Rhumequelle

Von Ernst-Otto Pieper

Sie sind im Südharz unterwegs? Dann machen Sie doch mal einen Ausflug zur Rhumequelle – es lohnt sich – auch im Spätherbst.

Die Rhumequelle finden Sie unmittelbar nordostwärts der Ortschaft Rhumspringe, und die wiederum liegt rund 8 km südlich von Herzberg am Harz. Möglicherweise hat Ihr NAVI die Örtlichkeit sogar gespeichert.

Rhumnequelle Foto: E.-O. Pieper

Ein Parkplatz nimmt unser Auto in Empfang (alles bestens ausgeschildert), und wir pilgern zu Fuß in wenigen Minuten zu der sagenumwobenen Quelle.

Ein sehr idyllisches Fleckchen erwartet uns und lädt zum Träumen ein, denn die zahlreichen leise glucksenden Quellen raunen eine uralte Sage: Es war einmal eine Zwergenprinzessin; sie hieß Ruma und sie liebte den Riesenjüngling Romar. Aber die Riesen und die Zwerge waren miteinander verfeindet wie die Sippen von Romeo und Julia. Deshalb sperrte der Zwergenkönig seine Tochter tief in den Berg, damit sie sich nicht mit Romar treffen konnte. Aber Rumas Liebe war so stark, dass sie sich in einen Bergquell verwandelte und das Felsverließ sprengte…Die Folgen dieses Happy Ends sehen Sie nun vor sich.

Die Quelle gilt als eines der größten Naturwunder Europas!

Wissenschaftler haben allerdings festgestellt, dass hier nicht die verzauberte Ruma, sondern die versickerten Wasser vor allem der Harzflüsse Oder und Sieber zutage treten. Die Rhumequelle ist sozusagen ein „Überlaufventil“ eines riesigen unterirdischen Wasserspeichers im Karstgestein. Mit einer durchschnittlichen Quellschüttung von 2500 Liter pro Sekunde, maximal sogar 6000 Liter pro Sekunde. Würde man mit Kesselwaggons der Bundesbahn diese Wassermassen abtransportieren wollen, so hätte der Güterzug eine Länge von 300 km – jeden Tag! Da das Wasser durch Karstgestein fließt, werden in gelöster Form auch große Mengen an Gips und Kalk abtransportiert.

Das Wasser tritt mit grün-bläulichem Schimmer aus einem trichterförmigen, etwa 7 bis 8 Meter tiefen Hauptquelltopf mit etwa 500 m² Fläche sowie zahlreichen Nebenquellen hervor und fließt in einem bereits an der Quelle 5 Meter breiten Fluss ab. Die Wassertemperatur beträgt ganzjährig konstant 8 bis 9° C. Aus diesem Grund friert der Quellsee auch im Winter nicht zu.

 

Bereits 1913 fanden Versuche statt, um die Fließwege des Wassers zu erforschen. Dabei wurden in etwa 6 bis 9 km entfernte Bereiche der Flüsse Oder und Sieber Farbstoffe gegeben. Etwa 30 Stunden später tauchten diese Farbstoffe in der Rhumequelle wieder auf. Was beweist, dass das Wasser aus diesen beiden Fließgewässern unterirdisch zur Rhumequelle fließt.

Wenn sie auf dem 1999 angelegten Weg um den Quellteich herumwandern werden Sie mit Hilfe zahlreicher Hinweisschilder auf die Besonderheiten dieses Ortes hingewiesen.

Seit 1978 wird etwa 1% des Quellwassers zu Trinkwasser aufbereitet – das reicht für 15.000 Menschen.

Quellen sind seit alters her mystische Orte und Kultstätten. Dies trifft in besonderem Maße für die Rhumequelle zu, was man 1999 anhand archäologischer Funde erkannt hat. Im Zuge von Sanierungsarbeiten wurden auch Sedimente aus dem Quelltrichter herausgeholt. Das Sedimentgut wurde anschließend von Archäologen untersucht, dabei kamen erstaunliche Funde zu Tage. Die ältesten sind in das Frühneolithikum (ca. 5000 v. Chr.) zu datieren. Pfeilspitzen aus Feuerstein und Keramikreste aus der Kultur der Bandkeramik. Weitere Funde belegen den Zeitraum bis ins Spätmittelalter. Aus der Neuzeit stammen zahlreiche Münzen aus verschiedenen europäischen Ländern. Noch heute werfen viele Menschen eine Münze in die Quelle, was unschwer unter der Brücke zu erkennen ist.