Scharf am Wild, beim Menschen fein, sollen unsr´e Bracken sein!

VON DR. JOHANNES PLENK, ZUCHTWART FÜR STEIRISCHE RAUHAARBRACKEN, ÖSTERREICHISCHER BRACKENVEREIN (ÖBV)

 

Die Bedeutung der Wildschärfe und Härte im Jagdbetrieb, im Prüfungswesen und die Auswirkungen auf die Zucht. Die Brandlbracke und die Steirische Rauhaarbracke sind durch die Jagdtraditionen und die geographischen Gegebenheiten unseres Gebirgslandes vom Geschriebenstein bis zum Piz Buin geformt worden. Die Brackade auf Fuchs und Hase sowie die Bewegungsjagd auf Schwarzwild, früher auch auf anderes Schalenwild, haben unsere Bracken zu schneidigen, spurlauten Solojägern werden lassen. Der Einsatz als Solojäger hat mehr Mut und Härte gefordert als bei den Meutehunden anderer Regionen und Länder, und die Besonderheiten des Geländes und der Haltung haben das zuverlässige Verweisen als Erbanlage gefestigt.

Für den Gebirgsjäger ist der sicher spur- und fährtenlaute und eisern spurtreue Jagdhund aber vor allem auch bei der Jagd auf Schalenwild seit der Erfindung der Feuerwaffen unersetzlich. Ohne diese Eigenschaften ist eine Nachsuche auf krankes Wild in unserem unwegsamen Gelände unmöglich.

Einer Hatz durch einen stummen Hund durch Wände und Gräben zu folgen ist unmöglich, ein hatzfauler Hund wird die Hatz im schwierigen Gelände mangels Spurwillen bald abbrechen. Eine weitere wichtige Eigenschaft erwartet der Jäger von seiner Gebirgsbracke und das ist die Wildschärfe. Darunter verstehen wir das Abfangen und Würgen von verletztem Haarwild, Raubwild und schwachem Wild sowie das scharfe Bedrängen starken Wildes. Ohne ausreichende Wildschärfe kann der Jagdhund bei der Nachsuche die Hatz nicht zu einem schnellen Ende bringen, sondern „hütet“ das kranke, leidende Wild nur vor sich her. Auch starke Hirsche und Sauen stellen sich nur, weil sie Bisse abwehren müssen.

Das Verlängern der Hatz entspricht weder unserem Begriff der Waidgerechtigkeit, noch kann es im Sinne des Tierschutzes sein. Jedem denkenden Menschen muss es lieber sein, dass ein krankes Reh nach einer kurzen Hatz durch einen Drosselbiß erlöst wird, als stunden- bis wochenlang dahinsiecht. Daher hat eine Nachsuche mit hatzfaulen, stummen Jaghunden ohne Wildschärfe zu unterbleiben, denn:

Niemand kann am Anschuss eine Totsuche zuverlässig voraussagen!

Jagdhundrassen ohne Spurlaut, Spurwillen und Wildschärfe sind damit von vornherein als Jagdhelfer des Gebirgsjägers unbrauchbar, wir wollen die Steirische Rauhaarbracke und die Brandlbracke aber für dieses Einsatzgebiet züchten. Zucht, und insbesonders Leistungszucht, ist nur durch Auswählen der Zuchttiere nach ihrer Anlage möglich. Bei den unersetzlichen Eigenschaften Spurwille, Spurlaut, Spursicherheit, der Passion und dem Jagdverstand haben wir, Huberti sei´s gepriesen und Diana gedankt, die Brackade auf Hase und Fuchs in unserem Prüfungswesen verankert, die, besser als jeder künstliche Ersatz, unsere Brandln und Peintingerbracken in ausgeübter Jagd auf ihre Anlagen prüft.

Nun ist die Schärfe und die Härte, ebenso wie der Spurwille und der Spurlaut eine ererbte Eigenschaft. Der instinktgesteuerte Ablauf der Jagd umfasst beim Wolf die Suche, die Jagd, in allen ihren Facetten, das effiziente Töten der Beute (möglichst ohne selbst schwer verletzt zu werden, aber auch ohne Wehleidigkeit) und schließlich das Auffressen derselben.

Bei vielen Haushunden sind Teile dieses Ablaufes verloren gegangen, da sie auch ohne Tötungsbiss und Härte zu Nahrung und Nachkommen gekommen sind, bei etlichen Rassen (z.B.: Hütehunden) wurde auch aktiv gegen den Hetz- und Tötungstrieb selektiert, da er bei ihrer Arbeit unerwünscht ist. Bei allzu vielen Hunderassen ist vom Raubtier schließlich nur mehr das Fressverhalten übriggeblieben.

Wenn wir jetzt seit zwei Hundegenerationen die Wildschärfe (die Bereitschaft Beutetiere zu fassen und zu töten) und die Härte (die Bereitschaft auch Schmerzen und Gegenwehr in Kauf zu nehmen, ohne vom Beutewild abzulassen oder es gar künftig zu meiden) nicht mehr direkt prüfen, müssen wir mit dem Verlust dieser Eigenschaften rechnen.

Wenn aber die Wildschärfe und die Härte aus dem Genpool einer Rasse einmal verschwunden sind, können sie in dieser Population nicht mehr hervorgebracht werden.

Das Knurren am Rucksack prüft höchstens die Mannschärfe (innerartliche Aggression), die wir heute beim Jagdhund kaum mehr brauchen und ergibt keine Aussage über die Wildschärfe. Das oft gezeigte Abwehrbellen ist erlernbar, und man müsste auf den Hund mit Gewalt einwirken, um die Härte zu prüfen – wer will das?

Gleichzeitig wirken viele „stumme“ Selektionsfaktoren auf unsere Bracken. Durch unsere hochzivilisierte Lebensweise werden führige, leicht lenkbare, Kurzjager in der Zucht bevorzugt und hochpassionierte Hunde, die ständig abhauen, sehr lange jagen und Raubwild kompromisslos würgen (Nachbars Katze!!) werden, auch aus Angst sich zu blamieren, öfter nicht auf Prüfungen geführt und gehen der Zucht verloren. Harte Bracken werden auch durch körperliche Strafen nicht sofort vom Jagen abgehalten, hier ist der Führer gefordert seinen Jagdhelfer durch Konsequenz und Motivation zu erziehen. Vor allem muss er dem Hund auch genügend Gelegenheit geben, seinen Jagdtrieb sinnvoll auszuleben. Viele Jagdhunde haben heute mangels hartem Jagdeinsatz und wohl auch weil ihre Führer um´s liebe Hunderl fürchten, gar nicht die Gelegenheit, zu zeigen, was in ihnen steckt.

Wen wundert es da, das quer durch alle Jagdhunderassen über abnehmende Schärfe und Härte berichtet und von echten Praktikern auch geklagt wird? Unsere Leistungsrichter müssen sich daher nicht nur als Oberlehrer der Hundeführer, sondern vor allem auch als Helfer (Talentescouts) der Zuchtwarte begreifen. Um die wohl von uns allen gewünschte und geforderte Wild- und Raubwildschärfe, sowie die dazu notwendige Härte, in den uns anvertrauten Brackenrassen zu erhalten, werden wir sie auch prüfen müssen.

Wenn wir uns weiter den Titel „Jagdliche Leistungszucht“ verdienen wollen, müssen wir uns auf eine objektive, zeitgemäße und der Öffentlichkeit erklärbare Prüfungsmodalität einigen. Der Härte- und Schärfenachweis am Schwarzwild und Raubwild im Jagdbetrieb durch einen Leistungsrichter bietet sich hier an.

Gerade die Jagd auf Schwarzwild und den Fuchs bietet fast ganzjährig die Möglichkeit, unsere Bracken im Rahmen der Gesetze auf ihre Anlagen in diesen unverzichtbaren Eigenschaften zu prüfen. Als Zuchtwart muss man sich natürlich immer über das Prüfungswesen hinaus über die Eigenschaften und Anlagen der Hunde, die in die Zucht kommen sollen, Kenntnis verschaffen. Ohne objektivierbare Prüfung ist das aber auf lange Sicht nicht ausreichend.

Unser neu geschaffenes Datenblatt bietet daher jetzt die Möglichkeit, besondere Vorkommnisse im Jagdbetrieb und damit auch den Schärfe- und Härtenachweis, durch einen Leistungsrichter bestätigen zu lassen. Um Missverständnissen vorzubeugen, sei noch eines gesagt:

Mannschärfe und Wildschärfe sind getrennte Eigenschaften, viele „mannscharfe“ Hunde sind eher Angstbeisser und ein Hund der alle Artgenossen anstänkert, muss noch lange nicht mutig genug sein, Raubwild zu würgen und Sauen zu beißen. Wildschärfe und Härte kann also, genauso wie Spurlaut und Passion, nur bei der Jagd aussagekräftig geprüft werden.

Es wird immer Hunde geben die bei einer Teilleistung schwächer, bei einer anderen stärker sind. Gewisse Mindestanforderungen müssen aber erfüllt werden und wir sollten nie Eltern mit derselben Schwäche verpaaren.

Eines ist aus naturwissenschaftlicher Sicht als erwiesen anzunehmen:

Eigenschaften, auf die kein Selektionsdruck wirkt, verschwinden aus der Population.

Wir werden in Zukunft harte, wesensfeste und wildscharfe Bracken, die aber gegenüber Menschen freundlich und geduldig sind, bevorzugt in die Zucht nehmen – im Bewusstsein, dass man ein Zuchtziel anstreben muss, wenn man züchten und nicht nur vermehren will.