Von Ernst-Otto Pieper
Johann Elias Ridinger wurde am 16. Februar 1698 in Ulm geboren. Bereits als Knabe zeigte er großes Vergnügen
am Zeichnen und Malen, was von seinem Vater gefördert wurde. Da er aber auch sonst besondere Fähigkeiten auf schulischem Gebiet, vor allem im Erlernen der lateinischen Sprache bewies, wollte er sich anfangs ganz dem humanistischen Studium widmen.
Doch schon bald entschloss er sich, sein Glück in der Malerei zu suchen, und sein verständiger Vater schickte ihn mit 14 Jahren in die Lehre des Malers Christoph Resch. Resch, der übrigens Altarblätter gemalt haben soll, war kein besonderer Künstler und arbeitete hauptsächlich als Anstreicher, Fassmaler. Ridingers Hauptbeschäftigung als Lehrling bestand aus dem Reiben von Farben oder dem Malen auf Wachs.
Immerhin besaß Resch gute Kenntnisse in Geometrie, Architektur und Perspektive, was ihm in späteren Jahren
von großem Nutzen war.
Der aufstrebende Geist des jungen Ridingers fühlte sich bei seinem Zunftherrn gedrückt und entwarf Pläne, „durchzubrennen“ und nach Italien zu marschieren, das als die unfehlbare Schule aller großen Künstler der
damaligen Zeit galt, doch wurde aus Mangel an finanziellen Mittel nichts daraus.
Nach Beendigung seiner Lehrzeit zog Ridinger nach Augsburg, wo er bei Johann Falch und vermutlich beim bischöflichen Maler Karl Wilhelm de Hamiltonder malte.
Auf Empfehlung eines Freundes kam er dann an den Hof des damals in Regensburg residierenden
Churfürstlich-Brandenburgischen Comitial-Gesandten des Grafen von Metternich, wo er während eines dreijährigen Aufenthaltes sowohl die Reitschule als auch die gesamte Jägerei aus eigener Anschauung aufs Genaueste studieren konnte.
Hier machte er bedeutende Fortschritte in der Tiermalerei. Nach Augsburg zurückgekehrt, nahm er weiteren Unterricht bei dem berühmten Schlachtenmaler Georg Philipp Rugendas, der damals Direktor der dortigen Reichsstädtischen Kunstakademie war, und besuchte nebenbei noch die Kunstakademie.
1723 heiratete er die Witwe des Malers Johann Seuter. Dieser Ehe entstammen 6 Kinder, darunter der Maler und Radierer Martin Elias (1730 – 1780) und der Schwarzkunststecher Johann Jakob (1736 – 1784).
Nachdem sich Ridinger bald ganz dem Kupferstich, und hier insbesondere der Darstellung der Jagdtiere und der Jagd selbst zugewandt hatte, fanden seine Werke reißenden Absatz; dazu wurde er überhäuft mit Aufträgen von reichen Jagdliebhabern, worunter sich nicht wenige Adelige und auch sogar hohe Fürstlichkeiten befanden. Aber erst die Vorzeichnungen zu seinen Kupferstichen, von denen sich eine ganze Menge erhalten hat, zeigen seine ganze Meisterschaft. Es nimmt daher nicht wunder, dass diese, wenn sie zuweilen im Handel auftauchen, heute oft enorme Preise erzielen. Zweifellos war doch Ridinger der bedeutendste Sittenschilderer der Jagd des 18. Jahrhunderts.
1757 wurde Ridinger Assessor am ev. Ehegericht und zwei Jahre später zum Direktor der Reichstädtischen Kunstakademie in Augsburg gewählt. Der Künstler wurde „durch eine Schlagfluss“ plötzlich am 10. April 1767 der Welt entrückt.
Im gleichen Jahr, kurz vor seinem Tod, hat ihn sein Sohn, Johann Jacob, sehr ansprechend porträtiert:
Der Künstler, dargestellt in noch rüstigem Alter, sitzt in seinem geschmackvoll dekorierten Arbeitszimmer vor seinem Arbeitstisch. Sein linker Arm stützt sich auf eine Seite des Lehnstuhls, während die rechte Hand den Zeichenstift über einer aufgeschlagenen Zeichenmappe bereithält.
Die Kunsthandlung, die Riedinger gegründet hatte und die vor allem seine eigenen Blätter umfasste, ging an seine Söhne Martin Elias und Johann Jakob über, von denen der Erstere die radierten Blätter, der Zweite die Mezzotintostiche übernahm.
Johann Elias Ridingers radierte Blätter, welche sich auf etwa 1.600 belaufen, stellen die Tiere und Jagdszenen in
charakteristischen Lebensmomenten und landschaftlichen Umgebungen dar. Es ist selbstverständlich, dass er auch seiner Zeit Tribut zollte, seine menschlichen Figuren sind etwas stilisiert und nicht mit der Natürlichkeit seiner Tiere gezeichnet, man mag auch hier und da an den Pferden etwas Gleichförmiges und nicht ganz gelungen finden: seine Darstellungen sind trotzdem Zeugnisse seines scharfen und umfassenden Studiums der Natur.
Seine Blätter stellte er mit Vorliebe in Folgen zusammen. Die Folge mit den „wundersamsten Hirschen“ umfasst
beispielsweise 101 Blätter. Den einzelnen Blättern gab er häufig belehrende oder moralisierende Texte bei. Stichfolgen wie „Die Parforcejagd“, „Abbildung der jagdbaren Tiere und ihrer Fährten und Spuren“ oder „Jäger und Falkner“ vermitteln ein eindringliches Bild der Jagd im 18. Jahrhundert. Er trug mit seinen Stichen dem Repräsentationsbedürfnis von Adel, Fürsten und Königen Rechnung.
Die aus heutiger Sicht oft grausamen und unfairen Jagdsitten sind in ihrer Dynamik und Drastik nachzuempfinden.
Alte Abdrücke sind selten. Eine Ausgabe als „Galerie Ridingerscher Tier- und Jagdstücke“ wurde 1817 in Augsburg begonnen. Sehr zahlreich sind seine mit Genauigkeit und Geschmack ausgeführten Zeichnungen. Sein Werk umfasst auch Vorlagen für die berühmten Augsburger Goldschmiedearbeiten.