Projekt zum Schutz des Birkhuhns im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide

Das Naturschutzgebiet „Lüneburger Heide“, südlich der Metropole Hamburg gelegen, umfasst eine Fläche von etwa 23.000 Hektar und bietet den Birkhühnern auf Teilflächen des Schutzgebietes einen geeigneten Lebensraum. Die Birkhühner besiedeln die rund 5.200 Hektar großen Heideflächen und die angrenzenden, stark aufgelichteten Wald-Heide-Übergangsbereiche. Zur Stabilisierung und Förderung der Birkhuhnzahlen wurde im Jahr 2005 das auf fünf Jahre angelegte Artenschutzprojekt „Schutz des Birkhuhns im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide“ ins Leben gerufen.

Das Umsetzungsprojekt basiert auf drei Säulen. Für die Prädatorenkontrolle, die einen der drei Bausteine darstellt, wurde eigens ein Mitarbeiter des Niedersächsischen Forstamtes Sellhorn für die Dauer der Projektlaufzeit an den Projektträger, die Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide, abgestellt. Neben der Prädatorenkontrolle stellt auch das Birkhuhn-Monitoring einen wesentlichen Teil seiner Aufgaben im Birkhuhnprojekt dar. Das Birkhuhn-Monitoring ist hauptsächlich darauf angelegt, mehr über die räumlich-zeitliche Nutzung der Biotopstrukturen durch die Raufußhühner in Erfahrung zu bringen. Darüber hinaus werden spezielle Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen im „Naturschutzgebiet Lüneburger Heide“ durchgeführt, die im Besonderen dem Birkhuhn zu Gute kommen sollen. Die Projektpartner werden im folgenden Schaubild dargestellt.

Projektträger:  Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide

Das Niedersächsische Forstamt Sellhorn (NFA Sellhorn) stellte mit Projektbeginn einen Mitarbeiter, Herrn Martin Tripp, im Rahmen einer halben Stelle, finanziert durch die Niedersächsischen Landesforsten, für die gesamte Projektlaufzeit an das Birkhuhnprojekt ab. Dank der finanziellen Unterstützung durch die Landesjägerschaft Niedersachsen und das Niedersächsische Landwirtschaftsministerium konnte Herr Tripp seine Aufgaben im Birkhuhnprojekt dann seit dem 1. April 2006 sogar im Rahmen einer vollen Stelle wahrnehmen. Herr Tripp führt einerseits eine Prädatorenkontrolle in den Kernbereichen des Birkhuhnvorkommens durch und untersucht andererseits ganzjährig das räumlich-zeitliche Verhaltens- und Habitatnutzungsmuster der Birkhühner im Schutzgebiet. In Zusammenarbeit mit der Staatlichen Vogelschutzwarte wurde ein Monitoring-Konzept entwickelt, in dessen Rahmen sich die Methoden in Abhängigkeit zum Verhalten der Birkhühner im Jahresverlauf verändern.

Das Niedersächsische Umweltministerium finanziert spezielle Artenschutzmaßnahmen für das Birkhuhn, die vom Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide im Naturschutzgebiet umgesetzt werden. Die Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen dienen sowohl der Optimierung des vorhandenen Birkhuhn-Lebensraumes als auch der Weiterentwicklung der potentiellen Birkhuhn-Lebensräume innerhalb des Naturschutzgebietes. Unterstützt werden diese Maßnahmen vom NFA Sellhorn durch die Auflichtung landeseigener Waldränder im Übergangsbereich zu Heideflächen.

Bild 1: Birkhähne balzen auf einer Schopperfläche


Prädatorenkontrolle

Die mögliche Bestandsbeeinflussung der Birkhuhnpopulation durch die Prädatoren Fuchs und Wildschwein wird durch ihre intensive Bejagung reduziert. Die anderen bekannten Prädatoren (z.B. Habicht, Marder und Dachs) kommen hier im NSG vor, treten aber nicht besonders in Erscheinung.

Die Kartierung der Fuchs- bzw. Dachsbaue stellt die Grundlage für eine effektive Fuchsbejagung dar. Gegenwärtig sind etwa 200 Baue auf ca. 3500 ha Heide- und Waldrandfläche kartiert. Die Kartierung wird laufend ergänzt. Unterstützt wird diese Arbeit auch durch die Hinweise von Schäfern, Jägern und Landschaftspflegepersonal, von Personen also, die in der Fläche unterwegs sind.

Der Fuchs wird bei der Bau-, Fang- und Ansitzjagd erlegt. Die Baujagd (Kunst- und Naturbau) hat sich als die effektivste Jagdart hier auf der Heide herausgestellt. Ebenfalls ist der Ansitz an frisch gemähten Wiesen und abgeernteten Getreidefeldern sehr erfolgreich.

Die Jagderlaubnisscheininhaber des VNP und des NFA Sellhorn im Naturschutzgebiet wurden ausdrücklich dazu aufgefordert, den Rotfuchs scharf zu bejagen. Die umliegenden Hegeringe der Jägerschaften der Landesjägerschaft wurden gebeten, die Ziele des Birkhuhnprojektes weiter zu tragen und auf ihren Flächen Fuchs und Wildschwein intensiv zu bejagen.

Die Wildscheinbejagung erfolgt schwerpunktmäßig durch großflächig angelegte Ansitz-Anrühr-Jagden, die revierübergreifend und auch revierintern durchgeführt werden. Diese Jagdmethoden haben sich in den letzten Jahren gut bewährt. Aufwand und Erfolg stehen hier in einem günstigen Verhältnis. Ebenso bleibt die Beunruhigung des Birkwildlebensraumes bei einer  im Jagdjahr durchgeführten Jagd mit ca. 3 – 4 Stunden eher gering.

Das durch Herrn Tripp durchgeführte Monitoring ist so angelegt, dass hierbei ggf. die Prädatorenkontrolle mit durchgeführt werden kann.


Birkhuhn – Monitoring

Das Wintermonitoring wird im Zeitraum zwischen September und Februar eines jeden Jahres durchgeführt. Die vier, zwischen fünf und neun Kilometer langen Wintermonitoring-Transekte, werden regelmäßig in den frühen Morgenstunden befahren. Die Dauer der Transektbefahrung ändert sich in Abhängigkeit zum Beobachtungserfolg, denn die Birkhühner werden wie bei allen Erfassungsmethoden im Rahmen des Projektes nicht nur in ihrer Zahl erfasst, sondern auch so lange wie möglich beobachtet, um möglichst viel über das Verhalten und die Habitatnutzung der Birkhühner im Naturschutzgebiet in Erfahrung zu bringen. Die Pflegemaßnahmenplanung ist zur Optimierung auf diese Erkenntnisse angewiesen. 

Auch das Maßnahmen-Monitoring dient der Pflegeplanung bzw. der Effizienzkontrolle. Die Raumnutzungsintensität der Birkhühner lässt sich über die Suche nach Gestüber gut nachweisen. Da sich Störungen der Birkhühner bei der Begehung von Flächen abseits der Wege aber nicht ausschließen lassen, findet eine Gestübersuche innerhalb der Kerngebiete bzw. in den Bereichen, aus denen regelmäßige Birkhuhnbeobachtungen vorliegen, nicht statt. Genutzt wird das Maßnahmen-Monitoring hingegen am Rand der Kerngebiete, zur Effizienzkontrolle in den Birkhuhn-Pflegeflächen. Denn nur auf diese Art und Weise ist ein Nachweis in einem akzeptablen, zeitlich befristeten Rahmen, möglich. Eine Kette aus 4-6 Personen durchkämmt dabei, möglichst nur im Februar eines jeden Jahres, im Abstand von wenigen Metern die neu geschaffenen, lichten und reich strukturierten, potentiellen Birkhuhnhabitate.

Die Birkhuhnbalz-Zählung bietet die beste Möglichkeit, eine möglichst genaue Bestandserfassung des Birkhuhns im Naturschutzgebiet „Lüneburger Heide“ durchzuführen. Traditionell werden in jedem Frühjahr von ehrenamtlichen Helfern Synchronzählungen durchgeführt. Die Ergebnisse der Balzplatzzählungen der vergangenen Jahre sind sehr erfreulich. Während der Synchronzählungen im Jahr 2006 balzten mindestens 40 Hähne im Naturschutzgebiet und zudem konnten 25 Hennenbeobachtungen notiert werden. Die Gesamtzahl von 65 Birkhühnern steigerte sich im Jahr 2007 sogar noch auf insgesamt 78 Vögel. Die Zahl der Hähne stieg um 5 Tiere auf 45 Birkhähne an und darüber hinaus wurden sogar noch 8 Hennen mehr als im Vorjahr, insgesamt 33, gezählt. 

Diagramm 1: Bestandsentwicklung der Birkhühner im „Naturschutzgebiet Lüneburger Heide“


Der relativ genaue Kenntnisstand der Balzaktivitäten der schwarzen Hähne in den traditionellen Balzgebieten und die gleichzeitig vorhandenen Wissenslücken über Birkhähne, die eventuell außerhalb der Kernlebensräume zur Balz schreiten, gaben den Ausschlag für die Einführung des Balz­monitorings. Im Rahmen des Birkhuhnprojektes sucht der Projektmitarbeiter, Herr Tripp, während der Frühjahrsbalz, also in dem Zeitraum, in dem ein Beobachtungserfolg am wahrscheinlichsten scheint, in den Heide-, Moor- und Wald-Heide-Übergangsbereichen im Naturschutzgebiet „Lüneburger Heide“, die sich an die Kernlebensräume anschließen, nach den großen Hühnervögeln.

Eine Nestersuche findet im Naturschutzgebiet „Lüneburger Heide“ bislang nicht statt, da der Zeitaufwand in keiner Relation zum Sucherfolg steht. Darüber hinaus ist der VNP seit Jahren bemüht, die Störungen in den potentiellen Brutplatzbereichen so gering wie möglich zu halten. So werden nicht nur bereits seit vielen Jahren temporäre Beweidungsruhezonen eingerichtet, sondern auch die Einhaltung des Wegegebotes und die Anleinpflicht für Hunde im Besonderen sowohl durch die Naturwacht des VNP als auch durch Martin Tripp kontrolliert. Denn die Brutplätze der Birkhühner zu erhalten und vor Beunruhigungen zu schützen ist eine der dringlichsten Aufgaben des Birkhuhnschutzes im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide. Die Lage und Größe der temporären Beweidungsruhezonen wird nicht zuletzt auch durch die Hennenbeobachtungen während der Brutzeit bestimmt. Um aber genau diese sehr entscheidende Datengrundlage zu erhöhen wurde das Brutplatzmonitoring eingeführt. Herr Tripp überwacht zur entsprechenden Jahreszeit stichprobenartig potentielle Brutlebensräume. Zur Zeit ist den Schäfern des VNP auf einer Fläche von rund 460 ha im Zeitraum von Anfang April bis Mitte Juli die Beweidung der Heide untersagt. Zudem werden etwa 150 ha Fläche nur sehr extensiv und in einem nach Möglichkeit sehr lockeren Hütestil beweidet.

Auch in den Herbstmonaten schreiten die Birkhühner in der Regel wieder zur Balz. Die Intensität und Regelmäßigkeit der Balz ist allerdings nicht mit der des Frühjahres vergleichbar. Dennoch geben die Herbstbalzzählungen wichtige Hinweise. Sie werden nach derselben Methode wie die Frühjahrs-Synchronzählungen durchgeführt.


Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen

Im Naturschutzgebiet „Lüneburger Heide“ ist das Birkhuhn ein Bewohner der großen Heideflächen mit ihren unterschiedlich hohen Verkusselungsgraden. Umfangreiche Maßnahmen zur Erhaltung, d.h. zur Verjüngung der Besenheide und zur Gestaltung dieser Heidelandschaft werden jährlich von der Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide durchgeführt. Neben der Beweidung durch Heidschnucken und Ziegen werden die Heideflächen abschnittsweise gemäht und das Gehölzaufkommen wird durch Entkusselungsmaßnahmen in Grenzen gehalten. Zudem brennt der VNP kleine Heidefläche im Winterhalbjahr kontrolliert ab. Die Flächengröße beträgt im Durchschnitt jeweils etwa 0,5 ha. Wenn die Heideflächen weder zu mähen noch zu brennen sind, werden Schopper- und bei stärkerer Vergrasung Plaggmaßnahmen durchgeführt. Durch Plagg- und Schopperarbeiten werden Rohhumusauflagen abgehobelt um der Besenheide wieder nährstoffarme Wuchsbedingungen zu schaffen. Im Jahr 2006 wurden diese Pflegemaßnahmen auf einer Fläche von rund 550 ha Fläche durchgeführt (siehe Tabelle 2). Bei der Planung und Durchführung der Maßnahmen werden Belange des Naturschutzes im Besonderen berücksichtigt.

Durch die Bereitstellung von jährlich 50.000 Euro durch das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz, die im Rahmen des Projektes zum Schutz des Birkhuhns speziell den Rauhfußhühnern zu Gute kommen, erhält der VNP die Möglichkeit, den Birkhuhnlebensraum noch attraktiver zu gestalten. Die im Rahmen des Birkhuhnprojektes durch das Niedersächsische Umweltministerium zur Verfügung gestellten Gelder wurden in den Jahren 2005 und 2006 auf einer Fläche von knapp 200 ha zur Auflockerung scharfer Wald-Heide-Übergangsbereiche und zur Auflichtung von kleinen Kiefernwäldern eingesetzt, die inselartig innerhalb von Heideflächen liegen. Denn die Beobachtung von Birkhühnern innerhalb von bereits vorhandenen, sehr lichten Wald-Heide-Übergangsbereichen belegen den hohen Wert lichter Waldrandbereiche als Teillebensraum des Birkhuhns. Zugleich besteht im Naturschutzgebiet bislang ein großes Defizit entsprechend ausgeprägter Waldränder. Darüber hinaus war eine Förderung entsprechender Waldrandgestaltung im Rahmen anderer Programme zum Erhalt und zur Entwicklung dieser Biotope im Naturschutzgebiet im Jahr 2006 nicht möglich.

Auch dichter Kiefernjungwuchs, der auf ehemaligen Panzerbahnen stand, wurde stark zurückgedrängt. Diese Entkusselungen wurden stets mit dem Blick auf den Verkusselungsgrad der Birkhuhn-Kernlebensräume im NSG durchgeführt. Auf diese Weise entstanden beispielsweise in der Osterheide, die bis Anfang der 90er Jahre noch zu den Panzerübungsflächen gehörte, ein reich strukturierter Lebensraum aus Einzelbäumen, Baumgruppen, sehr lichten Kiefernwäldern und mehr oder weniger stark verkusselten Heidebereichen, der inzwischen gern vom Birkhuhn angenommen wird.

Bild 2: Erster Schritt zur Auflichtung eines Waldrandes im Übergang zur Heide

Die Waldrandgestaltung auf einer Breite von 40-60 m erfolgt in mehreren Arbeitsgängen, um die anschließenden Waldbestände, besonders in windexponierten Lagen, nicht zu gefährden. Birken, Eichen, Pappeln und Wacholder werden bei den Auflichtungen der Kiefernwaldränder im Besonderen geschont und freigestellt. Das Kronenmaterial und das verbleibende Reisig werden durch Tragschlepper aus dem Waldrandbereich herausgezogen. Die Flächen werden in der Folge in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen durch die Heidschnuckenherden des VNP beweidet, damit der lichte Zustand erhalten bleibt. Die Übergänge zwischen Wald und Heide werden in wenigen Jahren fließend erfolgen.

Auch das NFA Sellhorn plant, scharfe Waldkanten in lichte Wald-Heide-Übergangsbereiche zu entwickeln und begann bereits mit der Auflichtung eines Waldbereiches zur Vernetzung von zwei Heideflächen. Auf einer Länge von über einem Kilometer Länge wurde eine Trifft zwischen der Oberhaverbecker Heide und dem Steingrund geschaffen. Der Wald wurde sehr stark aufgelichtet und das Reisigmaterial gebündelt, gehackt und abtransportiert. Heidschnucken und Ziegen des VNP werden die Trift in Zukunft beweiden, um den lichten Charakter aufrecht zu erhalten. Auch dem Birkhuhn soll diese Vernetzungsachse neben zahlreichen lichtbedürftigen Arten als Wanderkorridor zu Gute kommen.

Die gezielte Entwicklung von Lebensräumen für das Birkhuhn stellt gleichzeitig eine Lebensraumaufwertung für eine Vielzahl heidetypischer Arten dar. So profitieren von den Waldrandgestaltungsmaßnahmen zahlreiche bedrohte Erdflechten, Bärlappe und Vogelarten wie Ziegenmelker, Grünspecht und Heidelerche. Nicht zuletzt tragen zur Anreicherung des Birkhuhn-Lebensraumes auch die neu angelegten und mit Buchweizen bestellten Birkhuhn-Äsungsflächen bei.


Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide
Stefan Wormanns
Niederhaverbeck 7
29646 Bispingen
wormanns@verein-naturschutzpark.de
www.verein-naturschutzpark.de