Urwald Sababurg

Von Ernst-Otto Pieper

Ehemaliger Hutewald; Foto: E.-O. Pieper

Mitten im Herzen Deutschland und verkehrstechnisch leicht erreichbar, liegt der Urwald Sababurg, der auch als Urwald im Reinhardswald bekannt ist. In ganz Mitteleuropa gibt es kein vergleichbares Waldgebiet. In unmittelbarer Nachbarschaft steht die Burgruine der Sababurg, im Volksmund nach dem Brüder-Grimm-Märchen Dornröschenschloss genannt.

Dieser aus einem Hutewald hervorgegangene, 92,2 ha große Urwald ist streng biologisch oder ökologisch betrachtet kein wirklicher Urwald. Er entstand durch intensive Waldweidenutzung bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Einige Geländepunkte, wie z. B. Kuhberg, weisen noch heute auf die Nutzung als Waldweide hin. Die Waldweiderechte der Bauern wurden bereits 1865 aufgehoben. Seit 1907 steht er unter Schutz und ist damit eines der ersten Naturschutzgebiete in Deutschland und Hessens ältestes Naturschutzgebiet.

Im Kerngebiet des Reinhardswaldes liegend, befindet sich der Urwald im gemeindefreien Gebiet Gutsbezirk Reinhardswald, wenige Kilometer nordostwärts von Hofgeismar im Landkreis Kassel.

Urwald Sababurg, die Sababurg selbst sowie der unmittelbar angrenzende Tierpark Sababurg sind immer eine Reise wert.

Was macht den Urwald Sababurg so einmalig?

Seine Qualität erklärt sich aus der seit Unterschutzstellung sich weitgehend wild, natürlich entwickelnden Vegetation einerseits und den uralten und urigen Bäumen aus der Zeit vor dem Nachwachsen eines Waldes andererseits. Mächtige, knorrige Eichen und Buchen sind Zeugen einer jahrhundertelangen Bewirtschaftung. Die Vergesellschaftung einer derart hohen Zahl so alter Bäume sucht in Deutschland ihresgleichen. Das urwaldartige Gepräge mit seinem hohen Totholzanteil versetzt jeden Besucher unwillkürlich in eine Märchen- und Zauberwelt – Dornröschen wird lebendig.

Im Urwald Sababurg; Foto: E.-O. Pieper

Auf Initiative des Malers, Grafikers und Schriftstellers Theodor Rocholl (*11.06.1854 in Sachsenberg, Waldeck; †13.09.1933 in Düsseldorf) wurde der damals 61 ha große Wald sowohl aus der forstlichen als auch aus der landwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen und war von Anfang an Totalreservat. Rocholl, als Schlachtenmaler berühmt, schuf mehrere Landschaftsgemälde im Reinhardswald und inspirierte viele nachfolgende Künstler zu Studien des „Urwaldes“. Daher wird das Gebiet auch „Malerreservat“ genannt.

Infolge von Grenzänderungen wuchs das Schutzgebiet 1917 auf 181 ha an. Bald erkannte man jedoch, dass Großteile dieser Erweiterungsfläche nicht schutzwürdig sind und reduzierte diese. 1925 erhielt das Naturschutzgebiet seine heutige Form und Größe.

Viele der uralten Riesen sind inzwischen abgestorben und Pionierbaumarten wie Eberesche und Sandbirke aber auch Rotbuchen drängen in den Baumlücken nach oben. Die natürliche Waldgesellschaft wäre bei den gegebenen Bodenverhältnissen ein Hainsimsen-Buchenwald. Die durch menschliche Förderung als Hauptmastbaumart Eiche wird früher oder später aus dem Gebiet verschwinden. Seit 1975 werden deshalb besonders markante Huteeichen freigestellt, um sie vor der Konkurrenz zu schützen.

Der hohe Totholzanteil lockt natürlich zahlreiche Tier- und Pflanzenarten an, die auf die Zersetzung von Totholz spezialisiert sind. Bei Zählungen in den vergangenen Jahren wurden mehr als 100 Pflanzenarten und über 250 Insektenarten registriert. Der Urwald ist für sein Hirschkäfer-Vorkommen bekannt.

Wollen wir hoffen, dass dieser herrliche Wald noch lange erhalten bleibt.