Nasensaugwurm Troglotrema acutum (LEUCKART, 1842)

Von Ernst-Otto Pieper

 

Klasse:             Trematoda (Saugwürmer)

Ordnung:          Plagiorchiida

Unterordnung:   Troglotremata

Familie:            Troglotrematidae

Beschreibung

 

Am abgebalgten Kopf von Nerz, Baum- und Steinmarder, Fischotter, Dachs, Fuchs und Waschbär, am

häufigsten aber beim Iltis, fallen bisweilen rundliche Löcher an den Stirnbeinen der Schädeldecke auf, die nur von der weichen Knochenhaut überzogen sind.

Durch diese Knochenhaut schimmert der blutig-schleimige Inhalt der befallenen Stirnhöhle hindurch.

Verursacher dieser Knochenzerstörungen ist ein Saugwurm, der den wissenschaftlichen Namen Troglotrema acutum trägt.

Tritt dieser Nasensaugwurm in größerer Zahl auf – man hat schon bis 171 Individuen in einem Iltis gefunden – so entstehen Schädelzerstörungen, wie sie die vorliegende Abbildung zeigt.

Trotz dieser schweren Veränderungen scheinen die befallenen Iltisse lange überleben zu können.

Der Parasit (Bild links) ist dickfleischig, von rötlicher Farbe, 2,5 bis 4 mm lang und 1,5 bis 2,5 mm breit.

 

Charakteristisch für Troglotrema acutum ist das zugespitzte Hinterende. Vorn befindet sich, wie bei allen Plattwürmern (hierzu gehören auch der Kleine und der Große Leberegel), ein Mundsaugnapf und etwa in der Körpermitte ein Bauchsaugnapf.

Friedrich Andreas Sigismund Leuckart, Dr. der Medizin und Prof. der Zoologie (* 26.08.1794 in Helmstedt; † 25.08.1843 in Freiburg i. Br.) entdeckte den Nasensaugwurm bei Iltissen, die wahrscheinlich aus der Umgebung von Freiburg i. Br. oder aus dem Schwarzwald entstammten und beschrieb sie 1842 als Distoma acutum.

Entwicklung

2 Zwischenwirte

Erst vor wenigen Jahrzehnten gelang es, den Lebenszyklus mit allen Entwicklungsstadien und Zwischenwirten aufzuklären.

Die Eier des Nasensaugwurmes werden über den Nasenschleim und die Losung in sehr großer Zahl ausgeschieden.

Gelangen die Eier in Wasser, so entwickeln sich in ihnen bewimperte Larven (Flimmerlarven), sogenannte Miracidien; diese schlüpfen schließlich aus. Jedes Miracidium schwimmt aktiv so lange im Wasser umher, bis seine Energiereserven aufgebraucht sind oder bis es auf eine für die weitere Entwicklung geeignete Schnecke trifft.

Die Wimperlarven benötigen für ihren sehr komplizierten Entwicklungsgang als ersten Zwischenwirt eine Quellschnecke der Gattung Bythinella. Diese sehr kleinen Schnecken, deren Gehäuse nur 2 bis 4 mm hoch sind, leben ausschließlich an kalten Quellen und Quellbächen der Berg- und Hügelländer. In Mittel- und Südeuropa kommen insgesamt etwa 40 Arten von Quellschnecken vor, von denen die fünf wichtigsten deutschen Arten vor allem durch anatomische Merkmale definiert sind und anhand der Gehäuseform nicht immer zu trennen sind. Meist können die einzelnen Arten aber nach dem Fundort bestimmt werden, da sie nur dort vorkommen (die Österreichische Quellschnecke war das Weichtier des Jahres 2008).

Sobald die Flimmerlarven eine Quellschnecke gefunden haben, dringen sie in ihren Schneckenwirt ein. In der Schnecke entwickelt sich daraufhin aus dem Miracidium die sogenannte Muttersporocyste in der wiederum Tochtersporocysten bzw. Redien heranwachsen. Diese wandern durch den Körper der Schnecke und siedeln sich zumeist im Bereich der Mitteldarmdrüse und der Sexualorgane an. In ihnen wachsen dann weitere Larvalstadien, die Cercarien, heran. Ein entsprechender Schlupfreiz veranlasst diese, die Schnecke zu verlassen und ins Wasser auszuschwärmen. Die Entwicklung im 1. Zwischenwirt dauert etwa neun Monate.

Die Troglotrema-Zerkarien haben neben anderen Merkmalen einen rudimentären (ansatzweisen) Stummelschwanz, einen Bohrstachel und besondere Drüsen.

Als zweiten Zwischenwirt benötigt der Nasensaugwurm einen Frosch oder eine Kröte.

 

 

 

 

 

 

 

Treffen die Zerkarien auf einen Frosch oder eine Kröte, so dringen sie durch dessen/deren Haut ein, wandern in den Körper des Frosches bzw. der Kröte und verkapseln sich als sogenannte Metacerkarien (Bild rechts), das infektionsreife Larvenstadium, in der Muskulatur.

 

 

 

Wird jetzt dieser infizierte Frosch von einem Carnivoren gefressen, so schlüpfen aus den Zysten lebhaft bewegliche Metazerkarien (Bild links) mit einem deutlich sichtbaren y-förmigen Schlauch, der mit dunklen Resten des Stoffwechsels gefüllt ist.

 

 

Diese wandern in die Nasennebenhöhlen des Endwirtes, entwickeln sich hier zu geschlechtsreifen Saugwürmern und verursachen später die charakteristischen Löcher in den Stirnbeinen.

 

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Quellen:

  1. H. Vogel, J. Voelker: Vom Nasensaugwurm des Iltisses
  2. H. Vogel, J. Voelker: Über den Lebenszyklus von Troglotrema acutum
  3. P. Koubek: Troglotrema acutum (Digenea) from carnivores in the Czech Republic
  4. H. Zahner, J. Eckert, K. Friedhoff: Lehrbuch der Parasitologie für die Tiermedizin
  5. Ahne, Liebich, Stohrer, Wolf: Lehrbuch für Studierende der Veterinärmedizin und Agrarwissenschaften