Westfälische Dachsbracke

Von Silvia Gabler

Bei den Brackenschlägen handelt es um dem Jäger seit langer Zeit wohlbekannte Hunde. Bereits  in  der Epoche  vor Christi waren Hunde dieses Typs  als Jagdhunde im Einsatz. Sie werden heute von der  modernen Kynologie als Ahnen aller hängeohrigen Jagdhunde betrachtet.

Sogar von römischen Geschichtsschreibern wurden Hunde erwähnt, die von einem keltischen Stamm zum Jagen benutzt wurden. Diese Hunde sollen schon damals bei der Jagd, besonders durch ihre ganz spezielle Art und Weise , das flüchtende Wild zu verfolgen, erstaunliche Ähnlichkeiten mit dem Verhalten der heutigen Brackenrassen beim jagdlichen Einsatz aufgewiesen haben.

Selbst im Nibelungenlied und auch in Gottfried von Strassburgs Tristan Erzählung finden derartige Hunde Erwähnung. Im Laufe der Zeit erfuhren nicht nur die menschlichen Jagdmethoden einschneidende Veränderungen,  auch die Anforderungen, die an die Jagdhunde gestellt wurden, unterlagen diesem Wandel. Schon im 9. Jahrhundert, also in der Zeit Karl des Großen, sollen durch bestimmte Mutationen auch ausgesprochen kurzbeinige Bracken entstanden sein. Diese niederläufigen Hunde eigneten sich besonders dafür Füchse, Dachse oder auch in den damaligen Zeiten, Fischotter aus deren Erdbauten zu jagen. Hunde  mit besonders feinen Nasen und etwas ruhigerem Temperament benutzte man schließlich, um die Fährte des verwundeten Wildes zu verfolgen. Damit entstanden schon lange, bevor man überhaupt an planmäßige Zuchten dachte, die ersten  Formen jener Hunde, die heute als Dackel und  Schweißhunde bekannt sind.

Auf zahlreichen jagdlichen Darstellungen des Mittelalters lassen sich auch immer wieder Hunde finden, die man durchaus als  Vorgänger heutiger Dachsbracken ansehen kann. Eine erstmalige schriftliche Erwähnung eines  sogenannten, wohl relativ kurzbeinigen Hasenhundes findet sich im 1779 erschienenen Buch von August Wilhelm Graf  von Mellin im Kapitel „Jagdhunde“. Der Autor schreibt dort folgendes: Außer dieser Art von Hunden, gibt es noch eine kleine Art Jagdhunde, die diesen völlig ähnlich, aber in der Gestalt merklich kleiner, und nicht viel stärker als Dachshunde sind. Diese Art nennt man Hasenhunde, weil sie vorzüglich zur Hasen-Parforce-Jagd gebraucht werden, ob sie gleich sonst auch Wild-Boden-Hunde sind, die alles jagen“.

Im 19. Jahrhundert begann man dann alle  regionalen Brackenschläge, die damals besonders  im Sauerland, in Westfalen und in der Lüneburger Heide verbreitet waren, zu erfassen. Schließlich wurden alle zu einem einzigen Typ, der heute als Deutsche Bracke bekannt ist, zusammengefasst.

Über die Ursprünge der Westfälischen Dachsbracke, der niederläufigen Form der Deutschen Bracke, gibt es leider weitaus weniger Fakten. In den achtziger Jahren des vorletzten Jahrhunderts begann man, diese Brackenform rein zu züchten. In erster Linie sind die Gründe hierfür in der Tatsache zu finden, dass die einzelnen Jagdreviere immer kleiner wurden, das Brackieren mit hochläufigen, weit jagenden Bracken war kaum mehr möglich. So setzte man sich zum Ziel, einen kleinen, jedoch sehr leistungsfähigen Jagdhund, ähnlich der Westfälischen Bracke, aber mit kurzen Läufen, zu züchten.

Der niedrige, langgestreckte Körperbau sollte hauptsächlich dafür sorgen, die enorme Schnelligkeit und damit natürlich auch die Weiträumigkeit des Jagens, die die hochläufigen Bracken zeigten, herabzusetzen. So sollte das für die Hunde lebensgefährliche Überjagen in andere Reviere und gleichzeitig eine zu starke Beunruhigung des Schalenwildes vermieden werden. Man versprach sich von der Jagd mit niederläufigen Hunden auch, dass Hasen und Füchse schon nach kurzer Zeit ihre Einstände wieder aufsuchen würden.

Heute nimmt ein Teil der Kynologen an, dass die Westfälischen Dachsbracken durch Mutation und Zuchtwahl aus hochläufigen Deutschen Bracken, aber auch aus direkten Kreuzungen von Bracken mit Dachshunden entstanden ist. Andere Kynologen vertreten aber die Theorie, dass diese niederläufige Form der Westfälischen = Deutsche Bracke nur durch Selektion und dem Einkreuzen der Steinbracke, eine alten kurzbeinigen Brackenrasse, die mittlerweile als ausgestorben gilt, ohne Beteiligung anderer Rassen, wie dem Dachshund, entstanden ist. Natürlich gibt es auch weitere Meinungen zu dieser Theorie. Laut Hans Räber soll die Steinbracke zwar relativ zierlich, aber keineswegs niederläufig gewesen sein, so dass das Einkreuzen dieser Rasse alleine nicht unbedingt zum Erfolg geführt haben dürfte.

Die Bezeichnung „Dachsbracke“ selbst wurde erst 1886 von den Kynologen Ludwig Beckmann und Otto Grashey geprägt. Für Richard  Strebel (Die deutschen Hunde und ihre Abstammung. Mit Hinzuziehung und Besprechung sämtlicher Hunderassen) stellten die Alpenländischen und die Westfälischen Dachsbracken lediglich Farbvarianten ein und derselben Rasse dar. Für ihn waren alle schwarzroten und roten Dachsbracken Alpenländische Dachsbracken, die bunten Dachsbracken dagegen Westfälische Dachsbracken. An dieser Theorie bestehen aber innerhalb der Kynologie doch sehr große Zweifel, zumal beide Dachsbrackenschläge, schon allein geographische gesehen, einen ganz anderen Hintergrund aufweisen. Auch die Farbe alleine kann nicht als Unterscheidungsmerkmal angesehen werden. Der allererste Standard für die Alpenländische Erzgebirgler Dachsbracke von 1886  ließ nämlich, neben den Farben schwarz-rot und rot, auch bunte Dachsbracken zu, rot-weiße Hunde mit schwarzem Sattel waren ebenfalls erlaubt.

Eine altbekannte Brackenweisheit lautet dann auch: „Farbe jagt nicht!“

Hauck hingegen sieht-laut Hans Räber (Enzyklopädie der Jagdhunde)- die Westfälische Dachsbracke als eine kurzbeinige Form der alten Holzbracke an.

1906 wurde in Hagen der Westfälisch Rheinische Dachsbracken-Klub aus der Taufe gehoben, im selben Jahr formierte sich auch der Internationale Dachsbrackenclub. Letzterer existierte aber nur kurz, während ersterer unter der Leitung  von A. Schöneberg über den ersten Weltkrieg hinweg, sogar Bestand bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges hatte. Der Kontakt zum Deutschen Bracken Club, der damals ausschließlich die Deutsche Bracke vertrat, wurde durch Freiherr von Kleinsorgen, der Gründungsmitglied des DBC war, gewährleistet.

Um 1910 wurden etliche Westfälische Dachsbracken von schwedischen Jägern importiert und  dort zunächst rein gezüchtet. In Dänemark kreuzte man angeblich später Westfälische Dachsbracken mit Schweizer Laufhunden, eventuell auch noch mit anderen Rassen, es entstand die Dänische Bracke, die jedoch nie eine offizielle Anerkennung erhielt. In Schweden soll diese Bracke wiederum mit Westfälischen Dachsbracken gekreuzt worden sein, die so entstandene Rasse nannte man 1947 schließlich „Drever“. Sie wurde 1953 als schwedische Hunderasse anerkannt. Diese Rasse sollte Jahrzehnte später noch eine wichtige Rolle für die Zucht der Westfälischen Dachsbracke in Deutschland spielen.

Dort wurden mit  Beginn des Dritten Reiches  alle Klubs und Vereine in so genannte Fachschaften umbenannt. 1936 fasste man die Fachschaften „Deutsche Bracke“ und „Westfälische Dachsbracke“ zu einer einzigen Fachschaft zusammen. 1938 kam noch die Alpenländische Erzgebirgler Dachsbracke hinzu, von nun an waren alle Brackenschläge in der „Fachschaft Bracken“ vereint.

Westfälische Dachsbracke und Deutsche Bracke werden bis zum heutigen Zeitpunkt  gemeinsam vom Deutschen Bracken Club e.V. betreut. Die Wiedergründung dieses Clubs ist allerdings erst relativ spät nach Kriegsende 1954 in Olpe/ Nordrheinwestfalen erfolgt.

Seitens der Alpenländischen Dachsbracke ging man nach dem zweiten Weltkrieg wieder eigene Wege, der Verein Dachsbracke e.V. wurde aber erst im Jahre 1961 gegründet.

In den sechziger Jahren wurden schließlich zwecks Blutauffrischung „Drever“ in die Westfälischen Dachsbracken, deren Anzahl durch die zurückliegenden Kriegsjahre stark gesunken war, eingekreuzt.

Der Bestand dieses Hundes kann  aber leider immer noch als gefährdet angesehen werden, da sie nur selten über die Landesgrenzen hinauskam. Es lässt sich in den letzten Jahren zwar bei den Welpeneintragungen in Deutschland ein gewisser Anstieg erkennen, aber auch 36 für das Jahr 2005, 16 für 2006 und schließlich 25 für das vergangene Jahr 2007 dürften auf Dauer,  besonders im Hinblick auf die geringe Anzahl der Hunde allgemein zu wenig sein. Es bleibt zu hoffen, dass diese Rasse auch auf lange Sicht erhalten werden kann.

Verwendung und Wesen

Die westfälische Dachsbracke wird zum Stöbern  auf Hase, Fuchs und Kaninchen verwendet. Sie leistet aber auch ausgezeichnete Arbeit bei der Nachsuche auf Schalenwild. Wie schon in der Geschichte erwähnt eignet sich die Westfälische Dachsbracke besonders für kleine Reviere, da der langgestreckte Körperbau und die kurzen Läufe  im Vergleich zur Deutschen Bracke für ein langsameres sowie für ein sowohl zeitlich und damit auch räumlich begrenzteres Jagen sorgen. Es hat sich gezeigt, dass das Wild dazu neigt diesen kleinen Jagdhund näher herankommen zu lassen als beispielweise große Bracken, dabei besitzt dieser spurlaut jagende Hund durchaus Wildschärfe.

Die westfälische Dachsbracke steht im Ruf im Haushalt ein durchaus ruhiger und anpassungsfähiger, freundlicher angenehmer vierbeiniger Mitbewohner zu sein. Erst als Jagdhelfer zeigt dieser Hund  sein wahres Temperament.

Genau wie die Deutsche Bracke wird dieser seltene Jagdhund nur an Jäger abgegeben und dürfte deshalb kaum in Nichtjägerhände gelangen.

Sollte dies doch einmal, aus welchen Gründen auch immer der Fall sein, braucht er unbedingt eine adäquate Beschäftigung.

Standard

FCI – Standard Nr. 100  /  02. 08. 1994 /  D

WESTFÄLISCHE DACHSBRACKE

URSPRUNG : Deutschland.

DATUM DER PUBLIKATION DES GÜLTIGEN ORIGINAL- STANDARDES  : 24.06.1987.

VERWENDUNG : Laufhund.

KLASSIFIKATION FCI:      Gruppe 6             Laufhunde, Schweißhunde und verwandte Rassen.

Sektion 1.3 Kleine Laufhunde.

Mit Arbeitsprüfung.

 

ALLGEMEINES ERSCHEINUNGSBILD: Die Westfälische Dachsbracke ist die Niederlaufform der Deutschen Bracke. Sie entspricht in wesentlichen Punkten der hochläufigen Form, wirkt aber kompakter und kräftiger als diese. Die Westfälische Dachsbracke ist ein 30 bis 38 cm hoher, mäßig langer, kräftig gebauter Jagdhund mit edlem, mittelgroßem Kopf und gut angesetzter Rute, die bei ruhigem Gang säbelförmig aufwärts oder hängend mit leichtem Bogen an der Spitze getragen wird. Der Gesichtsausdruck ist treu, freundlich, ernst und aufmerksam.

KOPF: Er erscheint von vorne gesehen wie bei den deutschen Bracken schmal und langgestreckt. Das Hinterhauptbein tritt nur wenig hervor.

OBERKOPF:

Schädel: Der Schädel ist nur mäßig  breiter als die Gesichtspartie.

Stop: Stirnabsatz gering.

GESICHTSSCHÄDEL:

Nasenschwamm: Er hat einen hellen, fast fleischfarbenen Streifen über der Mitte, während die Nasenflügel mehr oder weniger dunkel pigmentiert sind.

Fang: Der Nasenrücken ist leicht gewölbt.

Lefzen: Sie fallen wenig über.

Kiefer / Zähne : Gebiss äußerst kräftig und regelmäßig. Die Schneidezähne sind aufeinander stehend (Zangengebiss) oder die Innenseite der oberen Schneidezähne berührt reibend die Außenseite der unteren (Scherengebiss). Die Fangzähne sind besonders stark entwickelt. Die Mundfalte ist klein.

Backen: Allmählich in den Fang verlaufende, nicht scharf hervortretende Backenpartie.

Augen: Dunkel, klar, mit freundlichem Ausdruck.

Behang: Mittellang und breit, gut anliegend, unten stumpf abgerundet.

HALS: Mäßig lang, im Verhältnis zum Kopf ziemlich stark, nach diesem hin sich allmählich verjüngend. Die Halshaut ist locker, bildet aber keine Kehlwamme.

KÖRPER:

Rücken: Leicht gewölbt, mittellang, hinter der Schulter leicht gesenkt.

Lenden: Breit und kräftig entwickelt.

Kruppe: Schräg abfallend.

Brust: Schmaler als beim Teckel, wird von den Läufen kräftig unterstützt und darf nicht zu tief zwischen diesen hängen.

Rippenkorb lang.

Untere Profillinie und Bauch : Vor der Hinterhand etwas aufgezogen.

RUTE: Verhältnismäßig hoch angesetzt; der Rutenansatz verläuft ohne scharfen Winkel in das Rückgrat. Sie ist an der Wurzel sehr stark, an der Unterseite bürstig, an der Oberseite glatt anliegend behaart und endet in eine bürstige Spitze ohne Fahne.

GLIEDMASSEN

VORDERHAND: Gut entwickelt, trocken, derbknochig, sehnig. Die Vorderläufe sind von vorne gesehen nicht gebogen, sondern gerade, mit nach vorn gerichteten Pfoten.

Ellenbogen: Gut anliegend.

HINTERHAND: Sie steht steiler als bei anderen Hunden. Die Hinterhand ist im Verhältnis zur Vorderhand weit kräftiger entwickelt als beim Teckel.

Oberschenkel: Sie besitzen eine stark hervortretende Muskulatur und sind sowohl von der Seite als von hinten gesehen fast gerade gestellt.

PFOTEN:  Derb, mit enganeinanderliegenden, kurzen Zehen.

HAARKLEID

HAAR: Am ganzen Körper, auch an der Unterseite desselben, sehr dicht und grob; am Kopf, den Behängen und dem unteren Teil der Läufe kurz; über dem Rücken, am Hals und an der Unterseite der Rute länger.

FARBE: Rot bis gelb mit schwarzem Sattel oder Mantel und den weißen Brackenabzeichen: Blässe oder Schnippe, weißer Fang mit Halsring, weiße Brust sowie Läufe und Rutenspitze. Unerwünscht sind zweifarbige Hunde sowie Hunde mit schwarz am Kopf. Schokoladenbraun ist fehlerhaft.

FEHLER: Jede Abweichung von den vorgenannten Punkten muss als Fehler angesehen werden, dessen Bewertung in genauem Verhältnis zum Grad der Abweichung stehen sollte.

 

N.B: Rüden müssen zwei offensichtlich normal entwickelte Hoden aufweisen, die sich vollständig im Hodensack befinden.

 

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Texte zur Geschichte und Verwendung Silvia Gabler,  www.repage4.de/member/jagdhunde.html

 

Quellenangabe:

Standard FCI www.fci.be

Eintragungszahlen VDH www.vdh.de

Deutscher Bracken Club www.deutscher-bracken-club.de

Wild und Hund Ausgabe 13/2004

Vor und nach der Jägerprüfung Krebs BLV

Knaurs großes Hundebuch Ulrich Klever Verlag Droemer Knaur

Enzyklopädie der Jagdhunderassen Hans Räber Kosmos Verlag

Jagdhunde in Deutschland Bernd Krewer  BLV