Ölkäfer

Ein Käfer mit einer äußerst interessanten Larvenentwicklung

Von Ernst-Otto Pieper


Zwei verschiedene Entwicklungstypen haben sich bei Insekten entwickelt. Bei der unvollkommenen Verwandlung schlüpft aus dem Ei eine Larve, die dem ausgewachsenen Tier, z.B. Wanzen oder Heuschrecken, schon sehr ähnlich sieht. Um größer zu werden, müssen sich die Larven mehrmals häuten. Erst bei der Häutung vom letzten Larvenstadium zum ausgewachsenen, geschlechtsreifen Tier treten bei geflügelten Arten die Flügel auf (Ei – Larve – Imago). Beim zweiten Typ, z.B. bei Käfern, Fliegen, Schmetterlingen usw. verläuft die Entwicklung ganz anders. Hier handelt es sich um eine echte, vollkommene Verwandlung – der Metamorphose. Aus deren Eiern schlüpfen Larven, die den ausgewachsenen Tieren nicht annähernd ähneln. Auch hier müssen sich die Larven mehrmals häuten um größer zu werden, sie werden aber den ausgewachsenen Tieren nicht ähnlicher. In einem zwischengeschalteten Stadium, der „Puppe“ erfolgt die Organumwandlung. Aus der Puppe schlüpft dann das ausgewachsene, geschlechtsreife Tier (Ei – Larve – Puppe – Imago).

Diese geschilderte Metamorphose gilt allgemein für alle Käfer. Bei wenigen Käferarten kommt es vor, dass nicht nur eine Larvenform auftritt, sondern mehrere, die voneinander abweichen, was als Hypermetamorphose bezeichnet wird. Diese „Überverwandlung“ ist für die gesamte Familie der Ölkäfer (Meloidae) charakteristisch.

Ölkäferarten, auch Maiwurm genannt, legen an sonnigen, trockenen Plätzen in selbstgegrabenen Erdlöchern paketweise ihre Eier ab aus denen bald etwa 2 mm große, sehr bewegliche Larven schlüpfen. Ihr Körperbau zeigt eine Besonderheit, wie sie bei anderen Insekten nicht vorkommt: An jedem Fuß hat die Larve anscheinend 3 Krallen (eigentlich handelt es sich aber nur um eine Klaue, die seitlich zwei starre klauenförmigen Borsten trägt). Sie werden deshalb Triungulinen (Dreiklauer) genannt. Triungulinen haben fadenförmigen Hinterleibsenden, Mundwerkzeuge und Augen. Bald nach dem Schlüpfen erklettern diese Larven Pflanzen und nehmen Lauerstellung ein. Nur diejenigen, die eine Blüte erreichen, haben Aussicht auf eine Weiterentwicklung. Hier lauern sie auf anfliegende Insekten, die von ihnen angesprungen werden und an denen sie sich festklammern. Nur Larven, die eine Erdbiene erwischen, habe die Chance auf eine Weiterentwicklung. Die Biene trägt den „blinden Passagier“ in ihre Nestzelle. Sobald die Wildbiene ein Ei auf die mit Honig gefüllte Zelle legt, springt die Triunguline auf das im Honig schwimmende Ei, wobei größte Geschicklichkeit erforderlich ist. Verfehlt sie ihr Ziel, ertrinkt die Käferlarve in der Honigmasse. Die Larve frisst zunächst das Bienenei und häutet sich danach zu einer Sekundärlarve, die auf dem Honig schwimmen kann. Eine Ähnlichkeit zur Primärlarve ist nicht mehr vorhanden. Diese Sekundärlarve ernährt sich vom Honig und häutet sich danach zweimal ohne Änderung der Gestalt. Die dritte Häutung führt zu einem Ruhestadium, der Tertiärlarve, auch Scheinpuppe genannt. In diesem Zustand überwintert sie. Nach einer neuerlichen Häutung im Frühling entsteht die Quartärlarve. Ohne wesentliche Nahrungsaufnahme häutet sich diese Larve dann zur Puppe, aus der schließlich nach einer kurzen Ruhezeit der fertige Käfer schlüpft.

Verständlich, dass bei dieser komplizierten und gefahrvollen Entwicklung, die Ölkäfer-Weibchen große Mengen von Eier legen müssen. Rund 2000 bis 4000 Eier pro Weibchen sind erforderlich, um die Art zu erhalten – ein gutes Beispiel für r-Strategie (r-Strategensind Arten, die bei der Fortpflanzung auf eine hohe Reproduktionsrate (r) setzen).

Da der Lebensraum der Ölkäfer, Wiesen mit blühenden Pflanzen, zunehmend verändert wird, nehmen diese in ihrem Bestand stark ab. Ölkäfer sind deshalb in Deutschland in der Roten Liste gefährdeter Arten als gefährdet (3) eingestuft.