Mit dem Tirass auf Hühnerjagd
Von Ernst-Otto Pieper
Die Darstellung zeigt zwei Jäger, die mit dem „Tirass“ gerade eine Kette Paarhühner fangen wollen. Noch Carl Otto Grashey (* 1833 in Günzberg; † 1912 in München), einer der bedeutendsten deutschen Tiermaler und Jagdbuchverfasser, beschreibt in seinem 1894 erschienen „Grashey, praktisches Handbuch für Jäger“ die Feldhuhnjagd mit dem Tirass (auch Streifgarn genannt) und erzählt, dass er während seiner Jugend in den niederschwäbischen Feldern sehr viel „trassiert“ habe.
Zu dieser dort näher geschilderten Jagdart gehörte ein sehr ruhiger, kurz suchender Vorstehhund.
Das Netz, der Tirass (auch Tiraß, Tiras, Tyras), war spiegelig aus sehr dünnem Garn gestrickt und hatte zumeist eine Größe von 50 Fuß (ca. 14 Meter) Länge und 40 Fuß (ca. 13 Meter) Breite. Wurde es von Pferden bewegt, so hatte es gewöhnlich eine Länge von 60 bis 70 Fuß.
In Pierers Universal-Lexikon von 1863 steht auf Seite 613: „Beim Tirassieren lässt man den Hühnerhund suchen und läuft, wenn derselbe steht, mit zwei Personen, welche das Netz tragen, über ihn weg, die dann dicht vor ihm den Tirass auf einmal schnell niederlegen und darauf sehen, dass die Hühner nicht an den Seiten entwischen“.
Es war üblich, dass die alten Hühner wieder freigelassen wurden, was sich sicherlich vorteilhaft auf den zukünftigen Besatz ausgewirkt hat.
Der Begriff „Tirass“ stammt aus dem Französischen (tirasse) und bedeutet in der Jägersprache so viel wie zu Boden ziehen.
Netze zur Jagd zu verwenden resultierte aus der Notwendigkeit, einerseits des Wildes habhaft zu werden und andererseits auf den Einsatz von Schusswaffen zu verzichten. Schließlich waren „Feuerwaffen“ nicht zu allen Zeiten bekannt und der Einsatz von Pfeil und Bogen sowie Armbrust nicht immer möglich oder gewollt.
Heute werden in Deutschland nur noch Kaninchen mit Netzen bejagt (Frettieren mit dem Frettiernetz), vor allem, wenn aus Gründen der Fremdgefährdung und der Sicherheit auf Schusswaffen verzichtet werden muss. Der Einsatz von Sprengnetzen bei der Baujagd auf den Fuchs ist nicht speziell geregelt und wird nur selten praktiziert.
In früheren Zeiten wurde nahezu alles Wild, Hoch- wie Niederwild, mit Netzen gefangen. Immer aber lag der Schwerpunkt auf der Jagd von Kleintieren (Feldhase, Kaninchen) und Flugwild.
Jagdlich genutzte Netze werden seit längerer Zeit „Lichtes Zeug“ genannt. Hierzu gehörten / gehören Spiegelnetze, Prellnetze, Sprengnetze, Frettiernetze und der Tirass.