Orchideen des Ohmgebirges

Von Elmar Senat, Forstamt Leinefelde – Revier Ohmgebirge

Das Ohmgebirge ist ein dem Harz vorgelagertes, kleines Mittelgebirge im Nord-Westen Thüringens. Das atlantisch-beeinflusste Klima ist rau und kalt. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt 6,8° C und der jährliche Niederschlag liegt bei 700-750 mm.

Durch den Muschelkalk, der sich auf dem Plateau und den mittleren Lagen befindet, konnte sich eine reichhaltige Flora entwickeln. Das Ohmgebirge wird von Laubwald dominiert und ist zum größten Teil Bestandteil der europäischen Vogelschutz- und FFH-Richtlinie. Durch Bewirtschaftung, Klima und Geologie haben sich hier verschiedene Lebensraumtypen entwickelt. Vorherrschend sind die Waldmeister-Buchenwälder, gefolgt von den Schlucht-Hangmischwäldern und den Orchideen-Kalk-Buchenwäldern.

Orchideen kommen hier auf allen genannten Lebensraumtypen vor:

Männliches Knabenkraut (Orchis mascula)

So zeigt sich ab Mai das Stattliche Knabenkraut (Orchis mascula). Diese, mit zahlreichen purpurrosafarbenen und dunkel gefleckten Blüten, bis 50 cm große Orchidee, ist meist auf lichten Eschen und Buchenbeständen vorhanden. Auf diesen Flächen kommt sie häufig in größeren Gruppen vor.

Bräunliche Nestwurz (Neottia nidus-avis)

Zur gleichen Zeit entwickelt die Bräunliche Nestwurz (Neottia nidus – avis) ihre Blüten. Diese Orchidee wird von den wenigsten Waldbesuchern als lebende Pflanze angesehen, da sie in allen Pflanzenteilen farblos ist.

Rotes Waldvögelein (Cephalanthera rubra)

Die Nestwurz ist aber keine Schmarotzerpflanze. Sie ist eine Moderpflanze, welche mit Pilzen eine Symbiose eingeht und organische Reste im Humus nutzt. Ab Juni erscheinen Rotes Waldvögelein (Cephalanthera rubra) und Weißes Waldvögelein (Cephalanthera alba).

Weißes Waldvögelein (Cephalanthera alba)

Das Rote Waldvögelein ist seltener und liebt lockere, kalkhaltige Böden. Diese Orchidee kommt nicht nur in lichten Wäldern vor, wir finden sie auch auf Waldwiesen.

Das Weiße Waldvögelein verlässt jedoch selten den Halbschatten des Waldes. Gegenüber dem Roten Waldvögelein erfolgt eine völlige Blütenöffnung beim Weißen Waldvögelein sehr selten.

Fliegenragwurz (Ophrys insectifera)

Auf Magerrasen, lichten Wäldern, auf kalkreichen Böden finden wir im Ohmgebirge die Fliegenragwurz (Ophrys insectifera). Am gelblich grünen Stängel sitzen wenige Blüten von Fliegenähnlicher Gestalt.

Durch Duft und Aussehen der Blüten werden die Männchen bestimmter Hautflüglerarten getäuscht. Beim Begattungsversuch der Blüten übertragen die Insekten die Pollen und tragen somit zur Fortpflanzung bei.

Zweiblättrige Waldhyazinthe (Planthera bifolia)

Die Zweiblättrige Waldhyazinthe (Plantanthera bifolia) bevorzugt ebenfalls magere Wiesen und lichte Wälder. Die großen, weißen Blüten duften ab Mai bis Juli besonders intensiv und locken Nachtfalter an. Typisch ist hier die zungenförmige Blütenlippe, die bis zu zwei cm nach unten hängt.

Großes Zweiblatt (Listera ovata)

Eine der häufigsten Orchideen ist das Große Zweiblatt (Listera ovata).

Zwei große, ovale, Blätter sitzen am Stiel und die vielblütige Traube trägt unauffällige grüne gegabelte Blüten. Das große Zweiblatt kommt auf feuchten Wiesen, lichten Wäldern und unter Büschen vor. Bestäubt wird diese Pflanze durch Insekten. Aber auch durch Samen und durch Knospenbildung am Wurzelstock verbreitet sich diese Orchidee.

Rotbrauner Sitter (Epipactis atrorubens)

Der Rotbraune Sitter (Epipactis atrorubens) blüht von Juni bis August auf kalkreichen, trockenen Böden. Die Blüten verströmen einen vanilleartigen Duft und locken Insekten zur Bestäubung an. Der Samen wird durch Wind verstreut.

Dieser Sitter ist sehr unscheinbar, jedoch bei genauer Betrachtung kommen die braunroten Blüten zur Geltung.

Händelwurz (Gymnadenia conopsea)

Von Mai bis September blüht auf Magerrasen, Moorwiesen, in lichten Wäldern und unter Büschen die Händelwurz (Gymnadenia conopsea). Die Händelwurz kommt recht häufig vor. Ihre rosavioletten Blüten bilden eine lange vielblütige Ähre und duften schwach nach Nelken. Diese Pflanze lockt ebenfalls Nachtfalter an, wobei der lange Blütensporn nur langrüsseligen Insekten Zugang zum Nektar gewährt.

Der Violette Sitter (Epipactis pupuata) ist einer der letzten Orchideen im Jahr und blüht von August bis Oktober. Den Violetten Sitter finden wir in schattigen Laubwäldern mit frischen, basenreichen, meist kalkhaltigen Böden.

Die schlank wachsende Orchidee besitzt mehrere dicht stehende violette Blütentriebe.

In unseren Breiten kommen etwa 60 Orchideenarten vor, die regional nach Standort und Klima auftreten. Viele Orchideen bevorzugen magere Rasen, lichte und schattige Wälder auf kalkhaltigen Böden. Nur wenige Orchideen wachsen auf bodensauren Flächen. Die oben aufgeführten Pflanzen sind die häufigsten Vertreter der Orchideen im Ohmgebirge.