Was ist eigentlich ein „Hochwald“?

Von Ernst-Otto Pieper

 

Viele Leser werden jetzt sagen: „Was soll denn diese Frage? Klar – ein Hochwald ist ein Wald mit hohen Bäumen!“ So einfach ist das allerdings nicht!

Im Waldbau werden verschiedene Betriebsarten: Hochwald, Mittelwald und Niederwald. Ihre Unterschiede liegen, abgesehen von rein äußerlichen Abweichungen, in der unterschiedlichen Verjüngungsmethode. Während Mittel- und Niederwald historische Nutzungsformen darstellen, gilt der Hochwald als die Betriebsart des modernen Waldbaues.

Der Niederwald ist die älteste Form der geregelten Waldwirtschaft. Im 10 bis 40-jährigen Rhythmus regeneriert sich der neue Wald vegetativ aus den Stockausschlägen abgeernteter, ausschlagfähiger Bäume wie z.B. der Eiche, Hainbuche, Esche, Ahorn, Erle usw. Das Holz der im Kahlschlag bewirtschafteten Niederwälder diente der Brennholz-, Korbflechtmaterial- und Rebpfahlnutzung sowie als Meilerholz und in der Lohgerberei.

Der Mittelwald stellt eine Kombination aus Nieder- und Hochwald dar.

In Gesamtmitteleuropa sind die genannten historischen Waldnutzungsformen fast ausnahmslos in Hochwald überführt worden. Beim Hochwald entstehen die einzelnen Stämme nur aus Kernwüchsen, die zu hohen Individuen heranwachsen, deren Form und Vitalität den Bäumen in Niederwäldern (Stockausschlagwäldern) tendenziell überlegen ist.

In bewirtschafteten Forsten werden zwei Erscheinungsformen des Hochwaldes unterschieden:

  • schlagweiser Hochwald und
  • Plenterwald

 

Beim schlagweisen Hochwald lassen sich im Groben folgende Betriebsformen anhand der Verjüngungsabläufe unterscheiden:

  • Kahlschlag – auf einer Fläche werden alle Bäume durch eine Hiebmaßnahme entnommen, danach meist künstliche Verjüngung, also Pflanzung – gegebenenfalls Wechsel der Baumarten, teilweise nach Ablaufen der Naturverjüngung. Eine zum Anbau von Lichtbaumarten wie der Eiche und Lärche nötige Maßnahme.
  • Schirmschlag – schrittweises Ausdünnen des Bestandes, danach Naturverjüngung und manchmal Pflanzung zur Artenanreicherung.
  • Saumschlag – streifenweise von einer Seite gegen die Hauptwindrichtung fortschreitende Nutzung und Pflanzung, eventuell Naturverjüngung.
  • Femelschlag – Auflichtung kleinster Flächen und spätere konzentrische Ausweitung, so dass Lichtschächte entstehen und Naturverjüngung stattfindet, eventuell Pflanzung zur Artenanreicherung. Nach mehreren Jahren erneute Entnahme von Altbäumen an anderer Stelle, wieder Naturverjüngung durch die angrenzenden Altbäume usw.

 

Beim Plenterwald handelt es sich um einen durch Menschen geprägten ungleichaltrigen Wald, aus dem fortwährend erntewürdige Einzelbäume altersunabhängig nach vorgegebener Zielstärke entnommen werden, womit Zwischen- und Unterständer zu herrschenden Baumindividuen aufrücken können. Dieses Naturverjüngungsverfahren ist gut geeignet für Schattenbaumarten, wie viele Nadelhölzer. Bei Buchenwäldern erfolgt dieses Verfahren als seltene Ausnahme auf reichen Standorten bei eventueller Pflanzung zur Artenanreicherung.

Welche der genannten Betriebsarten und der Betriebsformen gewählt werden, ist von den vorhandenen Baumarten, den standörtlichen Gegebenheiten, dem Zeitgeist und nicht zuletzt von der vorherigen waldbaulichen Behandlung in den letzten Jahrzehnten abhängig.