Robinie

Robinia pseudoacacia L.

Von Ernst-Otto Pieper

 

Robinie im Wildpark Gersfeld (Rhön); Foto: E.-O. Pieper

Unterklasse: Rosenähnliche (Rosidae)
Ordnung:      Schmetterlingsblütenartige (Fabales)
Familie:         Hülsenfrüchtler (Fabaceae)
Unterfamilie: Schmetterlingsblütler (Faboideae)
Gattung:        Robinien (Robinia)
Art:                Gewöhnliche Robinie

Die Gattung Robinia umfasst etwa 20 Arten in Nordamerika und im südlichen Mexiko. Neben R. neomexicana und R. viscosa ist  R. pseudoacacia die einzige Baumart in der Gattung, die ansonsten nur aus Sträuchern besteht.

Mit den Akazien ist die Robinie nicht sehr nahe verwandt.

Auch:              Falsche Akazie, Scheinakazie, Silberregen, Schotendorn

 

Kennzeichen:

  • Wuchsform: Baum mit rundlicher oder lockerer, schirmartiger Krone; meist mit abgestorbenen Ästen
  • Wuchshöhe: 12 bis 20 m im Freistand; im geschlossenen Bestand 20 bis 30 m.
  • Stamm: Kurzstämmig mit Neigung zur Krummschäftigkeit und Bildung einer Doppelkrone. Im besten Hiebsalter von 40 bis 50 Jahren erreicht der Baum eine Stammhöhe von 20 bis 25 m und hat dann einen Durchmesser von 30 bis 40 cm. Die astfreie Schaftlänge kann in diesem Alter im Bestandesschluss 8 bis 10 m betragen, das gegenwärtig vermarktete Rundholz (überwiegend aus Ungarn) liegt jedoch bei 2,5 bis 4 m Länge und Durchmesser von 25 bis maximal 40 cm.
  • Zweige/Borke: Äste stehen gedreht am kurzen Stamm. Borke tief gefurcht, netzig-längsrissig, graubraun bis dunkelbraun. Junge Zweige schwach hin und her gebogen, gerieft, kahl, olivgrün bis rotbraun. Zweige spröde und brüchig. Endknospe fehlt. Seitenknospen ganz in den Blattnarben verborgen, erst im Frühjahr hervorbrechend.
  • Blätter: Sommergrün. Die wechselständigen und unpaarig gefiederten Laubblätter entfalten sich sehr spät. Blätter 15 bis 30 cm lang; Blattstile 3 bis 4 cm, am Grund knotig verdickt. Spreite mit 9 bis 19 kurzgestielten, eiförmigen Fiederchen. Fiederchen 3 bis 6 cm lang und halb so breit; beidseitig fein behaart, oberseits verkahlend. Die Fiederchen können sich durch kleine Gelenke bei großer Hitze senkrecht nach unten klappen. Nebenblätter, vor allem an Schösslingen, zu bis 3 cm langen, geraden, rotbraunen, festen Dornen umgebildet. Im Blütenstandsbereich und in der Krone meist unverdornt.
  • Blüten: Zu 10 bis 25 in 10 bis 25 cm langen, hängenden Trauben an jungen Trieben. Stark duftend, bis 3 cm lang gestielt. Kelch glockig; Kronblätter weiß, 1 bis 2,5 cm lang; die 10 Staubblätter zu einer Röhre verwachsen. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten.
  • Blütezeit: Mai / Juni
  • Frucht: Fruchtblatt zu einer 5 bis 10 cm langen und 10 bis 15 mm breit, seitlich stark abgeflachten, pergamenten-lederigen, 4- bis 12-samigen, braunen Hülse auswachsend. Samen 6 bis 7 mm lang, braun, glatt, sehr hartschalig. Die Samen werden durch den Wind verbreitet. Die jährliche Ausbreitung liegt deshalb selten über 100 m. Dieses wird von der Natur dadurch ausgeglichen, das der Baum bereits im sechsten Jahr blüht und fruchtet und darüber hinaus sind die Samen bis zu 30 Jahre keimfähig. Die Samen sind Lichtkeimer.
  • Fruchtreife: September; die Robinie ist ein Wintersteher: ihre Früchte bleiben bis zu einem Jahr nach der Reife am Baum, obwohl die Hülsen längst geöffnet sind. Die Öffnung erfolgt bald nach der Reife. Die beiden Fruchtblatthälften trennen sich allmählich und ohne Torsion.
  • Holz: Äußerst biegsam und sehr fest und schwer, kaum schwindend aber langsam trocknend. Es ist schwer spaltbar, zäh und elastisch sowie gut biegbar. Das Holz ist extrem undurchlässig für Flüssigkeiten und Gase. Gehobelt glänzt es goldgelb. Der dünne Splint ist hellgelb, der Kern gelb bis dunkelbraun, oft rötlich geflammt und dunkelt nach. Das Holz wird im Schiffs- und Möbelbau, als Gruben- und Schwellenholz verwendet, wo es an Tragkraft von keinem anderen Holz übertroffen wird. Weitere Verwendungsbereiche sind: Ruderstangen, Leitersprossen, Speichen, Turngeräte und Parkett. Das Holz ist gegen Holzfäule widerstandsfähig. Es gilt als widerstandsfähiger und dauerhafter als Eichenholz. Das Kernholz der Robinie gilt als eines der bevorzugten Hölzer im traditionellen Bogenbau. Das Holz ist geruchlos.
  • Wurzel: Vermehrt sich stark über Wurzelausläufer. Besonders frisches Wurzelholz hat einen unangenehmen Geruch, den es lange Zeit beibehält.

Geschichte:

  • Zwischen 1623 und 1635 wurde die Robinie durch Jean Robin nach Paris eingeführt, wo im Jardin des Plantes und vor der Nordfassade der Kirche St. Julien-le-Pauvre, unweit der Nortre-Dame zwei von Robin gepflanzte Exemplare als älteste Bäume der Stadt angesehen werden.
  • 1640 gelangte sie nach England.
  • König Friedrich I. von Preußen bezog eine Robinie als Topfpflanze aus Nordamerika und schenkte diese seinem Minister Ilgen, damaliger Besitzer des Rittergutes Britz bei Berlin, der sie 1710 in seinem Park ins Freie pflanzte. Einer der Nachkömmlinge dieses Baumes gelangte 1730 nach Schloss Schönbrunn bei Wien.

Natürliches

Vorkommen:

  • Atlantisches Nordamerika; Appalachen, Pennsylvanien, Virginia, Nord- und Südkarolina bis nach Georgia, Indiana und Oklahoma; inzwischen in weiten Teilen Nordamerikas eingebürgert.
  • Sie wächst dort als Pioniergehölz in Laubmischwäldern auf mäßig nährstoffreichen Sand- und Lehmböden in Höhenlagen von bis zu 1600 m.

Heutiges Verbreitungsgebiet:

  • Die Robinie ist das Fremdgehölz mit der größten Ausbreitung in Europa, Nordafrika, West- und Ostasien.
  • In einigen Gebieten Ungarns und der Slowakei ist die Robinie mittlerweile der wichtigste Forstbaum. Bevorzugt werden hier Zuchtformen angebaut, die gradstämmiger sind als die ursprüngliche Art.
  • Die Robinie ist die nach Pappeln und Eukalyptus weltweit am häufigsten in Plantagen kultivierte Laubbaumart.

Standort:

  • In Laubmischwäldern. Sehr anspruchslos jedoch Wärme liebend. Dringt auch in Standorte wie Sandtrocken- und Kalkmagerrasen ein und verdrängt hier die dort wachsenden Arten. Nach dem 2. Weltkrieg auch eine starke Verbreitung auf Trümmerschuttflächen.

Boden:

  • Anspruchslos, toleriert alle durchlässigen Böden, trocken bis frisch, schwach sauer bis stark alkalisch.

Eigenschaften:

  • Absolut frosthart. Gut hitzeverträglich, Wärme liebend, in der Jugend windbruchgefährdet. Stadtklimafest.

Vermehrung:

  • Durch Aussaat und durch Wurzelschösslinge.

Alter:

  • 100 bis 200 Jahre; wird aber zumeist nur 50 bis 60 Jahre alt.

Namensherkunft:

  • Carl von Linné benannte die Gattung Robinia nach Jean Robin, dem Hofgärtner der französischen Könige Heinrich III., Heinrich IV. und Ludwig XIII.
  • Der wissenschaftliche Artname pseudoacaciaweist auf die Ähnlichkeit mit den Akazien hin. Der gelegentlich verwendete Name Silberregenist auf zahlreichen traubenförmigen weißen Blüten zurückzuführen.
  • Der amerikanische Name ist „black locust“ (Schwarze Heuschrecke), so genannt, weil die vertrockneten Hülsenfrüchte, die nach dem Laubabfall noch lange am Baum hängen bleiben, entfernt an Heuschrecken erinnern.

Verwendung als Zierpflanze:

  • Robinien sind als Zierpflanzen in einer Reihe von Zuchtsorten gefragt.
  • Als Allee- und Stadtbaum wird die Gewöhnliche Robinie häufig verwendet, da sie das trockene Stadtklima sehr gut verträgt und unempfindlich ist gegen, Rauch, Staub, Ruß und Streusalz.

Giftigkeit:

  • Borke und Früchte der Gewöhnlichen Robinie enthalten die toxischen Proteine Robin und Phasin, das Indoxyglykosid Indikan, das Glykosid Robinin sowie das Flavonglykosid Akacain. Die Lektine verklumpen die roten Blutkörperchen und zerstören das Gewebe. In der Borke sind die Inhaltsstoffe stärker konzentriert. Vergiftungen treten in der Regel jedoch weniger häufig durch das Kauen von Borke als durch den Verzehr von Samen auf. Besonders Kinder sind hierdurch gefährdet. Vergiftungserscheinungen gehen mit Bauchschmerzen, Übelkeit und Brechreiz einher. Die Gewöhnliche Robinie ist auch für Pferde, Hunde, Nager, Katzen und Vögel giftig. In geringem Umfang enthalten auch die Blütenöle das giftige Piperonal.

Problematik:

  • Obwohl die Robinie eine gern angebaute Baumart in der Forstwirtschaft ist und eine Alternative zu importiertem Tropenholz darstellt, wird sie von Naturschützern gelegentlich als problematischer Neophyt betrachtet, der die Biodiversität bestimmter Standorte bedrohen kann. Grund dafür ist ihre Fähigkeit zur symbiotischen Stickstoffbindung, die einen Düngeeffekt hat und an bestimmten Standorten eine Veränderung der Artenzusammensetzung zur Folge haben kann. Dadurch sind vor allem seltene Biotoptypen wie Magerrasen, Kalkmagerrasen und Sandtrockenrasen bedroht. Die Robinie kann an Trockenhängen aber auch in naturnahe mitteleuropäische Waldbestände eindringen. In Ungarn gefährdet sie beispielsweise im Kiskunság-Nationalpark die für dieses Gebiet charakteristischen Trockenrasen, und in Österreich sind 30 % der bedeutenden Trockenrasenbestände durch diese Baumart bedroht. Zu den deutschen Beispielen zählen unter anderem das Naturschutzgebiet Mainzer Sand, die Sandhausener Dünen, der Spitzberg bei Tübingen, das Mansfelder Hügelland und der Badberg im Kaiserstuhl. Untersuchungen zeigen, dass ein Robinienbewuchs auf solchen Standorten sehr schnell die Artenvielfalt deutlich reduziert und dass sich das Artenspektrum hin zu ungefährdeten und weit verbreiteten Arten verschiebt. Dies geht einher mit einer starken Veränderung der Spinnen- und Laufkäferfauna.

Besonderheiten:

  • Die Blüten der Robinie bieten reichlich Nektar; sein Zuckergehalt liegt zwischen 34 und 59%. Die Robinie gehört zu den nektar- und zuckerreichsten Bienentrachtpflanzen. Der Zucker besteht aus 30% Fruchtzucker und 60% Rohrzucker. Robinienblütenhonig ist sehr hell gefärbt und bleibt aufgrund seines hohen Anteils an Fructose sehr lange flüssig. Im Handel wird er „Akazienhonig“ genannt. In Brandenburg stellt die Robinie in guten Jahren bis zu 60% der Honigernte.
  • Der Schleifstaub kann unter Umständen bei besonders empfindlichen Personen allergische Reaktionen der Haut (Dermatitis, Ekzeme) hervorrufen. Beim Hobeln, Schleifen und Drechseln grundsätzlich Gesichtsmaske tragen.
  • Forstwirtschaftlich ist die Robinie auch deshalb interessant, weil sie als Schmetterlingsblütler (Leguminose) in der Lage ist, Luftstickstoff (N2) mit Hilfe symbiotisch mit ihr lebender Knöllchenbakterien zu binden. Auf stickstoffarmen Standorten hat diese Baumart daher einen Konkurrenzvorteil gegenüber anderen Arten, der unter anderem dazu führen kann, dass der Holzertrag der Robinie, verglichen mit Kiefern oder Eichen, ggf. höher ist.