Wildkaninchen

Oryctolagus cuniculus cuniculus  L.

Von Ernst-Otto Pieper

 

Ordnung:    Hasenartige (Lagomorpha)

Wildkaninchen; Foto: E.-O. Pieper

Familie:      Hasen (Leporidae) (mit 45 Arten)

Auch:         Kaninchen, Karnickel, Lapuz, Künigl, Kinigl, Kunelle, Lapin.

Kennzeichen:

  • Überwiegend braungrau gefärbt, die Unterseite mehr grau (beim Hasen weiß). Im Nacken einen braunen Fleck.
  • Werden die Löffel an den Kopf gedrückt, so überragen sie nicht den Äser.
  • Pupille ist schwarzblau.
  • Die verhältnismäßig großen Seher sind von einem schmalen, weißen Ring umgeben.
  • Die einfarbig braungrauen Löffel sind kürzer als der Kopf und werden meist aufrecht getragen.
  • Die Sprünge sind verhältnismäßig kürzer als beim Feldhasen und geringfügig länger als die Vorderläufe.
  • Vorderläufe mit 5 Zehen, Hinterläufe (Sprünge) mit 4 Zehen.
  • Als Anpassung an die Grabarbeit ist der Oberarm ebenso lang wie der Unterarm; Speiche und Elle stehen gleichstark nebeneinander, nicht wie beim Hasen hintereinander.
  • Das hintere Gaumenloch (Choanenöffnung) des bis 75 mm langen Schädels entspricht in der Breite etwa dem breitesten Backen- bzw. Vorderbackenzahn (beim Feldhasen doppelt so breit wie der breiteste Backenzahn).
  • Das Muskelfleisch des Wildkaninchens ist weißlich, das des Feldhasen rot gefärbt.
  • Die Ansprache der Rammler nach der gedrungeneren Kopfform setzt viel Erfahrung voraus. Für eine unzweifelhafte Geschlechtsbestimmung ist eine genaue Betrachtung der Geschlechtsorgane erforderlich.
  • Die Muskulatur des Wildkaninchens ist mitochondrienarm und das Wildbret erscheint dadurch heller.
  • Herz und Lunge sind relativ klein („Kurzstreckensprinter“).

Balg:

  • Wird im Frühjahr und Herbst gewechselt.
  • Die Grannenhaare des Wildkaninchens sind mit nur 2 bis 3 cm deutlich kürzer als die des Feldhasen, die Unterwolle ist grau (beim Hasen weiß).
  • Der gräulich braune Balg wirkt fahl und ist von feinen schwarzen, gelblich braunen und rostroten Haaren durchsetzt.
  • Die Haare sind nach hinten gerichtet und glatt anliegend.
  • Die Bauchseite, die Innenseite der Läufe und die Kehle sind hellgrau oder graublau weißlich gefärbt.
  • Farbabweichungen treten gebietsweise recht häufig auf.

Größe / Gewicht:          

  • Kopf-Rumpf-Länge: bis 58 cm;
  • Länge der Blume: bis 8 cm; etwa 1/6 bis 1/7 der Körperlänge.
  • Länge der Löffel: 6,1 – 7 cm;
  • Gewicht: 1,3 bis 3 kg. (1/3 des Gewichtes ausgewachsener Feldhasen). Regionale Unterschiede sind zu beachten. So wiegen im Mittelmeerraum lebende Tiere höchstens 2 kg; in Ostdeutschland erreichen sie ein Maximalgewicht von 3 kg.

Geschichte / Vorkommen:      

  • Bereits vor der letzten Eiszeit besiedelte das Wildkaninchen große Teile Europas; so war es in Frankreich, Belgien, Deutschland, England uns auf der Iberischen Halbinsel verbreitet, doch wurde es während der letzten Eiszeit mehr und mehr nach Süden abgedrängt.
  • Sein nacheiszeitliches Verbreitungsgebiet beschränkte sich auf Spanien und Nordwestafrika.
  • Etwa 1100 v. Chr. wurde es von den Phöniziern auf der Iberischen Halbinsel entdeckt. Auch die Römer lernten die Wildkaninchen in Spanien als kulinarische Bereicherung kennen. Die Römer bauten Leporarien und hielten hierin die Wildkaninchen als Fleischreserve.
  • Bereits 63 v. Chr. führte die Vermehrung entwichener Wildkaninchen auf einer Inselgruppe der Balearen zu einer „Landplage“, da sie sämtliche Feldfrüchte verzehrten.
  • Bereits im 12. Jahrhundert wurden Wildkaninchen in Mitteleuropa in Klöstern und Burggärten gehalten. Erster urkundlicher Nachweis des Wildkaninchens in Deutschland 1149 (Kloster Corvey / Wesel) und 1231 für erste Wildvorkommen auf der Insel Amrum. Erste Hinweise auf das Vorkommen von frei lebenden Wildkaninchen auf dem deutschen Festland gibt es erst zu Anfang des 15. Jahrhunderts
  • West- und Mitteleuropa und wesentliche Teile Osteuropas. Griechenland und die Balkanländer sind kaninchenfrei.
  • Die Verbreitungsschwerpunkte in Deutschland liegen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.
  • Durch Einbürgerung ist es inzwischen auch in Australien, Neuseeland, auf Feuerland und auf den Kerguelen.

Lebensraum:

  • Ursprünglich Steppenbewohner.
  • Bevorzugt werden Gegenden mit leichten, trockenen und sandigen, jedoch grabfähigen Böden und mit mildem Klima.
  • Die besten Wohngebiete findet es in einem Mosaik aus Feldern, Wiesen, Gebüschen und kleinen Waldungen.
  • Über 500 m Meereshöhe wird es nicht mehr angetroffen.
  • In größeren Städten sind sie inzwischen immer häufiger zu finden.

Lebensweise:

  • Wildkaninchen leben das ganze Jahr über sehr gesellig in Kolonien.

    Wohnbau im Deichvorland bei Friedrichskoog
  • Eine soziale Einheit wird in der Regel aus 1 bis 5 Häsinnen und 1 bis 3 Rammlern gebildet
  • Sind sehr standorttreu.
  • Ihre Baue legen sie bevorzugt an Waldrändern, Heidelandschaften und in lichten Kiefernbeständen an.
  • Als Kulturfolger ist es nicht selten in Parks, Grünanlagen und Friedhöfen.
  • Bei beiden Geschlechtern existiert eine Rangordnung, deren Plätze besonders bei Rammlern erbittert umkämpft werden. Die ranghöchste Stellung innerhalb einer Gruppe hat der Platzrammler. Er hat den Anspruch, sie mit jeder Häsin der Gruppe paaren zu können. Dieser Anspruch wird gegenüber anderen Rammlern verteidigt. Neben dem Platzrammler steht die ranghöchste Häsin. Diese wirft ihre Jungen im gemeinsamen Wohnbau und zieht hier auch die Jungen groß. Dadurch haben diese bessere Überlebenschancen als der Nachwuchs in den abseits gelegenen Wurfbauen (Satzröhren).
  • Die Gruppe bewohnt ein gemeinsames Territorium, das u.a. mit Kotplätzen und Analdrüsensekret gekennzeichnet wird. Gruppenintern erkennen sich die Mitglieder an dem nach der Markierung mit Urin übereinstimmenden Geruch. Gruppenfremde Eindringlinge werden vertrieben.
  • Im Gegensatz zum Feldhasen gräbt es Wohnbaue und Satzröhren (Setzröhren).
  • Die Wohnbaue dienen vornehmlich als Schlaf- und Schutzstätten. Diese findet man abhängig von Biotop und Besatzdichte entweder als Einzelbaue mit zwei bis vier gewinkelten Röhren oder als Kolonie mit bis zu 30 oder mehr miteinander verbundnen Röhren. Einzelbaue sind eher im Wald und in dichter Deckung, Kolonien mehr in offenem Gelände anzutreffen. Zwischen der Röhrenzahl und der aktuellen Besatzdichte besteht kein Zusammenhang! Die Baue sind umso größer, je mehr Häsinnen dort leben. Diese sind nämlich für die Bildung der Gruppen maßgeblich.
  • Wohnbaue haben mehrere 30 bis 60 cm hohe Wohnkessel, die nicht mit Nestmaterial ausgekleidet sind. Hauptröhren, die die Kessel miteinander verbinden, haben einen Durchmesser von etwa 15 cm. Das Bausystem verfügt über zahlreiche blind endende Seitengänge. Hinzu kommen senkrecht nach oben verlaufende Sprungröhren, deren Ausgänge zunächst von einer dünnen Erdschicht bedeckt bleiben; im Bedarfsfall (Flucht) wird mit einem mächtigen Sprung die bedeckende Erde der Sprungröhre durchstoßen.
  • Die Gesamtlänge der gegrabenen Gänge eines Bausystems kann bis zu 45 m betragen. Dabei kann es bis zu 3 m tief in den Erdboden gegraben sein.
  • Wird eine Gruppe zu groß, wandern zunächst die Häsinnen ab. Die Rammler folgen ihnen nach, wodurch wiederum eine neue Gruppe entstehen kann.
  • In den Satzröhren werden die Jungen gesetzt.
  • Wildkaninchen sind überwiegend dämmerungsaktiv, aber auch nachts und tagsüber rege.
  • Gerne liegt es vor dem Wohnbau und sonnt sich. Je angenehmer das Wetter ist, um so eher sind Wildkaninchen im Freien anzutreffen.
  • Auf der Flucht ist es im ersten Augenblick schneller als der Feldhase. Häufig werden Haken geschlagen.
  • Sein Lebensraum gliedert sich in 3 Gebiete:
  1. Wohnbauanlagen;
  2. Aktionsraum (home range). Dessen Ausdehnung überschreitet selten 500 bis 800 m; im Normalfall entfernen sich die recht ortstreuen Wildkaninchen kaum weiter als 200 m vom Bau. Größere Wanderungen finden nur selten statt. Dies hat zur Folge, dass an sich geeignete Habitate oft unbesiedelt bleiben.
  3. Erweiterter Aktionsraum.
  • Äsungsflächen und Satzbaue liegen im erweiterten Aktionsraum.
  • Wenn es notwendig ist, rinnen Kaninchen auch über längere Strecken im Wasser. Dabei legen sie, wie beispielsweise die Biber, die Vorderläufe nach vorne unter den Hals. Ihren Körper treiben sie mit abwechselnd kräftigen Schlägen der Sprünge im Wasser voran. (Der Feldhase rinnt im Kreuzgang.)

Ernährung:

  • Hinsichtlich seiner Äsung gilt das Wildkaninchen als anspruchslos und wenig spezialisiert.
  • Gräser und Kräuter, Getreide, Kohlpflanzen und Rüben; im Winter nimmt er auch Knospen, Triebe und Rinde von Obstbäumen und Weichhölzern (Proßholz). Holundersträucher werden stets gemieden.
  • Infolge des oft massenhaften Auftretens können Wildkaninchen erhebliche Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Flächen verursachen. In Gärten und Obstplantagen können schon Einzeltiere erheblich Schäden verursachen.

Alter:

  • Höchstalter ca. 10 Jahre; in freier Wildbahn werden die meisten nicht älter als 1,5 Jahre.

Schädel / Zähne:

  • Der Schädel des Kaninchens ist oval und hat bei ausgewachsenen Tieren eine Länge von 6,8 bis 7,5 cm.
  • Er ist schmal und hat große Seherhöhlen, die Jochbeinfortsätze (Augendorn) sind lang und breit.
  • Die Hirnkapsel nimmt etwa ein Drittel der Schädellänge ein.
  • Das Zwischenscheitelbein, das beim Feldhasen fehlt, ist nicht mit dem umgebenden Knochen verwachsen.
  • Zahnformel: Oberkiefer 2 / 0 / 3 / 3  x 2
                       Unterkiefer 1 / 0 / 2 / 3   x 2   = 28 Zähne im Dauergebiss.
  • Sämtliche Zähne des Wildkaninchens sind wurzellos und wachsen zeitlebens in einem auf die Abnutzung abgestimmten Verhältnis weiter. Die Schneidefläche der Nagezähne ist immer scharf, da das Zahnbein sich stärker abnutzt als der Schmelz.
  • Hinter den oberen Nagezähnen sitzen sogenannte Stiftzähne (Stützzähne).

Sinne:

  • Windet, äugt und vernimmt gut.
  • Mit einem gut entwickelten Bewegungsäugen ist das Wildkaninchen in der Lage, herannahende Gefahren frühzeitig zu erkennen. Die Farbwahrnehmung es sehr schlecht entwickelt.
  • Übertrifft an Sinnesschärfe den Feldhasen.
  • Es sichert auch nach oben.
  • Das Wildkaninchen ist schreckhafter als der Feldhase; sobald es etwas Verdächtiges wahrnimmt, warnt es seine Artgenossen und flüchtet. Diese Flucht endet aber, wenn die Tiere an den beiden Körperflanken Berührung verspüren. Dieser als Thigmotropismus bezeichnete Mechanismus führt dazu, dass die Wildkaninchen, sobald sie die Röhre ihres Erdbaues erreichen, zur Ruhe kommen.
  • Infolge der Domestikation sind die Sinnesleistungen des Hauskaninchens wie Äugen, vernehmen und Geschmack denen des Wildkaninchens vermindert worden. Zudem hat ein Hauskaninchen, das an Größe und Gewicht einem Wildkaninchen vergleichbar ist, ein um ein Viertel geringeres Hirngewicht.

Stimme:

  • Stimmlaute sind von Kaninchen selten zu hören. Bislang sind nur zwei bekannt:
  • ein leises Murksen in der Rammelzeit
  • der Klageschrei (Kaninchenklage), den das Tier in Todesangst ausstößt.
  • Viel häufiger tritt das Warntrommeln auf

Duftdrüsen:

  • Spezielle Hautdrüsen funktionieren als Duftorgane zur Verständigung der Tiere untereinander. Diese Hautdrüsen sind beim Wildkaninchen kräftiger als beim Feldhasen entwickelt und werden zur intraspezifischen Kommunikation eingesetzt.
  • Die Kinndrüse sowie die Leisten- und Analdrüsen, mit denen wie mit dem Urin und der Losung auch Gruppenterritorien markiert und Informationen zur Fortpflanzungsbereitschaft gegeben werden, sind diesbezüglich von besonderer Bedeutung.
  • Sie markieren Wechsel und wichtige Punkte des Territoriums mit ihrem persönlichen Duft. Auch die Baue und Reviere einzelner Paare werden gekennzeichnet. Hierbei äußern die Mitglieder einer Gruppe auch dasselbe Geruchsbild.
  • Mit beträchtlichen Losungsansammlungen und Harnmarken machen die Wildkaninchen ihren Anspruch auf den bewohnten Lebensraum geltend.

Lautäußerungen:

  • Gewöhnlich stumm.
  • Bei Gefahr, großer Angst oder Schmerz gibt es einen kreischendpfeifenden Ton von sich und warnt durch Trommeln mit den Hinterläufen.
  • Besonders Altkaninchen warnen ihre Umgebung mit kräftigem Klopfen der Sprünge auf den Boden, worauf sich alle Kaninchen blitzschnell in den Bauen in Sicherheit bringen oder in Deckung gehen.

Fortpflanzung:

  • Die Vermehrungs- und Fortpflanzungsfreudigkeit des Wildkaninchens ist sprichwörtlich. Die Fortpflanzungserfolge sind stark abhängig von Witterung, Nahrungsangebot, Häufigkeit von Feinden und der Besatzdichte.
  • Die Rammelzeit setzt witterungsbedingt im Februar / März ein. Strenge Winter verzögern sie erheblich. Die letzten säugenden Häsinnen finden sich im August / September (auf Helgoland bis November), wobei ihr Anteil schon ab Juli zurückgeht.
  • Das Paarungsverhalten zeichnet sich durch die Abfolge Treiben – Blumeweisen – Anharnen – Kopula aus. Die Kopulation findet, mehrfach wiederholt, nachts oder im Bau statt.
  • Rivalisierende Rammler bekämpfen sich durch Anspringen und Schlagen mit den Vorderläufen.
  • Zwischen Rammler und Häsin besteht keine längere Paarbildung
  • Die Tragzeit beträgt 28 bis 31 Tage (ca. 4 Wochen).
  • Vom Frühjahr bis Herbst setzt die Häsin 3, höchstens 4 Sätze mit jeweils 3 bis 8 (2 – 13) Junge. Sie ist somit in der Lage, alle 5 bis 6 Wochen zu setzen; doch werden die Intervalle häufig durch eine einmonatige Pause verlängert. In mitteleuropäischen Populationen werden im Schnitt weniger als 3 Sätze realisiert; ein Näherungswert von ca. 2,5 kann als Berechnungsgrundlage dienen.
  • Bereits in den ersten Tagen nach der Geburt können Häsinnen wieder erfolgreich belegt werden. Eine Superfötation kommt bei Wildkaninchen nicht vor.
  • Die Jungen sind unbehaart und bis zum 10. Tag blind.
  • Gesetzt wird in einer von der Häsin gegrabenen, bis zu 1,5 m (max. 3 m) langen und ca. 40 cm tiefen Setzröhre, die mit Gras, Brust- und Bauchwolle ausgepolstert wird. Beim Verlassen der Setzröhre verschließt die Häsin diese mit Gras und Laub und benässt sie.
  • Von den gesetzten Jungkaninchen überlebt nur ein Teil die Säugezeit. Auf Helgoland überleben im Durchschnitt pro Satz nur 3,3 Tiere. Für Mitteleuropa liegen keine Vergleichwerte vor. Sogenannte Besatzexplosionen, wie sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts auftraten, wurden nach Ausbreitung der Myxomatose in Europa nicht mehr bekannt.
  • Geburtsgewicht: 30 bis 50 g.
  • Die Jungkaninchen werden 3 bis 4 Wochen lang zweimal täglich gesäugt (5 bis 10 Minuten).
  • Im Alter von 10 Tagen öffnen die Jungen die Seher. Das Gehör ist bereits gut entwickelt.
  • Im Alter von 4 Wochen werden sie entwöhnt. Jetzt verlassen die ungefähr faustgroßen Jungkaninchen tagsüber den Wurfbau, der vom Muttertier nun nicht mehr verschlossen wird.
  • Anschließend verlassen sie die Setzröhre und siedeln in die Wohnbaue um, wo sie von der Mutter nicht mehr betreut werden. Sie wiegen dann ca. 200 g.
  • Im Alter von 3 Monaten wiegen sie ca. 650 g, mit 5 Monaten ca. 950 g und mit 7 Monaten ca. 1150 g.
  • Im Alter von 5 bis 8 Monaten sind sie ausgewachsen.
  • Die Fortpflanzungsreife wird in der Regel im Frühjahr des auf die Geburt folgenden Jahres erreicht. Häsinnen mit über 800 g Körpergewicht können noch im Geburtsjahr trächtig werden.
  • Das Geschlechterverhältnis ist in der Regel 1 : 1.
  • Kreuzungen zwischen Feldhase und Wildkaninchen sind nicht möglich.
  • Werden Haus- und Wildkaninchen miteinander gekreuzt, so zeigen die Jungen die Merkmale der Wildform. Sie sind scheu und entsprechen in Größe und Färbung mehr dem Wildkaninchen.

Losung:

  • Wie beim Feldhasen, werden zwei verschiedene Arten der Losung ausgeschieden: eine weiche, vitamin-B1-, spurenelement- und bakterienreiche Losung und eine größere, harte und strohige Losung. Die vitaminreiche Losung kommt aus dem Blinddarm und wird überwiegend in den Morgenstunden ausgeschieden. Ein Teil davon wird direkt vom Weidloch aufgenommen und wieder abgeschluckt (Cäcotrophie).
  • Die Losung sieht aus wie die des Feldhasen, jedoch sind die Kotkugeln kleiner und liegen gehäuft an einem Platz.

Spur:

  • Wie beim Feldhasen, jedoch kleiner.

Krankheiten / Verluste:

  • Natürliche Feinde sind: Fuchs, Marder, Iltis, Wiesel, Habicht, Roter Milan, gelegentlich Mäusebussard, Uhu, Krähen, wildernde Hunde und Katzen.
  • Im Gegensatz zum Feldhasen ist das Wildkaninchen als Baubewohner wesentlich besser vor natürlichen Feinden geschützt.
  • Starke Eingriffe in den Besatz verursachen extrem schlechtes Wetter sowie Myxomatose und Chinaseuche (RHD).
  • Im Balg lebt neben verschiedenen Milbenarten auch die Kaninchenlaus, Haemodipsus ventricosus, und der Kaninchenfloh, Spilopsyllus cuniculus. Hin und wieder treten die Larven der Dasselfliege, Oestromyia leporina, auf. Ein Befall mit Zecken wird nur selten festgestellt.
  • Wie in den Feldhasen schmarotzen auch in den Wildkaninchen zahlreiche Parasitenarten. Am häufigsten treten die in den Zellen der Darmwand lebenden Kokzidien (5 Arten; bei Hauskaninchen 4 weitere Arten)auf. Von ihnen können 4/5 einer Wildkaninchenpopulation befallen sein. Während feuchtwarmer Herbstmonate kommt es oft zu einem krankhaften Verlauf des Kokzidienbefalls, infolge dessen besonders Jungtiere eingehen.
  • Die Bandwürmer, Rundwürmer und Saugwürmer, die das Wildkaninchen befallen, sind auch beim Feldhasen zu finden.
  • Bakterielle Infektionen treten bei Wildkaninchen ähnlich wie bei Feldhasen häufig auf.

Besonderheiten:

  • Wildkaninchen haben einen übergroßen Blinddarm, der das Zehnfache des Mageninhalts fassen kann. In ihm leben zellulosespaltende Bakterien, wodurch Wildkaninchen auch sehr rohfaserreiche Äsung aufschließen und nutzen können. Im Blinddarm wird darüber hinaus das Vitamin B1 produziert (Blinddarmlosung).