Aegolius funereus LINNAEUS, 1758
von Ernst-Otto Pieper
Ordnung: Eulen (Stringiformes)
Familie: Eigentliche Eulen (Stringidae)
Gattung: Käuze (Strix)
Art: Raufußkauz
Für den Raufußkauz sind 4 Unterarten anerkannt.
Kennzeichen:
- Etwa Steinkauzgröße, von dem er sich aber durch den größeren und rundlicheren Kopf deutlich unterscheidet.
- Der ausgeprägte, helle Gesichtsschleier ist seitlich schwarz-braun umrandet.
- Gefieder oberseits dunkelbraun mit rundlichen weißen Flecken.
- Füße bis zu den Krallen mit dichter, weißer, pelzartiger Befiederung.
Größe:
- Männchen und Weibchen sind äußerlich nicht zu unterscheiden
- Flügelspannweite: Männchen 53 bis 60 cm.
- Gewicht (in Deutschland): Männchen 90 – 113 g, Weibchen 126 – 194 g.
Natürliches Vorkommen:
- Typischer Bewohner des nördlichen Nadelwaldes.
- Noch vor etwa 60 Jahren war der Raufußkauz in Mitteleuropa weitgehend unbekannt. 1938 in der Lüneburger Heide erstmals als Brutvogel entdeckt.
Biotop:
- Als ausgesprochener Höhlenbrüter normalerweise auf Altholzbestände – meist Rotbuchen oder Kiefern – mit Schwarzspechthöhlen angewiesen.
- Braucht in der Nähe deckungsreiche Nadelholzbestände zur Tagesruhe, sowie offene Flächen zum Jagen.
- Höhenlagen scheinen eine untergeordnete Rolle zu spielen.
Lebensweise:
- Rein nachtaktiv.
- Durchfliegt geschickt auch Dichtstand und Gestrüpp.
- Einzelgänger mit nur saisonaler Paarbildung.
Status des Vorkommens:
- Adulte Männchen gelten als ortstreu und verbleiben ganzjährig im Brutgebiet. Weibchen bleiben nur bei ausreichender Beutedichte; streifen typischerweise weit umher.
Besonderheiten:
- Gegenüber dem Menschen ohne jede Scheu, selbst an der Bruthöhle.
Alter:
- Sterblichkeit im 1. Lebensjahr: 24 bis 75 % (je nach Mäuseangebot)
- Höchstalter: 15 Jahre in freier Natur.
Stimme:
- Die Gesangsaktivität nimmt mit fortschreitender Balzzeit zu und ist maximal bei unverpaart gebliebenen Männchen; diese singen oft auch am hellen Tag.
- Zum Höhepunkt der Balz fällt die nächtliche Pause mitunter aus und der Kauz singt „pausenlos“ die ganze Nacht.
Fortpflanzung:
- Geschlechtsreife im 1. Lebensjahr.
- Bei guten Nahrungsangeboten können die Weibchen Zweit- oder Schachtelbruten produzieren.
- Kurzfristiger Partnerwechsel unter Zurücklassung des Männchens mit den noch versorgungsabhängigen Jungen möglich.
- Reviermarkierung durch Gesang, in manchen Jahren bereits im Herbst.
- Die Konflikt-beladene Anpaarungsphase dauert mehrere Tage.
- Kopulationen finden stets außerhalb der Bruthöhle statt.
- Das Männchen versorgt die Familie ab Paarbildung allein mit Beute. Diese wird am Flugloch übergeben.
Art der Ehe:
- In der Regel eine monogame Saisonehe (vor jeder Brut Neuverpaarung)
Nest:
- Höhlenbrüter
- Nistkästen werden regional in sehr unterschiedlichem Maße angenommen. Vermutlich Prägungsphänomen.
Brut:
- Nur das Weibchen brütet.
- Legebeginn von Mitte März bis Anfang Mai, meist Anfang April.
- Gelegegröße: (2) 3 – 6, in sehr mäusereichen Jahren bis zu 8 Eier; 32,7 x 26,6 mm; 12 g.
- Legeabstand: 2 Tage.
- Brutbeginn ab (2.) 3. Ei.
- Brutdauer: 26 – 28 Tage.
- In der Höhle füttert nur das Weibchen.
- Überschüssige Beute wird in der Höhle eingelagert. Auch verstorbene Jungvögel werden verfüttert.
- Erst in der 3. Woche der Nestlingszeit bleibt das Weibchen für mehrere Stunden außerhalb der Höhle.
- Nestlingsdauer: 29 – 36 Tage.
- Nach dem Ausfliegen werden die Ästlinge vor allem vom Männchen gefüttert. Verunglückt das Männchen, versorgt das Weibchen allein.
- Flugfähigkeit nach rund 35 Tagen.
- Familienauflösung nach ca. 10 bis 12 Wochen.
Nahrung:
- 94% Kleinsäuger, 6 % Kleinvögel (bis Drosselgröße). Jahreszeitliche Schwankungen sind möglich.
- Bei großer Nestlingszahl trägt das Männchen wenigstens 4- bis 5-mal pro Nacht Beute an die Höhle.
Verluste:
- Zu den Beutegreifern zählen größere Eulenarten, Greifvögel und Baummarder.
- Brütende Weibchen sind in der großen Schwarzspechthöhle weitgehend schutzlos, vor allem gegen Marder. Sie reagieren daher sehr empfindlich auf Kratz- und Scharrgeräusche am Stammfuß des Brutbaumes und blicken typischerweise mit weit nach unten abgewinkeltem Kopf zum Flugloch heraus.