Wolfsmanagement unter der Federführung von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Von Ernst-Otto Pieper

Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (bis November 2008: Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft) ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Frankfurt am Main. Ihr Ziel: Naturforschung betreiben und die Ergebnisse der Forschung durch Veröffentlichung, durch Lehre und durch ihr Naturmuseum der Allgemeinheit zugänglich machen.
Derzeit ist die Gesellschaft Trägerin von sechs Forschungsinstituten, von denen vier umfangreiche wissenschaftliche Sammlungen unterhalten.
Prof. Dr. Hermann Ansorge vom Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz schreibt in Senckenberg Natur – Forschung – Museum Band 141 Heft 1/2 2011: „Jetzt, wo die Wölfe wieder da sind, müssen vor allem die Menschen mehr über sie erfahren. Denn nur so gelingt es, die Konflikte zu entschärfen, die das Auftreten eines über Jahrzehnte abwesenden Großraubtieres in einer Kulturlandschaft mit sich bringt. Ein modernes „Wolfsmanagement“ maßregelt also nicht die Wölfe, sondern es richtet sich an die Menschen, die nunmehr mit den Wölfen leben“.
Um dieses Ziel zu erreichen, hat das Sächsische Umweltministerium sowohl die fachliche Begleitung als auch die Koordinierung der Arbeiten in der Wolfsregion an das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz übertragen. Nunmehr sind das Wildbiologische Büro LUPUS, das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz und die Senckenberg Forschungsstation in Gelnhausen für die wissenschaftliche Datenerfassung zuständig.
Seit Beginn der Arbeiten im Jahr 2001 wurden in Görlitz annähernd 2000 Losungen der Wölfe untersucht. Aus den Analysen konnten sowohl das Beutespektrum als auch die Biomasseanteile bestimmt werden. Der Anteil der erbeuteten Rehe ist auf hohem Niveau (Biomasse mehr als 50%); zu Beginn der Wolfsbesiedlung war der Anteil der Rotwild-Risse häufig, ist aber inzwischen auf ein relativ niedriges Niveau gesunken (Biomasse ca. 20%); Schwarzwild-Risse unterliegen jährlich erheblichen Schwankungen (Biomasse im Mittel unter 20%); Muffelwild, Hasenartige, Kleinsäuger und Haustiere spielen eine untergeordnete Rolle. Die in der Losung enthaltenen Beutetierreste geben wichtige Hinweise über das Beutetier selbst – so geben z.B. die Wachstumslinien im Zahnzement Auskunft über das Lebensalter und aus dem Fettgehalt im Knochenmark können die Wissenschaftler die physische Kondition der Beutetiere ablesen.
In Gelnhausen ist man auf genetische Analysen bei Wolf und Luchs spezialisiert. Mit Hilfe molekulargenetischer Methoden können u.a. Geschlecht, Verwandtschaftsgrad, Herkunft, Reinerbigkeit und Inzucht bestimmt werden – alles wichtige Erkenntnisse für ein effizientes Wolfsmonitoring. Eindeutig lässt sich auch die Frage beantworten, ob ein tot aufgefundenes Haustier wirklich von einem Wolf oder einem wildernden Hund gerissen wurde. Weitere Untersuchungen sollen Auskunft über die in Deutschland lebenden Individuen, deren Wanderbewegungen und über die Rudelstrukturen geben.
Die von Senckenberg mit seinen Standorten in Görlitz und Gelnhausen geleistete Arbeit trägt hoffentlich dazu bei, dass Wolf und Mensch in Deutschland auf Dauer miteinander auskommen können.

Quelle: Senckenberg Band 141 Heft 1/2 2011