Sumpfherzblatt

Das „Blütenwunder“ aus dem Feuchtgebiet

Von Ernst-Otto Pieper

 

Sumpf-Herzblatt Foto: E.-O. Pieper

Das Sumpf-Herzblatt (Parnassia palustris), auch Studentenblume, Studentenröschen, Einblatt, Pinnblatt, Herzblümchen, Schwanenrose, Weißes Leberblümchen, Sternli, Herbströslin u.v.a.m. genannt, hat ein großes Verbreitungsgebiet. Dieses erstreckt sich über weite Teile Eurasiens und Nordamerikas.

Nach der Bundesartenschutzverordnung ist die Pflanze besonders geschützt. Auf der Roten Liste ist sie mit 3+ (gefährdet) angeführt. Ihre Gefährdung entsteht insbesondere durch Eutrophierung der Böden durch Immissionen und Düngereintrag ihrer bevorzugten Standorte, nämlich sumpfige Wiesen, Quellfluren und Niedermoore sowie Kalk-Magerrasen. Der Boden sollte feucht bis sickernass und basen- bis kalkreich sein.

Die Pflanze ist ausdauernd und erreicht je nach Standort Wuchshöhen von 5 bis 30 Zentimeter. Die Blüten stehen endständig einzeln auf dem Stängel. Blütezeit ist von Juli bis September. Die im Oktober reifenden, 1,2 bis 1,7 mm langen, braunen Samen haben einen breiten Flügelrand und gelten als Ballonflieger. Da die Samen kein Nährgewebe enthalten, werden die Keimlinge vermutlich, ähnlich wie bei Orchideen, durch einen Pilz ernährt.

Das Sumpf-Herzblatt ist eine sogenannte Fliegentäuschblume.

Die gelben Köpfchen auf den Nektarblättern sehen Nektartröpfchen täuschend ähnlich, sind aber von fester Konsistenz. Nur während der ersten Tage nach Öffnung der Blüte werden tatsächlich Nektar und Duftstoffe aus zwei Vertiefungen an der scheibenförmigen Basis der Nektarblätter abgesondert. Die Pflanze täuscht somit wesentlich mehr Nektar vor als tatsächlich vorhanden ist.

Zusätzlich bevorzugen Fliegen meist gelbe oder weiße Blütenfarben.

Die parabolspiegelartigen Kronblätter sammeln und fokussieren das Sonnenlicht in Griffelnähe, so dass hier die Temperatur etwa 1,4 bis 2,9 °C höher als in der Umgebung ist. Insekten suchen deshalb an kalten Tagen gerne diesen Platz auf, um sich aufzuwärmen.

Foto: E.-O. Pieper

Besonders bemerkenswert ist die Blütenökologie dieser Pflanze.

Die Blüte ist streng vormännlich. Von den fünf äußeren Staubblättern reift jeden Tag eines heran. Das Staubblatt biegt sich hierbei nach oben und innen, und senkt sich dann rückwärts auf die noch geschlossenen Narben herab. Da sich die Staubbeutel nach oben öffnen, werden die Insekten, die meist die Blütenmitte besuchen, auf ihrer Unterseite eingestäubt. Danach biegt sich das Staubblatt nach außen und der Staubbeutel wird abgeworfen. Es folgt das nächste Staubblatt. Die zwei Narben öffnen sich erst, wenn alle Staubblätter abgeworfen sind, wodurch eine Fremdbestäubung gesichert ist

Der Artname Parnassia palustris wurde 1753 von Carl von Linné (1707 – 1778) erstveröffentlicht. Der Gattungsname bezog sich auf die Benennung der Art als Gramen parnassi albo simplici flore („Gras des Parnass mit weißer einfacher Blüte“) durch Caspar Bauhin (1560 – 1624). Die Herkunft des Artepithetons palustris bedeutet „sumpfig“ und bezieht sich auf den Standort.

Der deutsche Name verweist einerseits auf den Standort der Pflanze und andererseits auf die herzförmigen Grundblätter.

Die Bezeichnung Studentenblume oder Studentenröschen soll sich, wie die gleichlautende Bezeichnung für noch andere spät blühende Pflanzen, auf die Blütezeit Anfang September beziehen, wenn die Studenten wieder die Universität besuchen.

Das Sumpf-Herzblatt wurde viele Jahrhunderte als Mittel bei Leber- und Gallenleiden eingesetzt, daher auch der Name Leberblümchen. In den letzten Jahrhunderten wurde es mehr als Mittel gegen Krämpfe und zur Beruhigung genutzt. Auch bei anderen Leiden – von Herzklopfen bis Epilepsie – fand die Pflanze Anwendung.