Marzipan in vielerlei Gestalt

Von Ernst-Otto Pieper

 

Zur Geschichte des aus Zucker und Mandeln hergestellten Marzipans im mittelalterlichen Deutschland gibt es nicht viele Quellen. Das Wenige macht aber deutlich, dass in bedeutenden europäischen Städten zu dieser Zeit, Marzipan als Heilmittel und als sehr exklusiver Nachtisch hergestellt und verzehrt wurde. Die erste Erwähnung, in der Lübecker Zunftordnung von 1530, besagt, dass die Krämer, also die Einzelhändler, keine Konfekte von Zimt, Nelken, Ingwer und Kardamom und kein Marzipan verkaufen dürften, sondern nur die unverarbeiteten Güter. Der Zucker ist noch im 15. Jahrhundert sehr rar, während Mandeln schon Ende des 13. Jahrhunderts eingeführt wurden. Marzipan war nur für viel Geld über Apotheken zu beziehen.

Was Fürsten mundete, mochten sich gut situierte Untertanen nicht entgehen lassen. So wird sich zu dieser Zeit der Genuss von Marzipan keineswegs mehr auf Honoratioren beschränkt haben. Man liebte den Luxus und war bereit, erkleckliche Summen für aufwendige Tafeleien auszugeben.

Die bildsame Masse Marzipan forderte im 19. Jahrhunderts / Anfang des 20. Jahrhunderts Konditoren zu den phantasievollsten Gestaltungen heraus. Sie entfalteten ihr Können in den von freier Hand gebildeten Skulpturen wie auch das Ausformen von Torten und Reliefs aus fein geschnitzten Modeln aus Birnbaumholz. Diese Holzmodel wurden schon bald durch Schwefelformen abgelöst.

Das patriotische Element, das in Wort und Bild die Jahrzehnte bis zum Ende des ersten Weltkrieges beherrschte, bediente sich auch des Marzipans.

Unzählige Kaiser- und Heerführerporträts in Lorbeerkränzen, ja sogar Waffenstillleben mit Kanonen und Eisernen Kreuzen wurden angefertigt, bewundert und – verspeist.

Im Laufe der Zeit wurden drei Motivgruppen deutlich: Gratulationstorten mit Blumen- und Früchtearrangements für alle Gelegenheiten, Torten mit Stadtansichten und Familienwappen und Torten mit darstellender Kunst. Oster- oder Weihnachtsmotive sowie Motive aus Natur und vor allem mit Jagd- und Trinkszenen waren besonders beliebt.

Heute ist Marzipan für Jedermann das ganze Jahr über zu erhalten – eine besondere Rolle spielt es aber auf dem weihnachtlichen Gabentisch. Nur die Motive haben sich geändert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Originale der Schwefelformen aus der Sammlung Thomas Pieper, Burg in Dithmarschen