Mispel – die vergessene Frucht

Von Ernst-Otto Pieper

Mispel im Freilichtmuseum Molfsee (SH); Foto: E.-O. Pieper

Bereits im Mittelalter war die Mispel ein beliebtes und weit verbreitetes Obst in Süd- und Mitteleuropa. In der Landgüterordnung Capitulare de villis vel curtis imperii Karls des Großen (* wahrscheinlich 02.04.747 oder 748; † 28.01.814 in Aachen) ist im Kapitel 70 die Echte Mispel als eines der 16 Obstgehölze als mesplarios aufgezählt. Heute ist sie fast vergessen, obwohl die Pflanze weit mehr zu bieten hat als nur Obst, das sehr spät im Herbst geerntet wird. Im Frühjahr trägt das Kernobstgewächs hübsche weiße Blüten, die denen des Apfelbaumes ähneln. Und im Herbst verfärben sich die mattgrünen Blätter orangegelb bis rotbraun, und leuchten intensiv in der Herbstsonne, bevor sie abfallen.

Als Obstbaum hat die Mispel bei uns keine Bedeutung mehr, wird aber in einigen Ländern Südwestasiens in Plantagen intensiv bewirtschaftet.

Im deutschsprachigen Raum gibt es bzw. gab es zahlreiche weitere Namen für die Mispel: z.B. Deutsche Mispel, Aspel, Asperl, Asperle, Aschperln, Dürgen, Dörrlitzen, Dürrlitzen, Esperle, Eschpel, Espelbaum, Hespel, Hespelbaum, Hundsärsch, Mespel, Mespelboom, Mestel, Mispelbaum, Wispel, Wispelter und Wispeltüte.

Da die Mispel bereits sehr früh kultiviert wurde, kann das natürliche Verbreitungsgebiet nicht mehr mit Sicherheit angegeben werden. Vermutlich stammt die Mispel (Mespilus germanica) aus dem Raum Westasien, Griechenland, Bulgarien, dem Kaukasus, der Ukraine und Italien.

In Deutschland werden mehrere Mispelvorkommen durch die Stadt Heidelberg in einem Erhaltungsprogramm gefördert.

Die Mispel kann über 300 Jahre alt werden und stellt nur geringe Ansprüche an den jeweiligen Standort. Temperatur bis zu -20°C sowie Spätfröste werden zumeist problemlos ertragen.

Wer gerne eine Mispel pflanzen möchte hat die Auswahl zwischen 23 Taxa mit mehreren Varietäten und Sorten – da wird es doch für Sie auch einen „Wunschbaum“ geben.

Leider sind die im 19. und 20. Jahrhundert angebauten, großfruchtigen, wohlschmeckenden und kernlosen Sorten nur noch selten zu finden. Die in den letzten Jahren zunehmende Begeisterung für Wildfrüchte ist möglicherweise eine Chance für den Baum.

Die Bäume tragen meist sehr viele Früchte; Foto: E.-O. Pieper

Die Bäume werden nicht besonders groß (maximal eine Höhe von fünf Meter), weshalb sie sich auch als dekorativer „Hausbaum“ für kleine Gärten eignen. Die ausladende Krone sieht aus, als ob eine kraftvolle Hand von oben drauf gedrückt hätte.

Die apfelähnlichen Früchte werden Ende Oktober, Anfang November reif und sind nach Frosteinwirkung oder längerer Lagerung essbar. Sie haben einen typischen säuerlich-aromatischen Geschmack. Die Mispel war früher auch deshalb weit verbreitet, weil aus den Früchten Marmelade oder Gelee hergestellt werden kann.

Am 25. April ist der Tag des Baumes – ein willkommener Anlass, eine Mispel zu pflanzen. Auch Schalenwild und Hasenartige wären begeistert.