Sperber

Accipiter nisus (LINNAEUS, 1758)

Von Ernst-Otto Pieper

Sperber; Foto: E.-O. Pieper

Klasse:    Vögel (Aves)
Ordnung:Greifvögel (Accipitriformes)
Familie:  Habichtartige (Accipitridae)

Unterarten: Zurzeit werden 6 anerkannt. In Mitteleuropa kommt nur die Nominatform A. n. nisus vor

Auch:
Kleiner Habicht, kleiner Stößer, Sperberfalke, kleiner Stoßfalke, Finkenhabicht, Zwerghabicht, Blaubäckchen.

In der Falknersprache Spätzler

Name:

  • Sperber ist vom althochdeutschen Wort „Sparw“ = Sperling abgeleitet. Die wissenschaftliche Benennungnisusist der Name eines Königs aus Mégara (Nähe Athen), der einer Sage nach in einen Sperber verwandelt wurde.

Kennzeichen:

  • Der Sprinz ist oberseits blaugrau mit rostbraunen Wangen und kleinem weißen Nackenfleck, unterseits deutlich rostbraun quergebändert (gesperbert).
  • Das Weib ist oberseits graubraun, über dem Auge weißlicher Streif, unterseits weiß mit dunkelbrauner oder grauer, enger Querbänderung (gesperbert).
  • Der lange Stoß hat bei beiden Geschlechtern vier bis sechs dunkle Querbinden.
  • Die Augen, die Wachshaut und die unbefiederten Ständer sind gelb bis gelborangerot.
  • Mit zunehmendem Alter nimmt die Iris eine tendenziell dunklere und intensivere Färbung an.
  • Im Jugendkleid ist der Sperber oberseits graubraun, unterseits weiß mit herzförmigen Tupfen an Kehle und Hals sowie Querbänderung an Hosen und Bauch
  • Die Mauser dauert beim Prinz mehrere Monate. Dadurch bleibt er während der gesamten Mauserzeit voll beuteflugfähig.
  • Das brütende Weib wechseln in relativ kurzen Intervallen etwa die Hälfte ihres Großgefieders, bei einjährigen schneller als beim älteren Weib.
  • Der Sperber ist das verkleinerte, schlankere Ebenbild des Habichts, dem er auch im Flug sehr ähnelt.

Größe / Gewicht:

  • Körperlänge: Sprinz ca. 32 cm, Weib ca. 37 cm; die Stoßlänge beträgt 14 bis 15 cm beim Sprinz und 16 bis 18 cm beim Weib.
  • Flügelspannweite: Sprinz ca. 62 cm, Weib ca. 74 cm.
  • Körpergewichte: Sprinz 125 bis 155 g, Weib zur Brutzeit im Durchschnitt 325 auf 250 g abnehmend, sonst im Jahresdurchschnitt ca. 280 g.

Vorkommen:

  • Weite Teile der Paläarktis von den Kanarischen Inseln und Irland nach Osten bis Kamtschatka und Japan.

Lebensraum:

  • Sperber besiedeln überwiegend Nadelwälder. Das Vorkommen dieser Art wird deshalb nach Norden wie auch nach Süden durch die Verbreitung von Nadelwäldern begrenzt. Nur in Mittel- und Westeuropa sowie im westlichen Mittelmeergebiet besiedelt er auch Laubwälder der gemäßigten Zone sowie die mediterranen Hartlaubwälder.
  • Seit einigen Jahrzehnten ist eine starke Tendenz zur Verstädterung zu beobachten, wo er nun auch Parkanlagen, Friedhöfe und ähnliche Grünanlagen bewohnt.
  • Die Jagdgebiete umfassen den Wald, aber auch die offene Landschaft und den Siedlungsbereich. Schwerpunkte befinden sich dort, wo eine hohe Kleinvogeldichte vorhanden ist.

Wanderungen:

  • Je nach geographischer Lage sind Sperber Standvögel bis Langstreckenzieher. Aus Mitteleuropa zieht ein Teil, vor allem Jungvögel, im Spätsommer und Herbst (September bis November) nach West- und Südwesteuropa. Die Sperber aus Ost- und Nordeuropa überwintern vor allem in Mitteleuropa. Der Rückzug beginnt Ende Februar und dauert bis Anfang Mai.

Alter:

  • In freier Wildbahn Höchstalter 20 Jahre (durch Beringung festgestellt)

Stimme und Sinnesleistungen:

  • Außerhalb der Brutperiode meist stumm.
  • In der Nähe des Brutplatzes hört man erregte „gigigig“-Rufreihen und weiche „güh“-Lockrufe.
  • Der Bettellaut vom Weib ist ein wimmerndes „pii-ich“.
  • Kurz nach dem Ausfliegen machen sich Jungvögel durch laute, oft wiederholte Bettelrufe bemerkbar.

Fortpflanzung:

  • Sperber sind schon im Alter von 10 Monaten fortpflanzungsfähig, brüten aber oft erst mit zwei oder drei Jahren, wenn ihnen ein Brutrevier zur Verfügung steht.

       -Revier

  • Die meisten Sperber sind in einem bestimmten Brutrevier nur für eine Saison anwesend.
  • Ist ein Revier besonders geeignet, bleibt dieses oft über Jahre hinweg besetzt, wobei die Paarpartner wechseln können.
  • In der Regel wird nur der Brutbezirk gegenüber Artgenossen verteidigt, während sich die Jagdgebiete benachbarter Brutpaare teilweise überlappen können.

       -Balz

  • Balzflüge sind im Gegensatz zum Habicht relativ selten zu beobachten.

       -Art der Ehe

  • Der meist jährliche Revierwechsel ist in der Regel auch mit Partnerwechsel verbunden.

       -Horst

  • Während der Habicht in der Regel Altholzbestände zum Horstbau benötigt, nistet der Sperber am liebsten in 20- bis 40-jährigen Stangenholzparzellen von Fichten, Kiefern oder Lärchen, oft gleich nach der ersten Durchforstung, vorwiegend in Randbereichen. Meist sind in der Nähe des Horstes Wege, Schneisen oder kleinere Lichtungen, auf denen sich der Beuteübergabeplatz befindet.
  • In der Regel wird alljährlich ein neuer Horst gebaut, oft in der Nähe des vorjährigen.
  • Beginn des Horstbaues in Mitteleuropa frühestens Mitte März (meist Anfang April).
  • Der Horst wird aus trockenen, unbelaubten Zweigen gebaut und nicht begrünt (im Gegensatz zum Habicht). Die Nestmulde wird mit Rindenstücken und/oder Fichtennadeln ausgelegt.
  • Gelegentlich werden Nester von Tauben, Krähen oder Eichelhähern als Unterlage genutzt.

     -Brut

  • Legebeginn in Mitteleuropa Ende April bis Anfang Mai, ausnahmsweise auch ab Mitte April.
  • 3 bis 7 recht rundliche Eier (39 x 32 mm; durchschnittlich 23 g). Sie sind auf bläulichweißem Grund sehr variierend mehr oder weniger dunkelbraun gefleckt.
  • Legeabstand: 1 bis 2 Tage.
  • Bebrütungsbeginn: individuell verschieden; feste Brut findet erst nach Vollständigkeit des Geleges statt.
  • Brutdauer: 31 bis 36 (durchschnittlich 33) Tage.
  • Es brütet allein das Weib, das vom Terzel mit Atzung versorgt wird. Der Beuteübergabeplatz liegt in Sichtweite des Horstes. Während das Weib dort atzt, bedeckt der Sprinz die Eier, damit sie nicht auskühlen.
  • Atzung der Jungvögel fast ausschließlich vom Weib bis diese etwa 2 Wochen alt sind (dann jagt auch das Weib wieder).
  • Nestlingsdauer: 26 Tage bei männlichen Jungvögeln und 30 Tage bei weiblichen; die Jungen können aber bei Störungen meist schon ab 25. Tag abstreichen.
  • Weitere 3 bis 4 Wochen halten sich die Jungen in der Nestnähe auf und werden in dieser Zeit von beiden Elternteilen mit Atzung versorgt. Die Jungvögel sind wenig später selbstständig.
  • Fortpflanzungsziffer: Im Mittel 2,9 Junge pro Paar und Jahr.
  • Jung- und Altvögel werden häufig von Habichten erbeutet, selten von Baummarder, Waldkauz und Uhu.
  • Überlebensrate im 1. Lebensjahr nur 30 bis 50%. In späteren Jahren erhöht sich die Überlebensrate auf 60 bis 70%.

Nahrung:

  • Normalerweise ist der Sperber ein typischer Einzelgänger, abgesehen von der Fortpflanzungsperiode, in der die Partner eines Paares zusammenwirken müssen. In dieser Zeit herrscht strenge Arbeitsteilung: das Weib bebrütet das Gelege und ihm obliegt auch das Hudern und Bewachen der Nestjungen, während der Sprinz die Nahrung für die ganze Familie herbeischafft.
  • Während des ganzen Jahres bilden Vögel die fast ausschließliche Nahrung (Goldhähnchen bis Ringeltaube).
  • Das Weib schlägt Vögel bis Taubengröße, der Sprinz hingegen bis Drosselgröße.
  • Wenn im Frühjahr große Feldmauspopulationen auftreten, werden auch diese vor allem zur Zeit der ersten Wiesenmahd gefangen. Selten werden auch Fledermäuse und Insekten erbeutet.
  • Gerupft wir die Beute auf Bodenerhebungen oder Baumstümpfen, wobei häufig die Schnäbel, Füße und Schwingen der erbeuteten Vögel zurückgelassen werden.

Jagdweise:

  • Sperber nutzen deckungsreiche Landschaften für ihre Überraschungstaktik.
  • Sie jagen entweder vom Ansitz aus, der immer wieder wechselt wird, oder in sehr niedrigem Suchflug, oft an Hecken oder Baumreihen entlang.
  • Aufgescheuchte Kleinvögel werden sehr schnell und wendig verfolgt.

Bestandsentwicklung:

  • In der Westpaläarktis hat der Sperber seinen Bestandsschwerpunkt eindeutig in Osteuropa mit geschätzten 170.00 Brutpaaren allein im europäischen Russland. Relativ große Bestände leben in Großbritannien und Irland, Frankreich, Schweden, Deutschland und Finnland. In Südeuropa sind die geschätzten Bestandszahlen deutlich geringer.
  • In den 1960er-Jahren war der Bestand in Mitteleuropa weitgehend zusammengebrochen. Hauptursache hierfür war die Belastung mit Bioziden (DDT und andere chlorierte Kohlenwasserstoffe). Seit deren Verbot, entwickelt sich der Bestand wieder positiv.
  • Nach Mäusebussard und Turmfalke ist der Sperber in weiten Teilen Europas wieder die dritthäufigste Greifvogelart.