Mauswiesel

Mustela nivalis (LINNAEUS, 1766)

Von Ernst-Otto Pieper

Ordnung:         Raubtiere (Carnivora)
Familie:          Marder (Mustelidae)
Unterfamilie:  Wieselartige  (Mustelinae)
Gattung:         Stinkmarder (Mustela)

Auch:               Kleines Wiesel, Heermännchen.

Kennzeichen:

  • Kurze, durchgehend braune Rute, ohne Quaste.
  • Brauner Mundwinkelfleck (Wangenfleck) beiderseits der Kehle (Signalfunktion im Sozialverhalten).
  • Im Hochgebirge sowie in Nord- und Osteuropa trägt das Mauswiesel einen weißen Winterbalg.
  • Kleinstes Raubsäugetier der Erde.

Balg:

  • Haarwechsel: April / Mai und September / Oktober.
  • An Rücken, Hals, Kopf, Rute und den Flanken ist die Färbung hell zimtfarben bis dunkel kakaobraun.
  • Bauchseite und Kehle sind meist rein weiß. Flankenbegrenzung unregelmäßig. Flankenbegrenzung und Mundwinkelflecken kennzeichnen jedes Mauswiesel individuell.
  • Rückenhaare sind im Sommer ca. 7 bis 9 mm lang, im Winter 11 bis 14 mm.
  • Ausgeprägte Vibrissenfelder (Tasthaare) im Bereich des Kopfes.
  • Ein weißer Balg, ähnlich dem des Hermelins, ist beim Mauswiesel nur selten zu beobachten. Dazu müsste mindestens 40 Tage lang eine Dauerschneedecke liegen, doch selbst dann färben sich nicht alle Tiere weiß.

Größe / Gewicht:        

  • Rüden: 60 – 120 gKopf-Rumpflänge: 17 – 21,5 cm;       Rutenlänge: 3,5 – 6 cm.
  • Fähen: 30 – 60 gKopf-Rumpflänge: 12 – 17 cm;         Rutenlänge: 3 – 4,5 cm.
  • Das Körpergewicht steigt in Europa von Norden nach Süden an (entgegen der Bergmannschen Regel!). Gleiches gilt auch für den Sexualdimorphismus. Dieses ist auf eine Anpassung an das Nahrungsangebot (Mäuse) zurückzuführen.

Vorkommen:               

  • Ganz Europa; im Gebirge bis zu 3000 m Höhe; fehlt in Irland und Island.
  • Die Dichteschwankungen hängen von den zyklischen Dichteschwankungen der Beutetiere (überwiegend Feldmäuse) ab. Dadurch erreichen die Dichten der Mauswiesel alle drei bis vier Jahre einen Gipfel.

Lebensraum:

  • Bevorzugt sandige Gebiete.
  • Meidet nasses Gelände und große geschlossene Wälder.
  • Sehr anpassungsfähig und kommt stets in einer von Hecken, Buschwerk, Altgrasstreifen und Gräben entblößten Kultursteppe zurecht.
  • Ihre Nester legen sie bevorzugt unter Steinhaufen und Holzstapeln, aber auch im Wurzelwerk von Bäumen an.
  • Bei ihren Beutezügen orientieren sie sich vorwiegend an linearen Strukturen, wie z.B. Hecken, Knicks, Gräben oder Grenzlinien zwischen zwei Äckern.
  • Im Spätjahr werden gerne die abgeernteten Getreidefelder (auch Maisfelder) aufgesucht, da sich dort dann verstärkt Mäuse aufhalten.

Lebensweise:

  • Rüden verhalten sich wie „Draufgänger“. Fähen sind hingegen eher vorsichtig.
  • Ein konfliktfreies Zusammentreffen der Geschlechter kommt nur während der Paarungszeit vor. Nur während der Zeit, in der die Fähen trächtig sind oder ihre Welpen säugen, setzen sich diese, trotz ihrer geringeren Körpergröße, gegenüber Rüden durch. Zwischen gleichgeschlechtlichen Tieren herrscht das ganze Jahr über Rivalität.
  • Maulwurfsbaue werden gerne als Wohnung und Kinderstube benutzt.
  • Rinnt (schwimmt) sehr gut.
  • Klettert gut (kann einen frei schwingenden Bindfaden mit Leichtigkeit ersteigen).
  • Ist ausgesprochen tagaktiv. Etwas häufiger kann man es mittags und am späten Nachmittag beobachten. In der Nacht verlässt es sein Nest nur kurzzeitig zum Lösen, Nässen, Schöpfen oder Fraß aufnehmen.
  • Am aktivsten ist es bei milden, warmen Temperaturen; bei großer Hitze, Regen, Kälte und Schnee schränkt es seine Aktivität deutlich ein.
  • Rüden leben meist einzeln, während Fähen mit ihrem Nachwuchs bis zu deren Geschlechtsreife (3 – 4 Monate) Mutterfamilien bilden.
  • Im Winter gräbt es sich unter dem Schnee Laufgänge, um an die Baue der Mäuse heranzukommen.
  • Sehr mutig.

Aktionsraum:              

  • Stark vom Nahrungsangebot abhängig.
  • Schwankt zwischen 2 und 15 ha. Im Laubwald deutlich größer als in der Agrarfläche. Der Aktionsraum der Fähen ist deutlich kleiner als der von Rüden.
  • Abgrenzung mit Harn, Analdrüsensekret und Losung. Aktionsräume werden aktiv verteidigt.

Nahrung:

  • Mauswiesel müssen täglich ein Drittel ihres Körpergewichts an Nahrung aufnehmen, um den Energiebedarf zu decken. Fähen benötigen während der Trag- und Säugezeit mehr (täglich bis 15 Feldmäuse).
  • 80 % Mäuse.
  • Auch Fische, Amphibien, Reptilien, Spitzmäuse bis Kaninchen, Eier von Boden- und Heckenbrütern.
  • Beute wird durch Nackenbiss (Hinterkopf) getötet.
  • Aufgrund der geringen Körpergröße ist der Energieverlust bei relativ großen Körperoberfläche bedeutend.
  • Eine Maus passiert in nur 45 bis 50 Minuten den gesamten Darm.
  • Ähnlich wie bei Iltis und Hermelin legen Mauswiesel bei Nahrungsüberschuss Depots an.

Alter:

  • Höchstalter bis ca. 7 Jahre; in Gefangenschaft bis zu 10 Jahre.
  • Nur etwa 27 % aller Individuen werden älter als 1 Jahr.
  • An der Form des Schädels lässt sich das Alter des Mauswiesels abschätzen. Bis zum Alter von etwa 1,5 Monaten ist er oval geformt und die Verwachsungsnähte sind sichtbar. Mit Zunahme des Alters lässt das Längenwachstum den Schädel kantiger erscheinen. Ab 3. Monat sind die Verwachsungsnähte nicht mehr sichtbar, jedoch ist die Hirnkapsel noch blasenförmig. Mit 5 Monaten sind Mauswiesel ausgewachsen. In diesem Alter bildet sich das Hinterhauptbein trapezförmig aus und ein Sigitalkamm deutet sich an. Danach wächst der Schädel nur noch in die Länge und die Taillierung der Hirnkapsel auf Höhe der Jochbögen prägt sich stärker aus. Zu beachten ist der Größenunterschied von Rüden und Fähen.

Zähne:

  • Durchbruch der ersten Milchzähne nach ca. 11 Tagen.
  • Zahnformel: Oberkiefer: 3 / 1 / 3 / 1   x 2
                       Unterkiefer: 3 / 1 / 3 / 2   x 2          = 34 Zähne im Dauergebiss.
  • Im Ober- und Unterkiefer fehlt jeweils der vordere Prämolar.

Sinne:

  • Vernimmt sehr gut.
  • Äugt und windet gut.

Duftdrüsen:

  • Wie alle Marderartigen besitzt auch das Mauswiesel Analdrüsen, die ein Sekret mit charakteristischem Moschus-Geruch produzieren.
  • Steht das Mauswiesel unversehens einem Feind gegenüber, wird dieses Sekret ausgeschieden, begleitet von anhaltendem Kreischen.
  • Normalerweise wird dieses Sekret zum Markieren des Territoriums benutzt.

Lautäußerungen:

  • Besonders lautfreudig.
  • Umfangreiches Stimmrepertoire.
  • Verständigen sich untereinander durch zischende und singende Laute.
  • Drohschrei sowie Angst-, Kampf- und Geselligkeitslaute.
  • Angstruf ist ein helles „kri – kri“.-

Fortpflanzung:

  • Hauptranzzeit Februar / März; doch verteilen sich Ranzaktivitäten und Geburten fast auf das ganze Jahr.
  • Zwei- bis dreistündigen Kopulationszeit. Die Kopulation wird innerhalb von drei bis vier Tagen mehrfach wiederholt.
  • Verlängerte Tragzeit ist nicht bekannt.
  • Bei Paarung Nackenbiss.
  • Tragzeit: 33 – 37 Tage (5 Wochen).
  • Fähe wirft zumeist im April 4 – 9 Welpen. In Jahren mit großem Nahrungsangebot kann die Fähe im Juli / August nochmals Welpen zur Welt bringen.
  • Mit Federn und Wolle ausgepolstertes Nest zumeist in Maulwurf- oder Mäusegängen.
  • Rüde nicht an der Aufzucht beteiligt.
  • Welpen sind weiß, kurzbehaart, 24 bis 30 Tage blind und taub.
  • Geburtsgewicht: 0,9 bis 2,3 g; Länge: 3,8 bis 4,3 cm.
  • Werden bis zur 11. Wochen gesäugt, nehmen aber schon ab 14. Tag feste Nahrung auf.
  • Fähe verteidigt ihr Geheck äußerst mutig; sie entwickelt bei Gefahr eine unvergleichliche Aggressivität, die fast jeden Eindringling abschreckt.
  • Welpen verlassen nach 3 – 4 Monaten (Eintritt der Geschlechtsreife) den Familienverband.
  • Bei gutem Nahrungsangebot können sich Jungtiere noch im Geburtsjahr erfolgreich fortpflanzen.

Losung:

  • Gleicht der des Hermelins, ist jedoch geringer.

Spur:

  • Abstände von Paarsprung zu Paarsprung wechseln häufig; 10 bis 12 cm; bei Flucht maximal 20 cm.
  • Bei Schnee kommt eine erbeutete Maus (ist quer im Fang) gelegentlich vor dem Paarsprung quer zum Abdruck.

Besonderheiten:

  • Bei 10% der Mauswiesel sind statt der 14 Brustwirbel und 6 Lendenwirbel entweder einer mehr oder einer weniger vorhanden.
  • Im Verhältnis zur Schädellänge haben Mauswiesel eine größere Hirnkapsel als Hermeline.
  • Die Seher sind im vorderen Drittel des Schädels, wodurch das Mauswiesel ein räumliches Gesichtsfeld von über 300° hat.