen sie sich im Inneren des Ameisennestes. Die schlüpfenden Falter müssen sich anschließend beeilen, das Nest zu verlassen, da ihnen die den Raupen eigene, schützende Duftmaskierung fehlt.

Für den Fortbestand der Art ist dieser bemerkenswerte Schmetterling nicht nur von seiner Futterpflanze, sondern auch von ausreichend großen Beständen seiner Wirtsameisen in deren Nähe abhängig. Darüber hinaus sind sie durch Trockenlegung von Feuchtgebiete, aber auch durch klimatische Schwankungen verbunden mit Trockenperiode stark gefährdet.